brechen, kein freyes Leben, wobey ich Tisch und Bette mit jemand gemein gehabt hätte, wie Sie es ausdrücken, vorzuwerfen habe!
Warum, warum, mein Herr, sind keine an- dere Fragen eben so wohl, als diese anstößige Er- kundigung, an mich gethan? - - Fragen, welche die Sittsamkeit einer Mutter oder einer Schwe- ster zu thun erlaubt haben würde, und die auch, wenn es mir zu sagen vergönnet ist, sich für On- kels, wenn es ja der Mutter verboten oder die Schwester nicht geneigt gewesen wäre, sie zu thun, besser geschickt und von mehrerer Liebe gezeuget hätten, als diese, welche sie gethan haben.
Ob nun gleich mein demüthiges Gesuch mir so viele harte Vorwürfe zuwege gebracht hat: so reuet es mich doch nicht, daß ich an meine Mut- ter geschrieben habe; wenn ich schon nicht anders als wünschen kann, daß ich an meine Schwester nicht geschrieben hätte; weil ich dadurch einer Schuldigkeit, der ich mir als einer Pflicht bewußt bin, Genüge gethan, ungeachtet der Erfolg mei- nen Wünschen so wenig gemäß gewesen ist. Nichts desto weniger kann ich mich nicht entbre- chen, mein Schicksal in der That hart zu nennen, weil ich wegen meines Hauptfehlers nicht anders, als in solchen Ausdrücken, um Verzeihung bitten kann, welche die Beleidigung selbst vergrößern werden.
Allein ich würde am besten thun, wenn ich abbräche: damit ich nicht, weil mein Herz, das
zu
brechen, kein freyes Leben, wobey ich Tiſch und Bette mit jemand gemein gehabt haͤtte, wie Sie es ausdruͤcken, vorzuwerfen habe!
Warum, warum, mein Herr, ſind keine an- dere Fragen eben ſo wohl, als dieſe anſtoͤßige Er- kundigung, an mich gethan? ‒ ‒ Fragen, welche die Sittſamkeit einer Mutter oder einer Schwe- ſter zu thun erlaubt haben wuͤrde, und die auch, wenn es mir zu ſagen vergoͤnnet iſt, ſich fuͤr On- kels, wenn es ja der Mutter verboten oder die Schweſter nicht geneigt geweſen waͤre, ſie zu thun, beſſer geſchickt und von mehrerer Liebe gezeuget haͤtten, als dieſe, welche ſie gethan haben.
Ob nun gleich mein demuͤthiges Geſuch mir ſo viele harte Vorwuͤrfe zuwege gebracht hat: ſo reuet es mich doch nicht, daß ich an meine Mut- ter geſchrieben habe; wenn ich ſchon nicht anders als wuͤnſchen kann, daß ich an meine Schweſter nicht geſchrieben haͤtte; weil ich dadurch einer Schuldigkeit, der ich mir als einer Pflicht bewußt bin, Genuͤge gethan, ungeachtet der Erfolg mei- nen Wuͤnſchen ſo wenig gemaͤß geweſen iſt. Nichts deſto weniger kann ich mich nicht entbre- chen, mein Schickſal in der That hart zu nennen, weil ich wegen meines Hauptfehlers nicht anders, als in ſolchen Ausdruͤcken, um Verzeihung bitten kann, welche die Beleidigung ſelbſt vergroͤßern werden.
Allein ich wuͤrde am beſten thun, wenn ich abbraͤche: damit ich nicht, weil mein Herz, das
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brechen, kein freyes Leben, wobey ich Tiſch und
Bette mit jemand gemein gehabt haͤtte, wie Sie
es ausdruͤcken, vorzuwerfen habe!
Warum, warum, mein Herr, ſind keine an-
dere Fragen eben ſo wohl, als dieſe anſtoͤßige Er-
kundigung, an mich gethan? ‒ ‒ Fragen, welche
die Sittſamkeit einer Mutter oder einer Schwe-
ſter zu thun erlaubt haben wuͤrde, und die auch,
wenn es mir zu ſagen vergoͤnnet iſt, ſich fuