eben gebracht sind, wegschleudern, und, was ich schreiben werde, durch eben den Bothen absen- den, der meinen Brief von meiner Zusammen- kunft mit Hickmann überbringet.
Die Besserung, sehe ich, übereilt dich sehr. Deines Onkels langsamer Tod, und deine Auf- wartung bey ihm, durch alle Stationen zu dem- selben, hat dich dazu vorbereitet. Allein mache du es nach deiner eignen Weise, wie ich es nach meiner machen will. Die Glückseligkeit besteht darinn, daß uns wohl gefällt, was wir thun: und kannst du ein Vergnügen darinn finden, daß du traurig bist; so wird es eben so gut für dich seyn, als wenn du fröhlich wärest, wenn dir auch gleich niemand darinn Gesellschaft leisten sollte.
Jch bin, inzwischen, doch ausnehmend unru- hig bey der schlechten Gesundheit der Fräulein. Diese rührt gänzlich von dem verfluchten Ver- haft her. Sie hatte vorher einen vollkommenen Sieg über mich und die ganze Rotte. Du hältst mich für unschuldig an demselben: das, hoffe ich, wird sie auch thun - - das Uebrige, wie ich oft gesagt habe, ist ein gemeiner Fall, der bloß eini- ge außerordentliche Umstände mit sich verbunden hat: das ist alles. Warum denn alle die har- ten Vorwürfe von ihr und von dir?
Was die Verkaufung ihrer Kleider, ihrer Spitzen, und so weiter betrifft: so klingt das är- gerlich; ich gestehe es. Was für eine unver- söhnliche so wohl, als ungerechte Bruth von nichts- würdigen Geschöpfen sind ihre unfreundliche
Ver-
eben gebracht ſind, wegſchleudern, und, was ich ſchreiben werde, durch eben den Bothen abſen- den, der meinen Brief von meiner Zuſammen- kunft mit Hickmann uͤberbringet.
Die Beſſerung, ſehe ich, uͤbereilt dich ſehr. Deines Onkels langſamer Tod, und deine Auf- wartung bey ihm, durch alle Stationen zu dem- ſelben, hat dich dazu vorbereitet. Allein mache du es nach deiner eignen Weiſe, wie ich es nach meiner machen will. Die Gluͤckſeligkeit beſteht darinn, daß uns wohl gefaͤllt, was wir thun: und kannſt du ein Vergnuͤgen darinn finden, daß du traurig biſt; ſo wird es eben ſo gut fuͤr dich ſeyn, als wenn du froͤhlich waͤreſt, wenn dir auch gleich niemand darinn Geſellſchaft leiſten ſollte.
Jch bin, inzwiſchen, doch ausnehmend unru- hig bey der ſchlechten Geſundheit der Fraͤulein. Dieſe ruͤhrt gaͤnzlich von dem verfluchten Ver- haft her. Sie hatte vorher einen vollkommenen Sieg uͤber mich und die ganze Rotte. Du haͤltſt mich fuͤr unſchuldig an demſelben: das, hoffe ich, wird ſie auch thun ‒ ‒ das Uebrige, wie ich oft geſagt habe, iſt ein gemeiner Fall, der bloß eini- ge außerordentliche Umſtaͤnde mit ſich verbunden hat: das iſt alles. Warum denn alle die har- ten Vorwuͤrfe von ihr und von dir?
Was die Verkaufung ihrer Kleider, ihrer Spitzen, und ſo weiter betrifft: ſo klingt das aͤr- gerlich; ich geſtehe es. Was fuͤr eine unver- ſoͤhnliche ſo wohl, als ungerechte Bruth von nichts- wuͤrdigen Geſchoͤpfen ſind ihre unfreundliche
Ver-
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eben gebracht ſind, wegſchleudern, und, was ich
ſchreiben werde, durch eben den Bothen abſen-
den, der meinen Brief von meiner Zuſammen-
kunft mit Hickmann uͤberbringet.
Die Beſſerung, ſehe ich, uͤbereilt dich ſehr.
Deines Onkels langſamer Tod, und deine Auf-
wartung bey ihm, durch alle Stationen zu dem-
ſelben, hat dich dazu vorbereitet. Allein mache
du es nach deiner eignen Weiſe, wie ich es nach
meiner machen will. Die Gluͤckſeligkeit beſteht
darinn, daß uns wohl gefaͤllt, was wir thun: und
kannſt du ein Vergnuͤgen darinn finden, daß du
traurig biſt; ſo wird es eben ſo gut fuͤr dich
ſeyn, als wenn du froͤhlich waͤreſt, wenn dir auch
gleich niemand darinn Geſellſchaft leiſten ſollte.
Jch bin, inzwiſchen, doch ausnehmend unru-
hig bey der ſchlechten Geſundheit der Fraͤulein.
Dieſe ruͤhrt gaͤnzlich von dem verfluchten Ver-
haft her. Sie hatte vorher einen vollkommenen
Sieg uͤber mich und die ganze Rotte. Du haͤltſt
mich fuͤr unſchuldig an demſelben: das, hoffe ich,
wird ſie auch thun ‒ ‒ das Uebrige, wie ich oft
geſagt habe, iſt ein gemeiner Fall, der bloß eini-
ge außerordentliche Umſtaͤnde mit ſich verbunden
hat: das iſt alles. Warum denn alle die har-
ten Vorwuͤrfe von ihr und von dir?
Was die Verkaufung ihrer Kleider, ihrer
Spitzen, und ſo weiter betrifft: ſo klingt das aͤr-
gerlich; ich geſtehe es. Was fuͤr eine unver-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/433>, abgerufen am 24.11.2024.
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