"than: indem Sie hieraus sehen werden, wie er "Jhrer Tugend in einer jeden Zeile, die er schreibt, "Gerechtigkeit widerfahren lasse. Eben das "thut er in allen seinen Briefen: ob gleich zu "seiner eignen Verdammung. Erlauben Sie "mir hinzuzusetzen, daß, wenn die allezeit, auch "in Jhrem Leiden, liebenswürdige Person, es nur "einigermaßen Jhrer Ehre nicht zuwider achten "könnte, seine Gelübde, bey seiner aufrichtig reue- "vollen Gemüthsverfassung, vor dem Altar an- "zunehmen, ich im geringsten nicht zweifele, daß "er sich gegen Dieselbe als den besten und zärtlich- "sten Ehegatten beweisen würde. Was für eine "Verbindlichkeit würde nicht die vortreffliche "Fräulein hiedurch seiner ganzen edlen Familie "auflegen, welche Sie so sehr bewundert! ja, ich "will mich unterstehen es zu sagen, auch Jhrer "eignen Familie, wenn der unglückliche Wider- "willen derselben, welcher gewiß gegen ihn weiter "getrieben ist, als vernünftige Gründe erlauben, "überwältiget ist, und eine allgemeine Aussöh- "nung Platz findet! Denn wer ist wohl, der diese "beyden bewundernswürdigen Personen nicht ein- "ander geben würde, wenn seine Aufführung nicht "im Wegestünde?"
Dem sey aber, wie ihm wolle: so möchte ich Jhnen gehorsamst anheim stellen, gnädige Fräu- lein, ob Sie, da Jhnen von mir, als seinem Freunde, sehr bedenkliche Umstände mitgetheilet werden, sich nicht durch Jhre Ehre verbunden achten wollen, dieselben gänzlich mit Stillschwei-
gen
U u 4
„than: indem Sie hieraus ſehen werden, wie er „Jhrer Tugend in einer jeden Zeile, die er ſchreibt, „Gerechtigkeit widerfahren laſſe. Eben das „thut er in allen ſeinen Briefen: ob gleich zu „ſeiner eignen Verdammung. Erlauben Sie „mir hinzuzuſetzen, daß, wenn die allezeit, auch „in Jhrem Leiden, liebenswuͤrdige Perſon, es nur „einigermaßen Jhrer Ehre nicht zuwider achten „koͤnnte, ſeine Geluͤbde, bey ſeiner aufrichtig reue- „vollen Gemuͤthsverfaſſung, vor dem Altar an- „zunehmen, ich im geringſten nicht zweifele, daß „er ſich gegen Dieſelbe als den beſten und zaͤrtlich- „ſten Ehegatten beweiſen wuͤrde. Was fuͤr eine „Verbindlichkeit wuͤrde nicht die vortreffliche „Fraͤulein hiedurch ſeiner ganzen edlen Familie „auflegen, welche Sie ſo ſehr bewundert! ja, ich „will mich unterſtehen es zu ſagen, auch Jhrer „eignen Familie, wenn der ungluͤckliche Wider- „willen derſelben, welcher gewiß gegen ihn weiter „getrieben iſt, als vernuͤnftige Gruͤnde erlauben, „uͤberwaͤltiget iſt, und eine allgemeine Ausſoͤh- „nung Platz findet! Denn wer iſt wohl, der dieſe „beyden bewundernswuͤrdigen Perſonen nicht ein- „ander geben wuͤrde, wenn ſeine Auffuͤhrung nicht „im Wegeſtuͤnde?“
Dem ſey aber, wie ihm wolle: ſo moͤchte ich Jhnen gehorſamſt anheim ſtellen, gnaͤdige Fraͤu- lein, ob Sie, da Jhnen von mir, als ſeinem Freunde, ſehr bedenkliche Umſtaͤnde mitgetheilet werden, ſich nicht durch Jhre Ehre verbunden achten wollen, dieſelben gaͤnzlich mit Stillſchwei-
gen
