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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

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Der sieben und funfzigste Brief
von
Hrn. Lovelace an Herrn Joh. Belford.

Weswegen hassest du mich, Belford? - -
Und warum immer mehr und mehr? - -
Habe ich mich irgend einer Beleidigung schuldig
gemacht, die du nicht vorher gewußt hast? - -
Wo das Rührende in der Beredtsamkeit ein
solches Herz, als deines, bewegen kann: kann es
denn auch die Natur der Sachen ändern? - -
Habe ich diesem unvergleichlichen Frauenzimmer
nicht allemal eben so viel Gerechtigkeit widerfah-
ren lassen, als du ihr nach deinem Herzen, oder
sie sich selbst thun kann? - - Was für Unsinn
ist denn dein Haß, dein zunehmender Haß: da
ich noch beständig entschlossen bin, nach meinem
Wort, das ich dir gegeben habe, und nach mei-
ner Verpflichtung gegen meine Verwandte, sie zu
heyrathen? Aber hasse mich, wie du willst:
wenn du nur schreibest. Du kannst mich nicht
so sehr hassen, als ich mich selbst hasse. Und
gleichwohl weiß ich, wenn du mich wirklich hasse-
test, so würdest du dich nicht unterstehen, es mir
zu sagen.

Wozu war es aber nöthig, diesen Weibsleu-
ten ihre Historie zu erzählen? Sie wird gewiß

nach
F f 4




Der ſieben und funfzigſte Brief
von
Hrn. Lovelace an Herrn Joh. Belford.

Weswegen haſſeſt du mich, Belford? ‒ ‒
Und warum immer mehr und mehr? ‒ ‒
Habe ich mich irgend einer Beleidigung ſchuldig
gemacht, die du nicht vorher gewußt haſt? ‒ ‒
Wo das Ruͤhrende in der Beredtſamkeit ein
ſolches Herz, als deines, bewegen kann: kann es
denn auch die Natur der Sachen aͤndern? ‒ ‒
Habe ich dieſem unvergleichlichen Frauenzimmer
nicht allemal eben ſo viel Gerechtigkeit widerfah-
ren laſſen, als du ihr nach deinem Herzen, oder
ſie ſich ſelbſt thun kann? ‒ ‒ Was fuͤr Unſinn
iſt denn dein Haß, dein zunehmender Haß: da
ich noch beſtaͤndig entſchloſſen bin, nach meinem
Wort, das ich dir gegeben habe, und nach mei-
ner Verpflichtung gegen meine Verwandte, ſie zu
heyrathen? Aber haſſe mich, wie du willſt:
wenn du nur ſchreibeſt. Du kannſt mich nicht
ſo ſehr haſſen, als ich mich ſelbſt haſſe. Und
gleichwohl weiß ich, wenn du mich wirklich haſſe-
teſt, ſo wuͤrdeſt du dich nicht unterſtehen, es mir
zu ſagen.

Wozu war es aber noͤthig, dieſen Weibsleu-
ten ihre Hiſtorie zu erzaͤhlen? Sie wird gewiß

nach
F f 4
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[455/0461] Der ſieben und funfzigſte Brief von Hrn. Lovelace an Herrn Joh. Belford. Sonnabends, den 22ten Jul. Weswegen haſſeſt du mich, Belford? ‒ ‒ Und warum immer mehr und mehr? ‒ ‒ Habe ich mich irgend einer Beleidigung ſchuldig gemacht, die du nicht vorher gewußt haſt? ‒ ‒ Wo das Ruͤhrende in der Beredtſamkeit ein ſolches Herz, als deines, bewegen kann: kann es denn auch die Natur der Sachen aͤndern? ‒ ‒ Habe ich dieſem unvergleichlichen Frauenzimmer nicht allemal eben ſo viel Gerechtigkeit widerfah- ren laſſen, als du ihr nach deinem Herzen, oder ſie ſich ſelbſt thun kann? ‒ ‒ Was fuͤr Unſinn iſt denn dein Haß, dein zunehmender Haß: da ich noch beſtaͤndig entſchloſſen bin, nach meinem Wort, das ich dir gegeben habe, und nach mei- ner Verpflichtung gegen meine Verwandte, ſie zu heyrathen? Aber haſſe mich, wie du willſt: wenn du nur ſchreibeſt. Du kannſt mich nicht ſo ſehr haſſen, als ich mich ſelbſt haſſe. Und gleichwohl weiß ich, wenn du mich wirklich haſſe- teſt, ſo wuͤrdeſt du dich nicht unterſtehen, es mir zu ſagen. Wozu war es aber noͤthig, dieſen Weibsleu- ten ihre Hiſtorie zu erzaͤhlen? Sie wird gewiß nach F f 4

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/461>, abgerufen am 22.11.2024.