verursachet ist, die sich um die Wette bemüheten, ihrer damals glücklichen Base Merkmaale der Gewogenheit zu geben; wenn ich mein Verge- hen nach dieser harten, aber gegründeten Vorstel- lung in Erwägung ziehe: was kann denn für ein Grund übrig seyn, irgend sonst jemand, als mich unglückselige selbst zu tadeln? Und wie viel Ur- sache habe ich zu sagen: Wo ich mich selbst rechtfertige; so wird mein eignes Herz mich verdammen: wo ich sage, ich bin vollkommen; so wird es auch beweisen, daß ich verkehrt sey?
Hier erlauben Sie mir, meine Feder auf ei- nige Augenblicke niederzulegen.
Sie sind sehr gefällig gegen mich, Jhrer Absicht nach, das weiß ich, wenn Sie mir ent- decken, daß es in meiner Gewalt sey, den Tag zu Hrn. Hickmanns Glück zu beschleunigen. Dennoch erlauben Sie mir zu gestehen, daß ich diese gütige Versicherung weniger, als irgend ei- ne andere Stelle in Jhrem Briefe bewundere.
Einmal wissen Sie ja, daß es nicht in mei- ner Gewalt stehe, zu sagen, wann ich meinen Arzt abzuschaffen vermögend seyn werde. Sie sollten also die Vollziehung einer Heyrath, welche Sie sich selbst vorgesetzt haben und Jhre Fr. Mutter so sehnlich wünschet, nicht auf einen so ungewissen Ausgang ankommen lassen. Jch werde auch eine Höflichkeit, die eine Geringschä-
tzung
Sechster Theil. S s
verurſachet iſt, die ſich um die Wette bemuͤheten, ihrer damals gluͤcklichen Baſe Merkmaale der Gewogenheit zu geben; wenn ich mein Verge- hen nach dieſer harten, aber gegruͤndeten Vorſtel- lung in Erwaͤgung ziehe: was kann denn fuͤr ein Grund uͤbrig ſeyn, irgend ſonſt jemand, als mich ungluͤckſelige ſelbſt zu tadeln? Und wie viel Ur- ſache habe ich zu ſagen: Wo ich mich ſelbſt rechtfertige; ſo wird mein eignes Herz mich verdammen: wo ich ſage, ich bin vollkommen; ſo wird es auch beweiſen, daß ich verkehrt ſey?
Hier erlauben Sie mir, meine Feder auf ei- nige Augenblicke niederzulegen.
Sie ſind ſehr gefaͤllig gegen mich, Jhrer Abſicht nach, das weiß ich, wenn Sie mir ent- decken, daß es in meiner Gewalt ſey, den Tag zu Hrn. Hickmanns Gluͤck zu beſchleunigen. Dennoch erlauben Sie mir zu geſtehen, daß ich dieſe guͤtige Verſicherung weniger, als irgend ei- ne andere Stelle in Jhrem Briefe bewundere.
