fände, schlug vor, bey dem Dr. H. anzusprechen, und seine Meynung zu hören, ob es glaublich wäre, daß sie wieder genesen würde; und hoffete, sie vortheilhaft zu finden.
Da er entschlossen war, die Sache so gut, als möglich, vorzustellen, und die Fräulein sich geweigert hatte, das Geld anzunehmen, welches ihr durch ihn angeboten war: so sagte ich nichts von der Verkaufung ihrer Kleider. Jch dachte, es würde zu nichts weiter dienen, als die Fräu- lein Howe bestürzt zu machen und zu kränken. Denn es klingt so seltsam, daß eine Fräulein von ihrem Stande und Vermögen so weit her- untergebracht seyn sollte, daß ich selbst nicht mit Gelassenheit daran gedenken kann. Jch weiß auch niemand, als einen Menschen, in der Welt, der es thun kann.
Dieser Cavallier ist ein wenig gezwungen, und von vielen Umständen: aber ich halte ihn für einen angenehmen, nicht unempfindlichen Mann, der gar nicht die Begegnung, oder die Beschreibung, die ihm von euch zu Theil wird, verdienet.
Allein ihr seyd wirklich ein wunderlicher Mensch. Weil ihr Vorzüge in Ansehung eurer Person, eures Wesen, eures Verstandes vor al- len Mannspersonen habet, die ich kenne, und ein Gesicht, das den Teufel selbst betrügen würde: so könnt ihr keinen andern für erträglich halten.
Aus diesem recht bescheidenen Grunde spot- test du einiger von uns, die um deswillen, weil
sie
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faͤnde, ſchlug vor, bey dem Dr. H. anzuſprechen, und ſeine Meynung zu hoͤren, ob es glaublich waͤre, daß ſie wieder geneſen wuͤrde; und hoffete, ſie vortheilhaft zu finden.
Da er entſchloſſen war, die Sache ſo gut, als moͤglich, vorzuſtellen, und die Fraͤulein ſich geweigert hatte, das Geld anzunehmen, welches ihr durch ihn angeboten war: ſo ſagte ich nichts von der Verkaufung ihrer Kleider. Jch dachte, es wuͤrde zu nichts weiter dienen, als die Fraͤu- lein Howe beſtuͤrzt zu machen und zu kraͤnken. Denn es klingt ſo ſeltſam, daß eine Fraͤulein von ihrem Stande und Vermoͤgen ſo weit her- untergebracht ſeyn ſollte, daß ich ſelbſt nicht mit Gelaſſenheit daran gedenken kann. Jch weiß auch niemand, als einen Menſchen, in der Welt, der es thun kann.
Dieſer Cavallier iſt ein wenig gezwungen, und von vielen Umſtaͤnden: aber ich halte ihn fuͤr einen angenehmen, nicht unempfindlichen Mann, der gar nicht die Begegnung, oder die Beſchreibung, die ihm von euch zu Theil wird, verdienet.
Allein ihr ſeyd wirklich ein wunderlicher Menſch. Weil ihr Vorzuͤge in Anſehung eurer Perſon, eures Weſen, eures Verſtandes vor al- len Mannsperſonen habet, die ich kenne, und ein Geſicht, das den Teufel ſelbſt betruͤgen wuͤrde: ſo koͤnnt ihr keinen andern fuͤr ertraͤglich halten.
Aus dieſem recht beſcheidenen Grunde ſpot- teſt du einiger von uns, die um deswillen, weil
ſie
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faͤnde, ſchlug vor, bey dem Dr. H. anzuſprechen,
und ſeine Meynung zu hoͤren, ob es glaublich
waͤre, daß ſie wieder geneſen wuͤrde; und hoffete,
ſie vortheilhaft zu finden.
Da er entſchloſſen war, die Sache ſo gut,
als moͤglich, vorzuſtellen, und die Fraͤulein ſich
geweigert hatte, das Geld anzunehmen, welches
ihr durch ihn angeboten war: ſo ſagte ich nichts
von der Verkaufung ihrer Kleider. Jch dachte,
es wuͤrde zu nichts weiter dienen, als die Fraͤu-
lein Howe beſtuͤrzt zu machen und zu kraͤnken.
Denn es klingt ſo ſeltſam, daß eine Fraͤulein
von ihrem Stande und Vermoͤgen ſo weit her-
untergebracht ſeyn ſollte, daß ich ſelbſt nicht mit
Gelaſſenheit daran gedenken kann. Jch weiß
auch niemand, als einen Menſchen, in der Welt,
der es thun kann.
Dieſer Cavallier iſt ein wenig gezwungen,
und von vielen Umſtaͤnden: aber ich halte ihn
fuͤr einen angenehmen, nicht unempfindlichen
Mann, der gar nicht die Begegnung, oder die
Beſchreibung, die ihm von euch zu Theil wird,
verdienet.
Allein ihr ſeyd wirklich ein wunderlicher
Menſch. Weil ihr Vorzuͤge in Anſehung eurer
Perſon, eures Weſen, eures Verſtandes vor al-
len Mannsperſonen habet, die ich kenne, und ein
Geſicht, das den Teufel ſelbſt betruͤgen wuͤrde:
ſo koͤnnt ihr keinen andern fuͤr ertraͤglich halten.
Aus dieſem recht beſcheidenen Grunde ſpot-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/539>, abgerufen am 22.11.2024.
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