angelegen seyn lassen wollte, Sie davon frey zu machen.
Unter andern harten Dingen, versetzte sie, meine parteyische Affenliebe gegen Sie machte, daß ich die Ehre der Uebrigen von der Familie wenig bedächte. Wo ich dieß aber nicht von Jhnen selbst gehöret hätte: so vermuthete Sie, ich wäre von der Fräulein Howe angestiftet.
Sie erklärte sich mit vieler Bitterkeit gegen diese Fräulein: welche, wie es scheint, allenthal- ben und gegen jedermann; denn Sie müssen ge- denken, daß Jhre Geschichte in allen Gesellschaf- ten den Stoff zur Unterredung hergiebet; wider Jhre Familie losziehet, und dieselbe, wie Jhre Schwester sagt, verächtlich, ja gar lächerlich machet.
Mir ist es aus einem gedoppelten Grunde nicht lieb, daß solche Freyheiten, die von einem Zorn zeugen, gebraucht werden. Einmal thun dergleichen Freyheiten niemals gut. Jch habe von Jhnen selbst das Geständniß gehöret, daß Fräulein Howe zur Satyre sehr aufgeleget sey: allein ich sollte hoffen, eine junge Fräulein von Jhrer Einsicht und rechtschaffener Gemüthsart, müßte wissen, daß der Endzweck der Satyre nicht sey, zu erbittern, sondern, zu bessern, und daß sie daher niemals auf Persönlichkeiten hinauslaufen müsse. Geschieht das letzte: so kann es bey ei- ner unparteyischen Person, wie mein frommer Vater zu sagen pflegte, den Verdacht erwecken, daß derjenige, der die Satyre braucht, eine na-
türliche
angelegen ſeyn laſſen wollte, Sie davon frey zu machen.
Unter andern harten Dingen, verſetzte ſie, meine parteyiſche Affenliebe gegen Sie machte, daß ich die Ehre der Uebrigen von der Familie wenig bedaͤchte. Wo ich dieß aber nicht von Jhnen ſelbſt gehoͤret haͤtte: ſo vermuthete Sie, ich waͤre von der Fraͤulein Howe angeſtiftet.
Sie erklaͤrte ſich mit vieler Bitterkeit gegen dieſe Fraͤulein: welche, wie es ſcheint, allenthal- ben und gegen jedermann; denn Sie muͤſſen ge- denken, daß Jhre Geſchichte in allen Geſellſchaf- ten den Stoff zur Unterredung hergiebet; wider Jhre Familie losziehet, und dieſelbe, wie Jhre Schweſter ſagt, veraͤchtlich, ja gar laͤcherlich machet.
Mir iſt es aus einem gedoppelten Grunde nicht lieb, daß ſolche Freyheiten, die von einem Zorn zeugen, gebraucht werden. Einmal thun dergleichen Freyheiten niemals gut. Jch habe von Jhnen ſelbſt das Geſtaͤndniß gehoͤret, daß Fraͤulein Howe zur Satyre ſehr aufgeleget ſey: allein ich ſollte hoffen, eine junge Fraͤulein von Jhrer Einſicht und rechtſchaffener Gemuͤthsart, muͤßte wiſſen, daß der Endzweck der Satyre nicht ſey, zu erbittern, ſondern, zu beſſern, und daß ſie daher niemals auf Perſoͤnlichkeiten hinauslaufen muͤſſe. Geſchieht das letzte: ſo kann es bey ei- ner unparteyiſchen Perſon, wie mein frommer Vater zu ſagen pflegte, den Verdacht erwecken, daß derjenige, der die Satyre braucht, eine na-
tuͤrliche
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angelegen ſeyn laſſen wollte, Sie davon frey zu
machen.
Unter andern harten Dingen, verſetzte ſie,
meine parteyiſche Affenliebe gegen Sie machte,
daß ich die Ehre der Uebrigen von der Familie
wenig bedaͤchte. Wo ich dieß aber nicht von
Jhnen ſelbſt gehoͤret haͤtte: ſo vermuthete Sie,
ich waͤre von der Fraͤulein Howe angeſtiftet.
Sie erklaͤrte ſich mit vieler Bitterkeit gegen
dieſe Fraͤulein: welche, wie es ſcheint, allenthal-
ben und gegen jedermann; denn Sie muͤſſen ge-
denken, daß Jhre Geſchichte in allen Geſellſchaf-
ten den Stoff zur Unterredung hergiebet; wider
Jhre Familie losziehet, und dieſelbe, wie Jhre
Schweſter ſagt, veraͤchtlich, ja gar laͤcherlich
machet.
Mir iſt es aus einem gedoppelten Grunde
nicht lieb, daß ſolche Freyheiten, die von einem
Zorn zeugen, gebraucht werden. Einmal thun
dergleichen Freyheiten niemals gut. Jch habe
von Jhnen ſelbſt das Geſtaͤndniß gehoͤret, daß
Fraͤulein Howe zur Satyre ſehr aufgeleget ſey:
allein ich ſollte hoffen, eine junge Fraͤulein von
Jhrer Einſicht und rechtſchaffener Gemuͤthsart,
muͤßte wiſſen, daß der Endzweck der Satyre nicht
ſey, zu erbittern, ſondern, zu beſſern, und daß ſie
daher niemals auf Perſoͤnlichkeiten hinauslaufen
muͤſſe. Geſchieht das letzte: ſo kann es bey ei-
ner unparteyiſchen Perſon, wie mein frommer
Vater zu ſagen pflegte, den Verdacht erwecken,
daß derjenige, der die Satyre braucht, eine na-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/74>, abgerufen am 16.02.2025.
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