heit, welche ich inständigst suchte, mit der Zeit, würde zugestanden werden.
Die Gewogenheit, um die ich damals anhiel- te, ward wirklich zugestanden. Allein Sie besor- gen, schreiben Sie, daß meine Anverwandten auf Hrn. Brands Bericht warten werden, ehe durch meinen zweyten Brief, den ich an melne Schwe- ster geschrieben habe, einige Gewogenheit zu er- halten seyn wird. Sie setzen hinzu, daß ich eine gütige Mutter habe, wenn sie nur Freyheit hätte, nach ihrer eignen Neigung zu handeln; und daß alles zuletzt ein gutes Ende gewinnen werde.
Aber was, meine liebe Frau Norton, was ist es für eine Gewogenheit, darum ich in meinem zweyten Briefe anhalte? - - Es ist nicht das, daß sie mich wieder zu voriger Huld aufnehmen wollen - - Wo meine Freunde dieß gedenken: so irren sie sich. Das erwarte ich nicht, das kann ich nicht erwarten. Ja, wie ich oft gesagt habe, es würde mir unerträglich seyn, wenn sie mich auch wieder aufnehmen wollten, vor den Augen derjenigen theuren Freunde zu leben, die die ich so schmerzlich beleidigt habe. Es ist nur bloß ein Segen, was ich bitte: ein Segen, mit dem ich sterben; nicht mit dem ich leben mö- ge. - - Wissen sie das? Und wissen sie, daß ihre Unfreundlichkeit vielleicht mein Ziel verkür- zen werde? So daß ihre Gewogenheit, wo sie dieselbe jemals zuzustehen willens sind, zu spät kommen kann?
Noch
Sechster Theil. T t
heit, welche ich inſtaͤndigſt ſuchte, mit der Zeit, wuͤrde zugeſtanden werden.
Die Gewogenheit, um die ich damals anhiel- te, ward wirklich zugeſtanden. Allein Sie beſor- gen, ſchreiben Sie, daß meine Anverwandten auf Hrn. Brands Bericht warten werden, ehe durch meinen zweyten Brief, den ich an melne Schwe- ſter geſchrieben habe, einige Gewogenheit zu er- halten ſeyn wird. Sie ſetzen hinzu, daß ich eine guͤtige Mutter habe, wenn ſie nur Freyheit haͤtte, nach ihrer eignen Neigung zu handeln; und daß alles zuletzt ein gutes Ende gewinnen werde.
Aber was, meine liebe Frau Norton, was iſt es fuͤr eine Gewogenheit, darum ich in meinem zweyten Briefe anhalte? ‒ ‒ Es iſt nicht das, daß ſie mich wieder zu voriger Huld aufnehmen wollen ‒ ‒ Wo meine Freunde dieß gedenken: ſo irren ſie ſich. Das erwarte ich nicht, das kann ich nicht erwarten. Ja, wie ich oft geſagt habe, es wuͤrde mir unertraͤglich ſeyn, wenn ſie mich auch wieder aufnehmen wollten, vor den Augen derjenigen theuren Freunde zu leben, die die ich ſo ſchmerzlich beleidigt habe. Es iſt nur bloß ein Segen, was ich bitte: ein Segen, mit dem ich ſterben; nicht mit dem ich leben moͤ- ge. ‒ ‒ Wiſſen ſie das? Und wiſſen ſie, daß ihre Unfreundlichkeit vielleicht mein Ziel verkuͤr- zen werde? So daß ihre Gewogenheit, wo ſie dieſelbe jemals zuzuſtehen willens ſind, zu ſpaͤt kommen kann?
Noch
Sechſter Theil. T t
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heit, welche ich inſtaͤndigſt ſuchte, mit der Zeit,
wuͤrde zugeſtanden werden.
Die Gewogenheit, um die ich damals anhiel-
te, ward wirklich zugeſtanden. Allein Sie beſor-
gen, ſchreiben Sie, daß meine Anverwandten auf
Hrn. Brands Bericht warten werden, ehe durch
meinen zweyten Brief, den ich an melne Schwe-
ſter geſchrieben habe, einige Gewogenheit zu er-
halten ſeyn wird. Sie ſetzen hinzu, daß ich eine
guͤtige Mutter habe, wenn ſie nur Freyheit haͤtte,
nach ihrer eignen Neigung zu handeln; und daß
alles zuletzt ein gutes Ende gewinnen werde.
Aber was, meine liebe Frau Norton, was iſt
es fuͤr eine Gewogenheit, darum ich in meinem
zweyten Briefe anhalte? ‒ ‒ Es iſt nicht das,
daß ſie mich wieder zu voriger Huld aufnehmen
wollen ‒ ‒ Wo meine Freunde dieß gedenken:
ſo irren ſie ſich. Das erwarte ich nicht, das
kann ich nicht erwarten. Ja, wie ich oft geſagt
habe, es wuͤrde mir unertraͤglich ſeyn, wenn ſie
mich auch wieder aufnehmen wollten, vor den
Augen derjenigen theuren Freunde zu leben, die
die ich ſo ſchmerzlich beleidigt habe. Es iſt nur
bloß ein Segen, was ich bitte: ein Segen, mit
dem ich ſterben; nicht mit dem ich leben moͤ-
ge. ‒ ‒ Wiſſen ſie das? Und wiſſen ſie, daß
ihre Unfreundlichkeit vielleicht mein Ziel verkuͤr-
zen werde? So daß ihre Gewogenheit, wo ſie
dieſelbe jemals zuzuſtehen willens ſind, zu ſpaͤt
kommen kann?
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 657. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/663>, abgerufen am 22.11.2024.
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