"ich glaube, selbst einräumen werden. Weil ich "aber gestanden habe, daß ich unwillig bin: so "will ich von denen Bewegursachen, woran der "Zorn, und das Misvergnügen über meine fehl- "geschlagene Hoffnung zu viel Antheil haben, "den Anfang machen. Jch hoffe, daß, wenn ich "einmal mein Gemüth von diesen nagenden und "unruhigen Leidenschaften entladen, und sie auf "das Papier und gegen meine Anna Howe aus- "geschüttet habe, ich ihnen vorbeugen werde, da- "mit sie niemals wieder in mein Herz zurückkeh- "ren, und bessere, sanftmüthigere, und angeneh- "mere Regungen an ihre Stelle treten mögen.
"Erlauben Sie mir denn, Jhnen zu geste- "hen, daß mein Stolz zwar sehr gedemüthiget, "aber noch nicht hinlänglich gedemüthiget ist: "wofern die Noth erfordert, daß ich mich herab- "lassen soll, denjenigen zu einem Manne zu wäh- "len, dessen Handlungen mir ein Abscheu sind "und seyn müssen! - - Wie? - - Soll ich; da- "gegen mich vorsetzlicher und treuloser Weise, ei- "ne so unmenschliche Grausamkeit verüber ist, daß "es eine Marter seyn muß, daran zu gedenken, "und, ohne die Sittsamkeit zu verletzen, nicht be- "schrieben werden kann; soll ich mir in den Sinn "kommen lassen, dem, der mich zu schanden ge- "macht hat, mein Herz zu schenken? Kann ich "einem so gottlosen Menschen Treue geloben, "und mein ewiges Heil, durch die Verbindung "mit einem so gar verruchten Bösewicht, zu wa- "ge setzen: da ich nun einmal weiß, daß er eiu
"solcher
„ich glaube, ſelbſt einraͤumen werden. Weil ich „aber geſtanden habe, daß ich unwillig bin: ſo „will ich von denen Bewegurſachen, woran der „Zorn, und das Misvergnuͤgen uͤber meine fehl- „geſchlagene Hoffnung zu viel Antheil haben, „den Anfang machen. Jch hoffe, daß, wenn ich „einmal mein Gemuͤth von dieſen nagenden und „unruhigen Leidenſchaften entladen, und ſie auf „das Papier und gegen meine Anna Howe aus- „geſchuͤttet habe, ich ihnen vorbeugen werde, da- „mit ſie niemals wieder in mein Herz zuruͤckkeh- „ren, und beſſere, ſanftmuͤthigere, und angeneh- „mere Regungen an ihre Stelle treten moͤgen.
„Erlauben Sie mir denn, Jhnen zu geſte- „hen, daß mein Stolz zwar ſehr gedemuͤthiget, „aber noch nicht hinlaͤnglich gedemuͤthiget iſt: „wofern die Noth erfordert, daß ich mich herab- „laſſen ſoll, denjenigen zu einem Manne zu waͤh- „len, deſſen Handlungen mir ein Abſcheu ſind „und ſeyn muͤſſen! ‒ ‒ Wie? ‒ ‒ Soll ich; da- „gegen mich vorſetzlicher und treuloſer Weiſe, ei- „ne ſo unmenſchliche Grauſamkeit veruͤber iſt, daß „es eine Marter ſeyn muß, daran zu gedenken, „und, ohne die Sittſamkeit zu verletzen, nicht be- „ſchrieben werden kann; ſoll ich mir in den Sinn „kommen laſſen, dem, der mich zu ſchanden ge- „macht hat, mein Herz zu ſchenken? Kann ich „einem ſo gottloſen Menſchen Treue geloben, „und mein ewiges Heil, durch die Verbindung „mit einem ſo gar verruchten Boͤſewicht, zu wa- „ge ſetzen: da ich nun einmal weiß, daß er eiu
„ſolcher
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„ich glaube, ſelbſt einraͤumen werden. Weil ich
„aber geſtanden habe, daß ich unwillig bin: ſo
„will ich von denen Bewegurſachen, woran der
„Zorn, und das Misvergnuͤgen uͤber meine fehl-
„geſchlagene Hoffnung zu viel Antheil haben,
„den Anfang machen. Jch hoffe, daß, wenn ich
„einmal mein Gemuͤth von dieſen nagenden und
„unruhigen Leidenſchaften entladen, und ſie auf
„das Papier und gegen meine Anna Howe aus-
„geſchuͤttet habe, ich ihnen vorbeugen werde, da-
„mit ſie niemals wieder in mein Herz zuruͤckkeh-
„ren, und beſſere, ſanftmuͤthigere, und angeneh-
„mere Regungen an ihre Stelle treten moͤgen.
„Erlauben Sie mir denn, Jhnen zu geſte-
„hen, daß mein Stolz zwar ſehr gedemuͤthiget,
„aber noch nicht hinlaͤnglich gedemuͤthiget iſt:
„wofern die Noth erfordert, daß ich mich herab-
„laſſen ſoll, denjenigen zu einem Manne zu waͤh-
„len, deſſen Handlungen mir ein Abſcheu ſind
„und ſeyn muͤſſen! ‒ ‒ Wie? ‒ ‒ Soll ich; da-
„gegen mich vorſetzlicher und treuloſer Weiſe, ei-
„ne ſo unmenſchliche Grauſamkeit veruͤber iſt, daß
„es eine Marter ſeyn muß, daran zu gedenken,
„und, ohne die Sittſamkeit zu verletzen, nicht be-
„ſchrieben werden kann; ſoll ich mir in den Sinn
„kommen laſſen, dem, der mich zu ſchanden ge-
„macht hat, mein Herz zu ſchenken? Kann ich
„einem ſo gottloſen Menſchen Treue geloben,
„und mein ewiges Heil, durch die Verbindung
„mit einem ſo gar verruchten Boͤſewicht, zu wa-
„ge ſetzen: da ich nun einmal weiß, daß er eiu
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/490>, abgerufen am 22.11.2024.
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