so versuchet wäre, als sie versuchet ist, und alle Proben so ausgehalten hätte, wie sie gethan hat - - Jch muß ihnen sagen, mein Herr, daß ich niemals noch ein solches Frauenzimmer gesehen, oder gekannt, oder nur davon gehöret habe, als die Fräulein Harlowe ist.
Mein Herr, mein Herr, ich bitte sie um Verzeihung. Es sey ferne von mir, etwas an der Fräulein auszusetzen. Sie haben nicht ein Wort von mir gehöret, das so ausgeleget werden könnte. Jch habe die äußerste Hochachtung für sie. Fräulein Howe liebt sie, als ihre eigne See- le: und das würde sie nicht thun, wenn sie nicht gewiß wüßte, daß sie eben so tugendhaft wäre, als sie selbst.
Als sie selbst, mein Herr! - - Jch habe eine hohe Meynung von der Fräulein Howe - - Aber ich darf wohl sagen - -
Was dürfen sie von der Fräulein Howe sa- gen, mein Herr? - - Jch hoffe, sie werden sich nicht unterstehen, etwas zum Nachtheil der Fräu- lein Howe zu sagen!
Unterstehen, Herr Hickmann! - - Das ist eine Sprache, wobey man sich zu viel unter- stehet!
Die Veranlassung dazu, Herr Lovelace, wo sie mit Vorsatz gegeben ist, ist so beschaffen, daß man sich dabey zu viel unterstehet, erlauben sie - - Jch bin nicht der Mann, mein Herr, der alles übel nimmt - - sonderlich, wo ich als eine Mittelsperson gebraucht werde. Allein keine
lebendige
ſo verſuchet waͤre, als ſie verſuchet iſt, und alle Proben ſo ausgehalten haͤtte, wie ſie gethan hat ‒ ‒ Jch muß ihnen ſagen, mein Herr, daß ich niemals noch ein ſolches Frauenzimmer geſehen, oder gekannt, oder nur davon gehoͤret habe, als die Fraͤulein Harlowe iſt.
Mein Herr, mein Herr, ich bitte ſie um Verzeihung. Es ſey ferne von mir, etwas an der Fraͤulein auszuſetzen. Sie haben nicht ein Wort von mir gehoͤret, das ſo ausgeleget werden koͤnnte. Jch habe die aͤußerſte Hochachtung fuͤr ſie. Fraͤulein Howe liebt ſie, als ihre eigne See- le: und das wuͤrde ſie nicht thun, wenn ſie nicht gewiß wuͤßte, daß ſie eben ſo tugendhaft waͤre, als ſie ſelbſt.
Als ſie ſelbſt, mein Herr! ‒ ‒ Jch habe eine hohe Meynung von der Fraͤulein Howe ‒ ‒ Aber ich darf wohl ſagen ‒ ‒
Was duͤrfen ſie von der Fraͤulein Howe ſa- gen, mein Herr? ‒ ‒ Jch hoffe, ſie werden ſich nicht unterſtehen, etwas zum Nachtheil der Fraͤu- lein Howe zu ſagen!
Unterſtehen, Herr Hickmann! ‒ ‒ Das iſt eine Sprache, wobey man ſich zu viel unter- ſtehet!
Die Veranlaſſung dazu, Herr Lovelace, wo ſie mit Vorſatz gegeben iſt, iſt ſo beſchaffen, daß man ſich dabey zu viel unterſtehet, erlauben ſie ‒ ‒ Jch bin nicht der Mann, mein Herr, der alles uͤbel nimmt ‒ ‒ ſonderlich, wo ich als eine Mittelsperſon gebraucht werde. Allein keine
lebendige
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ſo verſuchet waͤre, als ſie verſuchet iſt, und alle
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‒ ‒ Jch muß ihnen ſagen, mein Herr, daß ich
niemals noch ein ſolches Frauenzimmer geſehen,
oder gekannt, oder nur davon gehoͤret habe, als
die Fraͤulein Harlowe iſt.
Mein Herr, mein Herr, ich bitte ſie um
Verzeihung. Es ſey ferne von mir, etwas an
der Fraͤulein auszuſetzen. Sie haben nicht ein
Wort von mir gehoͤret, das ſo ausgeleget werden
koͤnnte. Jch habe die aͤußerſte Hochachtung fuͤr
ſie. Fraͤulein Howe liebt ſie, als ihre eigne See-
le: und das wuͤrde ſie nicht thun, wenn ſie nicht
gewiß wuͤßte, daß ſie eben ſo tugendhaft waͤre,
als ſie ſelbſt.
Als ſie ſelbſt, mein Herr! ‒ ‒ Jch habe
eine hohe Meynung von der Fraͤulein Howe ‒ ‒
Aber ich darf wohl ſagen ‒ ‒
Was duͤrfen ſie von der Fraͤulein Howe ſa-
gen, mein Herr? ‒ ‒ Jch hoffe, ſie werden ſich
nicht unterſtehen, etwas zum Nachtheil der Fraͤu-
lein Howe zu ſagen!
Unterſtehen, Herr Hickmann! ‒ ‒ Das
iſt eine Sprache, wobey man ſich zu viel unter-
ſtehet!
Die Veranlaſſung dazu, Herr Lovelace, wo
ſie mit Vorſatz gegeben iſt, iſt ſo beſchaffen, daß
man ſich dabey zu viel unterſtehet, erlauben ſie
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/424>, abgerufen am 24.11.2024.
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