gebe euch! und Gott wolle euch segnen! - - Dieß ist alles. Lassen Sie mich nur eine Zeile dieses Jnhalts, unter Jhrer theuren Hand, auf einem für mich gesegneten Stücklein Papier sehen, damit ich es in meinen schweresten Versuchungen an mein Herz halten möge: ich werde es als einen Freybrief zum Himmel ansehen. Und wo ich mich nicht zu viel unterstehe; und es wir an statt ich heißen könnte, mit Beyfügung Jhrer beyden geehrtesten Namen: so würde ich nichts mehr zu wünschen haben. Alsdann wollte ich sagen: "Großer und barmherziger Gott! Du siehest "hier in diesem Papier dein armes unwürdiges "Geschöpfe von ihren billig zürnenden Eltern los- "gesprochen: O sprich, um meines Erlösers willen, "dein gnädiges Fiat dazu, und nimm eine buß- "fertige Sünderinn in deine gnädige Arme auf!"
Jch kann Sie bey keinem Stücke mütterli- cher Zärtlichkeit beschwören, gnädige Frau, wel- ches nach der Meynung meiner strengen Richter, vor denen diese demüthige Bittschrift erscheinen muß, meine Vorwürfe nicht vermehren würde: daher lassen Sie sich, um Gottes willen, bewegen, mir Segen und Vergebung anzudeuten; weil Sie hiedurch mit Trost erheitern werden die letzten Stunden
Jhrer Clarissa Harlowe.
Der
gebe euch! und Gott wolle euch ſegnen! ‒ ‒ Dieß iſt alles. Laſſen Sie mich nur eine Zeile dieſes Jnhalts, unter Jhrer theuren Hand, auf einem fuͤr mich geſegneten Stuͤcklein Papier ſehen, damit ich es in meinen ſchwereſten Verſuchungen an mein Herz halten moͤge: ich werde es als einen Freybrief zum Himmel anſehen. Und wo ich mich nicht zu viel unterſtehe; und es wir an ſtatt ich heißen koͤnnte, mit Beyfuͤgung Jhrer beyden geehrteſten Namen: ſo wuͤrde ich nichts mehr zu wuͤnſchen haben. Alsdann wollte ich ſagen: „Großer und barmherziger Gott! Du ſieheſt „hier in dieſem Papier dein armes unwuͤrdiges „Geſchoͤpfe von ihren billig zuͤrnenden Eltern los- „geſprochen: O ſprich, um meines Erloͤſers willen, „dein gnaͤdiges Fiat dazu, und nimm eine buß- „fertige Suͤnderinn in deine gnaͤdige Arme auf!“
Jch kann Sie bey keinem Stuͤcke muͤtterli- cher Zaͤrtlichkeit beſchwoͤren, gnaͤdige Frau, wel- ches nach der Meynung meiner ſtrengen Richter, vor denen dieſe demuͤthige Bittſchrift erſcheinen muß, meine Vorwuͤrfe nicht vermehren wuͤrde: daher laſſen Sie ſich, um Gottes willen, bewegen, mir Segen und Vergebung anzudeuten; weil Sie hiedurch mit Troſt erheitern werden die letzten Stunden
Jhrer Clariſſa Harlowe.
Der
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gebe euch! und Gott wolle euch ſegnen! ‒ ‒
Dieß iſt alles. Laſſen Sie mich nur eine Zeile
dieſes Jnhalts, unter Jhrer theuren Hand, auf
einem fuͤr mich geſegneten Stuͤcklein Papier ſehen,
damit ich es in meinen ſchwereſten Verſuchungen
an mein Herz halten moͤge: ich werde es als einen
Freybrief zum Himmel anſehen. Und wo ich mich
nicht zu viel unterſtehe; und es wir an ſtatt ich
heißen koͤnnte, mit Beyfuͤgung Jhrer beyden
geehrteſten Namen: ſo wuͤrde ich nichts mehr zu
wuͤnſchen haben. Alsdann wollte ich ſagen:
„Großer und barmherziger Gott! Du ſieheſt
„hier in dieſem Papier dein armes unwuͤrdiges
„Geſchoͤpfe von ihren billig zuͤrnenden Eltern los-
„geſprochen: O ſprich, um meines Erloͤſers willen,
„dein gnaͤdiges Fiat dazu, und nimm eine buß-
„fertige Suͤnderinn in deine gnaͤdige Arme auf!“
Jch kann Sie bey keinem Stuͤcke muͤtterli-
cher Zaͤrtlichkeit beſchwoͤren, gnaͤdige Frau, wel-
ches nach der Meynung meiner ſtrengen Richter,
vor denen dieſe demuͤthige Bittſchrift erſcheinen
muß, meine Vorwuͤrfe nicht vermehren wuͤrde:
daher laſſen Sie ſich, um Gottes willen, bewegen,
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Clariſſa Harlowe.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 698. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/704>, abgerufen am 22.11.2024.
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