Einmal wiſſen Sie ja, daß es nicht in mei- ner Gewalt ſtehe, zu ſagen, wann ich meinen Arzt abzuſchaffen vermoͤgend ſeyn werde. Sie ſollten alſo die Vollziehung einer Heyrath, welche Sie ſich ſelbſt vorgeſetzt haben und Jhre Fr. Mutter ſo ſehnlich wuͤnſchet, nicht auf einen ſo ungewiſſen Ausgang ankommen laſſen. Jch werde auch eine Hoͤflichkeit, die eine Geringſchaͤ-
tzung
Sechſter Theil. S s
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0647"n="641"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
verurſachet iſt, die ſich um die Wette bemuͤheten,<lb/>
ihrer damals gluͤcklichen Baſe Merkmaale der<lb/>
Gewogenheit zu geben; wenn ich mein Verge-<lb/>
hen nach dieſer harten, aber gegruͤndeten Vorſtel-<lb/>
lung in Erwaͤgung ziehe: was kann denn fuͤr ein<lb/>
Grund uͤbrig ſeyn, irgend ſonſt jemand, als mich<lb/>
ungluͤckſelige ſelbſt zu tadeln? Und wie viel Ur-<lb/>ſache habe ich zu ſagen: <hirendition="#fr">Wo ich mich ſelbſt<lb/>
rechtfertige; ſo wird mein eignes Herz<lb/>
mich verdammen: wo ich ſage, ich bin<lb/>
vollkommen; ſo wird es auch beweiſen,<lb/>
daß ich verkehrt ſey?</hi></p><lb/><p>Hier erlauben Sie mir, meine Feder auf ei-<lb/>
nige Augenblicke niederzulegen.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Sie ſind ſehr gefaͤllig gegen mich, <hirendition="#fr">Jhrer<lb/>
Abſicht nach,</hi> das weiß ich, wenn Sie mir ent-<lb/>
decken, daß es in meiner Gewalt ſey, den Tag<lb/>
zu Hrn. Hickmanns Gluͤck zu beſchleunigen.<lb/>
Dennoch erlauben Sie mir zu geſtehen, daß ich<lb/>
dieſe guͤtige Verſicherung weniger, als irgend ei-<lb/>
ne andere Stelle in Jhrem Briefe bewundere.</p><lb/><p>Einmal wiſſen Sie ja, daß es <hirendition="#fr">nicht</hi> in mei-<lb/>
ner Gewalt ſtehe, zu ſagen, <hirendition="#fr">wann</hi> ich meinen<lb/>
Arzt abzuſchaffen vermoͤgend ſeyn werde. Sie<lb/>ſollten alſo die Vollziehung einer Heyrath, welche<lb/>
Sie <hirendition="#fr">ſich ſelbſt vorgeſetzt</hi> haben und Jhre Fr.<lb/><hirendition="#fr">Mutter</hi>ſo <hirendition="#fr">ſehnlich wuͤnſchet,</hi> nicht auf einen<lb/>ſo ungewiſſen Ausgang ankommen laſſen. Jch<lb/>
werde auch eine Hoͤflichkeit, die eine Geringſchaͤ-<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Sechſter Theil.</hi> S s</fw><fwplace="bottom"type="catch">tzung</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[641/0647]
verurſachet iſt, die ſich um die Wette bemuͤheten,
ihrer damals gluͤcklichen Baſe Merkmaale der
Gewogenheit zu geben; wenn ich mein Verge-
hen nach dieſer harten, aber gegruͤndeten Vorſtel-
lung in Erwaͤgung ziehe: was kann denn fuͤr ein
Grund uͤbrig ſeyn, irgend ſonſt jemand, als mich
ungluͤckſelige ſelbſt zu tadeln? Und wie viel Ur-
ſache habe ich zu ſagen: Wo ich mich ſelbſt
rechtfertige; ſo wird mein eignes Herz
mich verdammen: wo ich ſage, ich bin
vollkommen; ſo wird es auch beweiſen,
daß ich verkehrt ſey?
Hier erlauben Sie mir, meine Feder auf ei-
nige Augenblicke niederzulegen.
Sie ſind ſehr gefaͤllig gegen mich, Jhrer
Abſicht nach, das weiß ich, wenn Sie mir ent-
decken, daß es in meiner Gewalt ſey, den Tag
zu Hrn. Hickmanns Gluͤck zu beſchleunigen.
Dennoch erlauben Sie mir zu geſtehen, daß ich
dieſe guͤtige Verſicherung weniger, als irgend ei-
ne andere Stelle in Jhrem Briefe bewundere.
Einmal wiſſen Sie ja, daß es nicht in mei-
ner Gewalt ſtehe, zu ſagen, wann ich meinen
Arzt abzuſchaffen vermoͤgend ſeyn werde. Sie
ſollten alſo die Vollziehung einer Heyrath, welche
Sie ſich ſelbſt vorgeſetzt haben und Jhre Fr.
Mutter ſo ſehnlich wuͤnſchet, nicht auf einen
ſo ungewiſſen Ausgang ankommen laſſen. Jch
werde auch eine Hoͤflichkeit, die eine Geringſchaͤ-
tzung
Sechſter Theil. S s
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 641. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/647>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.