zählen. Jch hoffe inzwischen, daß diese Unver- söhnlichen, ich schließe meine Mutter mit ein, gegen ihre Eltern allezeit gute, gehorsame, bloß leidende Kinder gewesen sind.
Noch einmal, vergeben Sie mir. Jch ha- be schon gestanden, daß ich zu hitzig gewesen bin. Aber ich habe kein Beyspiel zu dem Gegentheil vor mir, als von Jhnen: und das Verfahren mit Jhnen hat sehr wenige Reizung für mich, daß ich Jhnen in Jhrer gehorsamen Sanftmuth nachzuahmen suchen sollte.
Sie überlassen es mir, der edelgesinnten Fa- milie, deren einziges Unglück ist, daß ein so schändlicher Mensch so nahe mit ihnen verwandt ist, auf ihre Hoffnung eine abschlägige Antwort zu geben. Aber dennoch - - Ach! meine Wer- theste, ich fürchte mich so sehr in Betrachtung meiner selbst, wenn diese abschlägige Antwort gegeben werden muß - - Jch weiß nicht, was ich sagen sollte - - Allein erlauben Sie mir in- zwischen diese abschlägige Antwort aufzuschieben, bis ich wieder von Jhnen höre.
Jhr liebreicher Eifer, Sie in ihre ansehnli- che Familie zu ziehen, gereichet Jhnen so sehr zur Ehre - - Sie alle bewundern Sie mit so vieler Gerechtigkeit - - Sie selbst, meine Wertheste, müssen über den niederträchtigen Men- schen einen so edlen Sieg gehabt haben - - Es ist ihm so sehr ein Ernst um Sie - - Die Welt weiß so viel von der unglücklichen Sache - - Sie können noch so viel gutes stiften - - Jhr
Wille
zaͤhlen. Jch hoffe inzwiſchen, daß dieſe Unver- ſoͤhnlichen, ich ſchließe meine Mutter mit ein, gegen ihre Eltern allezeit gute, gehorſame, bloß leidende Kinder geweſen ſind.
Noch einmal, vergeben Sie mir. Jch ha- be ſchon geſtanden, daß ich zu hitzig geweſen bin. Aber ich habe kein Beyſpiel zu dem Gegentheil vor mir, als von Jhnen: und das Verfahren mit Jhnen hat ſehr wenige Reizung fuͤr mich, daß ich Jhnen in Jhrer gehorſamen Sanftmuth nachzuahmen ſuchen ſollte.
Sie uͤberlaſſen es mir, der edelgeſinnten Fa- milie, deren einziges Ungluͤck iſt, daß ein ſo ſchaͤndlicher Menſch ſo nahe mit ihnen verwandt iſt, auf ihre Hoffnung eine abſchlaͤgige Antwort zu geben. Aber dennoch ‒ ‒ Ach! meine Wer- theſte, ich fuͤrchte mich ſo ſehr in Betrachtung meiner ſelbſt, wenn dieſe abſchlaͤgige Antwort gegeben werden muß ‒ ‒ Jch weiß nicht, was ich ſagen ſollte ‒ ‒ Allein erlauben Sie mir in- zwiſchen dieſe abſchlaͤgige Antwort aufzuſchieben, bis ich wieder von Jhnen hoͤre.
Jhr liebreicher Eifer, Sie in ihre anſehnli- che Familie zu ziehen, gereichet Jhnen ſo ſehr zur Ehre ‒ ‒ Sie alle bewundern Sie mit ſo vieler Gerechtigkeit ‒ ‒ Sie ſelbſt, meine Wertheſte, muͤſſen uͤber den niedertraͤchtigen Men- ſchen einen ſo edlen Sieg gehabt haben ‒ ‒ Es iſt ihm ſo ſehr ein Ernſt um Sie ‒ ‒ Die Welt weiß ſo viel von der ungluͤcklichen Sache ‒ ‒ Sie koͤnnen noch ſo viel gutes ſtiften ‒ ‒ Jhr
Wille
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zaͤhlen. Jch hoffe inzwiſchen, daß dieſe Unver-
ſoͤhnlichen, ich ſchließe meine Mutter mit ein,
gegen ihre Eltern allezeit gute, gehorſame, bloß
leidende Kinder geweſen ſind.
Noch einmal, vergeben Sie mir. Jch ha-
be ſchon geſtanden, daß ich zu hitzig geweſen bin.
Aber ich habe kein Beyſpiel zu dem Gegentheil
vor mir, als von Jhnen: und das Verfahren
mit Jhnen hat ſehr wenige Reizung fuͤr mich,
daß ich Jhnen in Jhrer gehorſamen Sanftmuth
nachzuahmen ſuchen ſollte.
Sie uͤberlaſſen es mir, der edelgeſinnten Fa-
milie, deren einziges Ungluͤck iſt, daß ein ſo
ſchaͤndlicher Menſch ſo nahe mit ihnen verwandt
iſt, auf ihre Hoffnung eine abſchlaͤgige Antwort
zu geben. Aber dennoch ‒ ‒ Ach! meine Wer-
theſte, ich fuͤrchte mich ſo ſehr in Betrachtung
meiner ſelbſt, wenn dieſe abſchlaͤgige Antwort
gegeben werden muß ‒ ‒ Jch weiß nicht, was
ich ſagen ſollte ‒ ‒ Allein erlauben Sie mir in-
zwiſchen dieſe abſchlaͤgige Antwort aufzuſchieben,
bis ich wieder von Jhnen hoͤre.
Jhr liebreicher Eifer, Sie in ihre anſehnli-
che Familie zu ziehen, gereichet Jhnen ſo ſehr
zur Ehre ‒ ‒ Sie alle bewundern Sie mit ſo
vieler Gerechtigkeit ‒ ‒ Sie ſelbſt, meine
Wertheſte, muͤſſen uͤber den niedertraͤchtigen Men-
ſchen einen ſo edlen Sieg gehabt haben ‒ ‒ Es
iſt ihm ſo ſehr ein Ernſt um Sie ‒ ‒ Die Welt
weiß ſo viel von der ungluͤcklichen Sache ‒ ‒
Sie koͤnnen noch ſo viel gutes ſtiften ‒ ‒ Jhr
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/548>, abgerufen am 22.11.2024.
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