U u 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0685"n="679"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>„than: indem Sie hieraus ſehen werden, wie er<lb/>„Jhrer Tugend in einer jeden Zeile, die er ſchreibt,<lb/>„Gerechtigkeit widerfahren laſſe. Eben das<lb/>„thut er in allen ſeinen Briefen: ob gleich zu<lb/>„ſeiner eignen Verdammung. Erlauben Sie<lb/>„mir hinzuzuſetzen, daß, wenn die allezeit, auch<lb/>„in Jhrem Leiden, liebenswuͤrdige Perſon, es nur<lb/>„einigermaßen Jhrer Ehre nicht zuwider achten<lb/>„koͤnnte, ſeine Geluͤbde, bey ſeiner aufrichtig reue-<lb/>„vollen Gemuͤthsverfaſſung, vor dem Altar an-<lb/>„zunehmen, ich im geringſten nicht zweifele, daß<lb/>„er ſich gegen Dieſelbe als den beſten und zaͤrtlich-<lb/>„ſten Ehegatten beweiſen wuͤrde. Was fuͤr eine<lb/>„Verbindlichkeit wuͤrde nicht die vortreffliche<lb/>„Fraͤulein hiedurch ſeiner ganzen edlen Familie<lb/>„auflegen, welche Sie ſo ſehr bewundert! ja, ich<lb/>„will mich unterſtehen es zu ſagen, auch <hirendition="#fr">Jhrer<lb/>„eignen</hi> Familie, wenn der ungluͤckliche Wider-<lb/>„willen derſelben, welcher gewiß gegen ihn weiter<lb/>„getrieben iſt, als vernuͤnftige Gruͤnde erlauben,<lb/>„uͤberwaͤltiget iſt, und eine allgemeine Ausſoͤh-<lb/>„nung Platz findet! Denn wer iſt wohl, der dieſe<lb/>„beyden bewundernswuͤrdigen Perſonen nicht ein-<lb/>„ander geben wuͤrde, wenn ſeine Auffuͤhrung nicht<lb/>„im Wegeſtuͤnde?“</p><lb/><p>Dem ſey aber, wie ihm wolle: ſo moͤchte ich<lb/>
Jhnen gehorſamſt anheim ſtellen, gnaͤdige Fraͤu-<lb/>
lein, ob Sie, da Jhnen von <hirendition="#fr">mir,</hi> als ſeinem<lb/>
Freunde, ſehr bedenkliche Umſtaͤnde mitgetheilet<lb/>
werden, ſich nicht durch Jhre Ehre verbunden<lb/>
achten wollen, dieſelben gaͤnzlich mit Stillſchwei-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">U u 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">gen</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[679/0685]
„than: indem Sie hieraus ſehen werden, wie er
„Jhrer Tugend in einer jeden Zeile, die er ſchreibt,
„Gerechtigkeit widerfahren laſſe. Eben das
„thut er in allen ſeinen Briefen: ob gleich zu
„ſeiner eignen Verdammung. Erlauben Sie
„mir hinzuzuſetzen, daß, wenn die allezeit, auch
„in Jhrem Leiden, liebenswuͤrdige Perſon, es nur
„einigermaßen Jhrer Ehre nicht zuwider achten
„koͤnnte, ſeine Geluͤbde, bey ſeiner aufrichtig reue-
„vollen Gemuͤthsverfaſſung, vor dem Altar an-
„zunehmen, ich im geringſten nicht zweifele, daß
„er ſich gegen Dieſelbe als den beſten und zaͤrtlich-
„ſten Ehegatten beweiſen wuͤrde. Was fuͤr eine
„Verbindlichkeit wuͤrde nicht die vortreffliche
„Fraͤulein hiedurch ſeiner ganzen edlen Familie
„auflegen, welche Sie ſo ſehr bewundert! ja, ich
„will mich unterſtehen es zu ſagen, auch Jhrer
„eignen Familie, wenn der ungluͤckliche Wider-
„willen derſelben, welcher gewiß gegen ihn weiter
„getrieben iſt, als vernuͤnftige Gruͤnde erlauben,
„uͤberwaͤltiget iſt, und eine allgemeine Ausſoͤh-
„nung Platz findet! Denn wer iſt wohl, der dieſe
„beyden bewundernswuͤrdigen Perſonen nicht ein-
„ander geben wuͤrde, wenn ſeine Auffuͤhrung nicht
„im Wegeſtuͤnde?“
Dem ſey aber, wie ihm wolle: ſo moͤchte ich
Jhnen gehorſamſt anheim ſtellen, gnaͤdige Fraͤu-
lein, ob Sie, da Jhnen von mir, als ſeinem
Freunde, ſehr bedenkliche Umſtaͤnde mitgetheilet
werden, ſich nicht durch Jhre Ehre verbunden
achten wollen, dieſelben gaͤnzlich mit Stillſchwei-
gen
U u 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/685>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.