Der hundert und neunte Brief von Hrn. Joh. Harlowe an Frl. Clar. Harlowe. Zur Antwort auf ihr Schreiben an ihre Mutter, welches hier der C. Brief ist.
Undankbare, boshaftige Base.
Da Jhre Mutter weder Lust noch Erlaubniß hat, an Sie zu schreiben: so bin ich ersucht worden, die Feder anzusetzen; ob ich mich gleich entschlossen hatte, es nicht zu thun.
Daher muß ich Jhnen melden, daß Jhre Briefe, nebst der Veranlassung derselben, uns allen beynahe das Herz brechen.
Wären wir versichert, daß Sie Jhre Thor- heit erkannt hätten, sie wirklich und aufrichtig bereueten, und sich so sehr übel befänden, als Sie angeben: so weiß ich nicht, was zu Jhrem Vor- theil geschehen möchte. Aber wir kennen alle Jhre Weise, Mitleiden zu erregen: wenn Sie etwas erhalten wollen.
Unglückliches Mägdchen! in welchen elenden Zustand haben Sie uns alle versetzet. Wir, die mit so vielem Vergnügen einander zu besuchen gewohnt waren, können itzo einander nicht mit Gelassenheit ansehen.
Hätten
Der hundert und neunte Brief von Hrn. Joh. Harlowe an Frl. Clar. Harlowe. Zur Antwort auf ihr Schreiben an ihre Mutter, welches hier der C. Brief iſt.
Undankbare, boshaftige Baſe.
Da Jhre Mutter weder Luſt noch Erlaubniß hat, an Sie zu ſchreiben: ſo bin ich erſucht worden, die Feder anzuſetzen; ob ich mich gleich entſchloſſen hatte, es nicht zu thun.
Daher muß ich Jhnen melden, daß Jhre Briefe, nebſt der Veranlaſſung derſelben, uns allen beynahe das Herz brechen.
Waͤren wir verſichert, daß Sie Jhre Thor- heit erkannt haͤtten, ſie wirklich und aufrichtig bereueten, und ſich ſo ſehr uͤbel befaͤnden, als Sie angeben: ſo weiß ich nicht, was zu Jhrem Vor- theil geſchehen moͤchte. Aber wir kennen alle Jhre Weiſe, Mitleiden zu erregen: wenn Sie etwas erhalten wollen.
Ungluͤckliches Maͤgdchen! in welchen elenden Zuſtand haben Sie uns alle verſetzet. Wir, die mit ſo vielem Vergnuͤgen einander zu beſuchen gewohnt waren, koͤnnen itzo einander nicht mit Gelaſſenheit anſehen.
Haͤtten
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Der hundert und neunte Brief
von
Hrn. Joh. Harlowe an Frl. Clar. Harlowe.
Zur Antwort auf ihr Schreiben
an ihre Mutter,
welches hier der C. Brief iſt.
Undankbare, boshaftige Baſe.
Da Jhre Mutter weder Luſt noch Erlaubniß
hat, an Sie zu ſchreiben: ſo bin ich erſucht
worden, die Feder anzuſetzen; ob ich mich gleich
entſchloſſen hatte, es nicht zu thun.
Daher muß ich Jhnen melden, daß Jhre
Briefe, nebſt der Veranlaſſung derſelben, uns
allen beynahe das Herz brechen.
Waͤren wir verſichert, daß Sie Jhre Thor-
heit erkannt haͤtten, ſie wirklich und aufrichtig
bereueten, und ſich ſo ſehr uͤbel befaͤnden, als Sie
angeben: ſo weiß ich nicht, was zu Jhrem Vor-
theil geſchehen moͤchte. Aber wir kennen alle
Jhre Weiſe, Mitleiden zu erregen: wenn Sie
etwas erhalten wollen.
Ungluͤckliches Maͤgdchen! in welchen elenden
Zuſtand haben Sie uns alle verſetzet. Wir, die
mit ſo vielem Vergnuͤgen einander zu beſuchen
gewohnt waren, koͤnnen itzo einander nicht mit
Gelaſſenheit anſehen.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 735. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/741>, abgerufen am 22.11.2024.
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