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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

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würde ich in dem, was ich noch auszustehen ha-
be, gestärket werden.

Aber da es nicht seyn muß: so will ich mich
zufrieden geben. Das, hoffe ich, werden Sie
auch thun. Denn Sie sehen, in was für Be-
trachtungen ich nicht unglücklich bin: und in
denen, worinn ich es bin, stehet es nicht in Jhrer
Gewalt, mir zu helfen.

Außerdem habe ich, wie gedacht, alle meine
Kleider in meinem eignen Besitze. Also bin ich
für diese Welt und die ordentlichen Bedürfnisse
reich genug.

So sehen Sie, meine ehrwürdige und liebe
Freundinn, daß ich nicht allemal die schwarze
Seite von meinem Schicksal vorkehre, damit ich
nur zum Mitleiden bewegen möge: ein Kunst-
griff, der mir nur allzu oft von meiner harther-
zigen Schwester vorgeworfen ist; da doch mein
Herz, wofern ich es selbst kenne, über alle Rän-
ke und Künste erhaben ist. Jedoch hoffe ich,
endlich so glücklich zu seyn, daß ich mir durch die-
se Gabe, wo es meine Gabe ist, vielmehr Vor-
theil
verschaffe, als Vorwurf zuziehe. End-
lich,
sage ich: denn wessen Herz habe ich bisher
beweget? - - Niemandes, bin ich versichert, der
nicht schon vorher zu meinem Besten eingenom-
men war.

Was den Tag betrifft: - - so habe ich ihn
so zugebracht, wie ich billig sollte. - - Es ist ein
sehr schwerer Tag für mich gewesen! - - Auch
mehr um meiner Freunde, als um mein selbst

willen!



wuͤrde ich in dem, was ich noch auszuſtehen ha-
be, geſtaͤrket werden.

Aber da es nicht ſeyn muß: ſo will ich mich
zufrieden geben. Das, hoffe ich, werden Sie
auch thun. Denn Sie ſehen, in was fuͤr Be-
trachtungen ich nicht ungluͤcklich bin: und in
denen, worinn ich es bin, ſtehet es nicht in Jhrer
Gewalt, mir zu helfen.

Außerdem habe ich, wie gedacht, alle meine
Kleider in meinem eignen Beſitze. Alſo bin ich
fuͤr dieſe Welt und die ordentlichen Beduͤrfniſſe
reich genug.

So ſehen Sie, meine ehrwuͤrdige und liebe
Freundinn, daß ich nicht allemal die ſchwarze
Seite von meinem Schickſal vorkehre, damit ich
nur zum Mitleiden bewegen moͤge: ein Kunſt-
griff, der mir nur allzu oft von meiner harther-
zigen Schweſter vorgeworfen iſt; da doch mein
Herz, wofern ich es ſelbſt kenne, uͤber alle Raͤn-
ke und Kuͤnſte erhaben iſt. Jedoch hoffe ich,
endlich ſo gluͤcklich zu ſeyn, daß ich mir durch die-
ſe Gabe, wo es meine Gabe iſt, vielmehr Vor-
theil
verſchaffe, als Vorwurf zuziehe. End-
lich,
ſage ich: denn weſſen Herz habe ich bisher
beweget? ‒ ‒ Niemandes, bin ich verſichert, der
nicht ſchon vorher zu meinem Beſten eingenom-
men war.

Was den Tag betrifft: ‒ ‒ ſo habe ich ihn
ſo zugebracht, wie ich billig ſollte. ‒ ‒ Es iſt ein
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mehr um meiner Freunde, als um mein ſelbſt

willen!
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[506/0512] wuͤrde ich in dem, was ich noch auszuſtehen ha- be, geſtaͤrket werden. Aber da es nicht ſeyn muß: ſo will ich mich zufrieden geben. Das, hoffe ich, werden Sie auch thun. Denn Sie ſehen, in was fuͤr Be- trachtungen ich nicht ungluͤcklich bin: und in denen, worinn ich es bin, ſtehet es nicht in Jhrer Gewalt, mir zu helfen. Außerdem habe ich, wie gedacht, alle meine Kleider in meinem eignen Beſitze. Alſo bin ich fuͤr dieſe Welt und die ordentlichen Beduͤrfniſſe reich genug. So ſehen Sie, meine ehrwuͤrdige und liebe Freundinn, daß ich nicht allemal die ſchwarze Seite von meinem Schickſal vorkehre, damit ich nur zum Mitleiden bewegen moͤge: ein Kunſt- griff, der mir nur allzu oft von meiner harther- zigen Schweſter vorgeworfen iſt; da doch mein Herz, wofern ich es ſelbſt kenne, uͤber alle Raͤn- ke und Kuͤnſte erhaben iſt. Jedoch hoffe ich, endlich ſo gluͤcklich zu ſeyn, daß ich mir durch die- ſe Gabe, wo es meine Gabe iſt, vielmehr Vor- theil verſchaffe, als Vorwurf zuziehe. End- lich, ſage ich: denn weſſen Herz habe ich bisher beweget? ‒ ‒ Niemandes, bin ich verſichert, der nicht ſchon vorher zu meinem Beſten eingenom- men war. Was den Tag betrifft: ‒ ‒ ſo habe ich ihn ſo zugebracht, wie ich billig ſollte. ‒ ‒ Es iſt ein ſehr ſchwerer Tag fuͤr mich geweſen! ‒ ‒ Auch mehr um meiner Freunde, als um mein ſelbſt willen!

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/512>, abgerufen am 22.11.2024.