zurückkommt: so wird es für seine Geschäffte Zeit genug seyn. Alsdenn wird er mich auch wieder von dem Obristen Ambrose zu Hause ge- kommen finden. Dieser giebt an dem Geburts- und Hochzeittage der Fr. Ambrosen einen Ball. Der ganze Adel in der Nachbarschaft ist auf die- se Zeit, wegen einiger guten Zeitungen, die sie von Fr. Ambrosens Bruder, dem Statthalter, bekom- men haben, eingeladen.
Meine Mutter hat dem Obristen für mich und sich selbst in meiner Abwesenheit zugesagt. Jch wollte mich gern bey ihr entschuldiget ha- ben, und das um so viel mehr, da ich wider den Tag Einwendungen zu machen hatte (*): allein sie ist beynahe eben so jung, als ihre Tochter; und weil sie es nicht für so gut hält, ohne mich zu gehen, so gab sie mir zu verstehen: Sie könnte nichts vorschlagen, was mir angenehm wäre. Wir haben erst kürzlich einen kleinen Kampf mit einander gehabt. Daher, denke ich, muß ich wohl nachgeben. Denn ich mag nicht gern Zank haben, wenn ich es ändern kann: ob ich mich gleich selten befleißige, die Gelegenheit zu vermeiden, wenn sie sich von selbst darbietet. Jch weiß nicht, ob wir uns nicht beyde ein wenig vor einander fürchteten, und ungewiß waren, ob es möglich seyn würde, daß wir bey einander leben könnten. - - Jch, ganz nach ineines Vaters Art! - - Meine Mutter - - Was? - -
Ganz
(*) Der 24te Jul. war Fräulein Clarissa Harlowens Geburtstag.
zuruͤckkommt: ſo wird es fuͤr ſeine Geſchaͤffte Zeit genug ſeyn. Alsdenn wird er mich auch wieder von dem Obriſten Ambroſe zu Hauſe ge- kommen finden. Dieſer giebt an dem Geburts- und Hochzeittage der Fr. Ambroſen einen Ball. Der ganze Adel in der Nachbarſchaft iſt auf die- ſe Zeit, wegen einiger guten Zeitungen, die ſie von Fr. Ambroſens Bruder, dem Statthalter, bekom- men haben, eingeladen.
Meine Mutter hat dem Obriſten fuͤr mich und ſich ſelbſt in meiner Abweſenheit zugeſagt. Jch wollte mich gern bey ihr entſchuldiget ha- ben, und das um ſo viel mehr, da ich wider den Tag Einwendungen zu machen hatte (*): allein ſie iſt beynahe eben ſo jung, als ihre Tochter; und weil ſie es nicht fuͤr ſo gut haͤlt, ohne mich zu gehen, ſo gab ſie mir zu verſtehen: Sie koͤnnte nichts vorſchlagen, was mir angenehm waͤre. Wir haben erſt kuͤrzlich einen kleinen Kampf mit einander gehabt. Daher, denke ich, muß ich wohl nachgeben. Denn ich mag nicht gern Zank haben, wenn ich es aͤndern kann: ob ich mich gleich ſelten befleißige, die Gelegenheit zu vermeiden, wenn ſie ſich von ſelbſt darbietet. Jch weiß nicht, ob wir uns nicht beyde ein wenig vor einander fuͤrchteten, und ungewiß waren, ob es moͤglich ſeyn wuͤrde, daß wir bey einander leben koͤnnten. ‒ ‒ Jch, ganz nach ineines Vaters Art! ‒ ‒ Meine Mutter ‒ ‒ Was? ‒ ‒
Ganz
(*) Der 24te Jul. war Fraͤulein Clariſſa Harlowens Geburtstag.
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zuruͤckkommt: ſo wird es fuͤr ſeine Geſchaͤffte
Zeit genug ſeyn. Alsdenn wird er mich auch
wieder von dem Obriſten Ambroſe zu Hauſe ge-
kommen finden. Dieſer giebt an dem Geburts-
und Hochzeittage der Fr. Ambroſen einen Ball.
Der ganze Adel in der Nachbarſchaft iſt auf die-
ſe Zeit, wegen einiger guten Zeitungen, die ſie von
Fr. Ambroſens Bruder, dem Statthalter, bekom-
men haben, eingeladen.
Meine Mutter hat dem Obriſten fuͤr mich
und ſich ſelbſt in meiner Abweſenheit zugeſagt.
Jch wollte mich gern bey ihr entſchuldiget ha-
ben, und das um ſo viel mehr, da ich wider den
Tag Einwendungen zu machen hatte (*): allein
ſie iſt beynahe eben ſo jung, als ihre Tochter;
und weil ſie es nicht fuͤr ſo gut haͤlt, ohne mich zu
gehen, ſo gab ſie mir zu verſtehen: Sie koͤnnte
nichts vorſchlagen, was mir angenehm waͤre.
Wir haben erſt kuͤrzlich einen kleinen Kampf
mit einander gehabt. Daher, denke ich, muß
ich wohl nachgeben. Denn ich mag nicht gern
Zank haben, wenn ich es aͤndern kann: ob ich
mich gleich ſelten befleißige, die Gelegenheit zu
vermeiden, wenn ſie ſich von ſelbſt darbietet. Jch
weiß nicht, ob wir uns nicht beyde ein wenig vor
einander fuͤrchteten, und ungewiß waren, ob es
moͤglich ſeyn wuͤrde, daß wir bey einander leben
koͤnnten. ‒ ‒ Jch, ganz nach ineines Vaters
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Ganz
(*) Der 24te Jul. war Fraͤulein Clariſſa Harlowens
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/483>, abgerufen am 22.11.2024.
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