Jhrem Aufenthalt zu Hampstead, und zwischen dem 11ten und 19ten Jun. an mich geschrieben hat. Sie versichern mich, daß Sie bey diesem Verlangen keine andere Absicht haben, als zu se- hen, ob Sie, nach der Nachricht, welche er gie- bet, um Jhrer eignen Ehre willen genöthigt wer- den, selbst die verdrieslichen Dinge zu berühren.
Was Sie befehlen, gnädige Fräulein, ist von einer sehr bedenklichen Beschaffenheit: da es die Geheimnisse vertrauter Freundschaft zu betreffen scheinet. Allein weil ich weiß, daß Sie keine Absicht hegen können, von der Sie die Bewe- gungsgründe dazu nicht gestehen wollen; und weil ich denke, daß die Mittheilung der verlang- ten Stellen der Gemüthsart meines unglücklichen Freundes, in so fern er ein aufrichtiger Mensch ist, einige Ehre bringen mag; ob gleich seine Handlungen an dem vortrefflichsten Frauenzim- mer in der Welt ihm allen Anspruch auf den Ruhm eines ehrlichen Mannes benommen ha- ben: so gehorche ich Jhnen mit desto größerem Vergnügen.
Hierauf fährt er mit seinen Auszügen fort, und beschließet dieselben mit ei- ner Vorstellung bey ihr zum Besten seines Freundes, in den folgenden Worten:
"Nun, gnädige Fräulein, habe ich Jhren "Befehl erfüllet, und, wie ich hoffe, meinem "Freunde bey Jhnen nicht einen übeln Dienst ge-
"than:
Jhrem Aufenthalt zu Hampſtead, und zwiſchen dem 11ten und 19ten Jun. an mich geſchrieben hat. Sie verſichern mich, daß Sie bey dieſem Verlangen keine andere Abſicht haben, als zu ſe- hen, ob Sie, nach der Nachricht, welche er gie- bet, um Jhrer eignen Ehre willen genoͤthigt wer- den, ſelbſt die verdrieslichen Dinge zu beruͤhren.
Was Sie befehlen, gnaͤdige Fraͤulein, iſt von einer ſehr bedenklichen Beſchaffenheit: da es die Geheimniſſe vertrauter Freundſchaft zu betreffen ſcheinet. Allein weil ich weiß, daß Sie keine Abſicht hegen koͤnnen, von der Sie die Bewe- gungsgruͤnde dazu nicht geſtehen wollen; und weil ich denke, daß die Mittheilung der verlang- ten Stellen der Gemuͤthsart meines ungluͤcklichen Freundes, in ſo fern er ein aufrichtiger Menſch iſt, einige Ehre bringen mag; ob gleich ſeine Handlungen an dem vortrefflichſten Frauenzim- mer in der Welt ihm allen Anſpruch auf den Ruhm eines ehrlichen Mannes benommen ha- ben: ſo gehorche ich Jhnen mit deſto groͤßerem Vergnuͤgen.
Hierauf faͤhrt er mit ſeinen Auszuͤgen fort, und beſchließet dieſelben mit ei- ner Vorſtellung bey ihr zum Beſten ſeines Freundes, in den folgenden Worten:
„Nun, gnaͤdige Fraͤulein, habe ich Jhren „Befehl erfuͤllet, und, wie ich hoffe, meinem „Freunde bey Jhnen nicht einen uͤbeln Dienſt ge-
„than:
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Jhrem Aufenthalt zu Hampſtead, und zwiſchen
dem 11ten und 19ten Jun. an mich geſchrieben
hat. Sie verſichern mich, daß Sie bey dieſem
Verlangen keine andere Abſicht haben, als zu ſe-
hen, ob Sie, nach der Nachricht, welche er gie-
bet, um Jhrer eignen Ehre willen genoͤthigt wer-
den, ſelbſt die verdrieslichen Dinge zu beruͤhren.
Was Sie befehlen, gnaͤdige Fraͤulein, iſt von
einer ſehr bedenklichen Beſchaffenheit: da es die
Geheimniſſe vertrauter Freundſchaft zu betreffen
ſcheinet. Allein weil ich weiß, daß Sie keine
Abſicht hegen koͤnnen, von der Sie die Bewe-
gungsgruͤnde dazu nicht geſtehen wollen; und
weil ich denke, daß die Mittheilung der verlang-
ten Stellen der Gemuͤthsart meines ungluͤcklichen
Freundes, in ſo fern er ein aufrichtiger Menſch
iſt, einige Ehre bringen mag; ob gleich ſeine
Handlungen an dem vortrefflichſten Frauenzim-
mer in der Welt ihm allen Anſpruch auf den
Ruhm eines ehrlichen Mannes benommen ha-
ben: ſo gehorche ich Jhnen mit deſto groͤßerem
Vergnuͤgen.
Hierauf faͤhrt er mit ſeinen Auszuͤgen
fort, und beſchließet dieſelben mit ei-
ner Vorſtellung bey ihr zum Beſten
ſeines Freundes, in den folgenden
Worten:
„Nun, gnaͤdige Fraͤulein, habe ich Jhren
„Befehl erfuͤllet, und, wie ich hoffe, meinem
„Freunde bey Jhnen nicht einen uͤbeln Dienſt ge-
„than:
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 678. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/684>, abgerufen am 22.11.2024.
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