vollkommen recht, und sind vollkommen gütig, wenn Sie sagen, daß Sie versichert sind, ich liebe Sie. Ja in Wahrheit ich liebe Sie. Und wie edelmüthig, sich selbst so vollkommen ähnlich, beweisen Sie sich in Jhren Lobeserhebungen, daß Sie mir mehr beylegen, als ich verdiene, damit Sie einen Eifer in mir erwecken mögen, ihre Lobeserhebungen zu verdienen! - - Sie sagen mir, was Sie von mir in diesem Elende, welches mir zu ertragen aufgelegt ist, erwarten. Jch wünsche nur, daß ich mich Jhrer Erwartung gemäß verhalten möge.
Jch kann mir selbst eine kleine Rechen- schast von meinem Stillschweigen gegen Sie, meine gütige, meine werthe mütterliche Freun- dinn, geben - - Wie gelinde und höflich drücken Sie sich bey dieser Gelegenheit aus! - - Jch wollte gar zu gern, so wohl Jhrentwegen, als um mein selbst willen, daß Sie mit Grunde sagen könnten, wir wechselten keine Briefe mit einan- der. Hätte man geglaubt, wir thäten es: so würde ein jedes Wort, das Sie zu meinem Be- sten könnten gesprochen haben, verworfen worden seyn; und meiner Mutter würde man verboten haben, Sie zu sprechen, oder das, was Sie sa- gen möchten, einiger Achtung würdig zu hal- ten.
Außerdem war die Aussicht in meine künfti- ge Umstände, die ich vor mir hatte, bald besser, bald schlechter. Das Schlechtere würde Sie nur beunruhigt haben; wenn Sie es erfahren
hätten;
vollkommen recht, und ſind vollkommen guͤtig, wenn Sie ſagen, daß Sie verſichert ſind, ich liebe Sie. Ja in Wahrheit ich liebe Sie. Und wie edelmuͤthig, ſich ſelbſt ſo vollkommen aͤhnlich, beweiſen Sie ſich in Jhren Lobeserhebungen, daß Sie mir mehr beylegen, als ich verdiene, damit Sie einen Eifer in mir erwecken moͤgen, ihre Lobeserhebungen zu verdienen! ‒ ‒ Sie ſagen mir, was Sie von mir in dieſem Elende, welches mir zu ertragen aufgelegt iſt, erwarten. Jch wuͤnſche nur, daß ich mich Jhrer Erwartung gemaͤß verhalten moͤge.
Jch kann mir ſelbſt eine kleine Rechen- ſchaſt von meinem Stillſchweigen gegen Sie, meine guͤtige, meine werthe muͤtterliche Freun- dinn, geben ‒ ‒ Wie gelinde und hoͤflich druͤcken Sie ſich bey dieſer Gelegenheit aus! ‒ ‒ Jch wollte gar zu gern, ſo wohl Jhrentwegen, als um mein ſelbſt willen, daß Sie mit Grunde ſagen koͤnnten, wir wechſelten keine Briefe mit einan- der. Haͤtte man geglaubt, wir thaͤten es: ſo wuͤrde ein jedes Wort, das Sie zu meinem Be- ſten koͤnnten geſprochen haben, verworfen worden ſeyn; und meiner Mutter wuͤrde man verboten haben, Sie zu ſprechen, oder das, was Sie ſa- gen moͤchten, einiger Achtung wuͤrdig zu hal- ten.
Außerdem war die Ausſicht in meine kuͤnfti- ge Umſtaͤnde, die ich vor mir hatte, bald beſſer, bald ſchlechter. Das Schlechtere wuͤrde Sie nur beunruhigt haben; wenn Sie es erfahren
haͤtten;
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vollkommen recht, und ſind vollkommen guͤtig,
wenn Sie ſagen, daß Sie verſichert ſind, ich
liebe Sie. Ja in Wahrheit ich liebe Sie. Und
wie edelmuͤthig, ſich ſelbſt ſo vollkommen aͤhnlich,
beweiſen Sie ſich in Jhren Lobeserhebungen,
daß Sie mir mehr beylegen, als ich verdiene,
damit Sie einen Eifer in mir erwecken moͤgen,
ihre Lobeserhebungen zu verdienen! ‒ ‒ Sie
ſagen mir, was Sie von mir in dieſem Elende,
welches mir zu ertragen aufgelegt iſt, erwarten.
Jch wuͤnſche nur, daß ich mich Jhrer Erwartung
gemaͤß verhalten moͤge.
Jch kann mir ſelbſt eine kleine Rechen-
ſchaſt von meinem Stillſchweigen gegen Sie,
meine guͤtige, meine werthe muͤtterliche Freun-
dinn, geben ‒ ‒ Wie gelinde und hoͤflich druͤcken
Sie ſich bey dieſer Gelegenheit aus! ‒ ‒ Jch
wollte gar zu gern, ſo wohl Jhrentwegen, als um
mein ſelbſt willen, daß Sie mit Grunde ſagen
koͤnnten, wir wechſelten keine Briefe mit einan-
der. Haͤtte man geglaubt, wir thaͤten es: ſo
wuͤrde ein jedes Wort, das Sie zu meinem Be-
ſten koͤnnten geſprochen haben, verworfen worden
ſeyn; und meiner Mutter wuͤrde man verboten
haben, Sie zu ſprechen, oder das, was Sie ſa-
gen moͤchten, einiger Achtung wuͤrdig zu hal-
ten.
Außerdem war die Ausſicht in meine kuͤnfti-
ge Umſtaͤnde, die ich vor mir hatte, bald beſſer,
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haͤtten;
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/68>, abgerufen am 21.11.2024.
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