bey dieser, mehr als halben, Drohung zu fassen. Jedoch bin ich ihm, nach meinen Gedanken, ei- nen heimlichen Groll schuldig: weil er sich unter- steht, um die Fräulein Howe zu werben.
Sie gedenken mich nicht herauszufordern, vermuthe ich, Herr Hickmann, so wenig, als ich, sie zu beleidigen. Jn der Vermuthung bitte ich sie um Entschuldigung. Es ist meine Weise so. Jch meyne es nicht böse. Jch kann den Kum- mer mein Herz nicht angreiffen lassen. Jch kann nicht sechs Minuten nach einander ernsthaft seyn, wenn es auch mein Blut kosten sollte. Jch bin ein Abkömmling, glaube ich, von dem alten Kanzler More: und würde mich nicht enthalten können, noch einen Spaß zu machen, wenn ich schon auf dem Gerüste wäre, den Kopf herzuge- ben. Allein sie können aus dem, was ich gesagt habe, abnehmen, daß ich die Fräulein Harlowe, und zwar aus den richtigsten Gründen, allen Frauenzimmern in der Welt vorziehe. Und ich wundere mich, daß nach dem, was ich unterschrie- ben, und was ich meinen Verwandten verspro- chen, und was ich ihnen für mich zu versprechen Vollmacht gegeben habe, noch eine Schwierig- keit vorhanden seyn sollte, zu glauben, daß ich diese unvergleichliche Fräulein gern, auf ihr selbst beliebige Bedingungen, heyrathen würde. Jch gestehe ihnen, Herr Hickmann, daß ich sie schänd- lich beleidiget habe. Wo sie mich mit ihrer Hand beehren will: so erkläre ich mich, daß ich geson- nen bin, mich als den besten Ehemann zu bewei-
sen.
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bey dieſer, mehr als halben, Drohung zu faſſen. Jedoch bin ich ihm, nach meinen Gedanken, ei- nen heimlichen Groll ſchuldig: weil er ſich unter- ſteht, um die Fraͤulein Howe zu werben.
Sie gedenken mich nicht herauszufordern, vermuthe ich, Herr Hickmann, ſo wenig, als ich, ſie zu beleidigen. Jn der Vermuthung bitte ich ſie um Entſchuldigung. Es iſt meine Weiſe ſo. Jch meyne es nicht boͤſe. Jch kann den Kum- mer mein Herz nicht angreiffen laſſen. Jch kann nicht ſechs Minuten nach einander ernſthaft ſeyn, wenn es auch mein Blut koſten ſollte. Jch bin ein Abkoͤmmling, glaube ich, von dem alten Kanzler More: und wuͤrde mich nicht enthalten koͤnnen, noch einen Spaß zu machen, wenn ich ſchon auf dem Geruͤſte waͤre, den Kopf herzuge- ben. Allein ſie koͤnnen aus dem, was ich geſagt habe, abnehmen, daß ich die Fraͤulein Harlowe, und zwar aus den richtigſten Gruͤnden, allen Frauenzimmern in der Welt vorziehe. Und ich wundere mich, daß nach dem, was ich unterſchrie- ben, und was ich meinen Verwandten verſpro- chen, und was ich ihnen fuͤr mich zu verſprechen Vollmacht gegeben habe, noch eine Schwierig- keit vorhanden ſeyn ſollte, zu glauben, daß ich dieſe unvergleichliche Fraͤulein gern, auf ihr ſelbſt beliebige Bedingungen, heyrathen wuͤrde. Jch geſtehe ihnen, Herr Hickmann, daß ich ſie ſchaͤnd- lich beleidiget habe. Wo ſie mich mit ihrer Hand beehren will: ſo erklaͤre ich mich, daß ich geſon- nen bin, mich als den beſten Ehemann zu bewei-
ſen.
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bey dieſer, mehr als halben, Drohung zu faſſen.
Jedoch bin ich ihm, nach meinen Gedanken, ei-
nen heimlichen Groll ſchuldig: weil er ſich unter-
ſteht, um die Fraͤulein Howe zu werben.
Sie gedenken mich nicht herauszufordern,
vermuthe ich, Herr Hickmann, ſo wenig, als ich,
ſie zu beleidigen. Jn der Vermuthung bitte ich
ſie um Entſchuldigung. Es iſt meine Weiſe ſo.
Jch meyne es nicht boͤſe. Jch kann den Kum-
mer mein Herz nicht angreiffen laſſen. Jch kann
nicht ſechs Minuten nach einander ernſthaft ſeyn,
wenn es auch mein Blut koſten ſollte. Jch bin
ein Abkoͤmmling, glaube ich, von dem alten
Kanzler More: und wuͤrde mich nicht enthalten
koͤnnen, noch einen Spaß zu machen, wenn ich
ſchon auf dem Geruͤſte waͤre, den Kopf herzuge-
ben. Allein ſie koͤnnen aus dem, was ich geſagt
habe, abnehmen, daß ich die Fraͤulein Harlowe,
und zwar aus den richtigſten Gruͤnden, allen
Frauenzimmern in der Welt vorziehe. Und ich
wundere mich, daß nach dem, was ich unterſchrie-
ben, und was ich meinen Verwandten verſpro-
chen, und was ich ihnen fuͤr mich zu verſprechen
Vollmacht gegeben habe, noch eine Schwierig-
keit vorhanden ſeyn ſollte, zu glauben, daß ich
dieſe unvergleichliche Fraͤulein gern, auf ihr ſelbſt
beliebige Bedingungen, heyrathen wuͤrde. Jch
geſtehe ihnen, Herr Hickmann, daß ich ſie ſchaͤnd-
lich beleidiget habe. Wo ſie mich mit ihrer Hand
beehren will: ſo erklaͤre ich mich, daß ich geſon-
nen bin, mich als den beſten Ehemann zu bewei-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/431>, abgerufen am 24.11.2024.
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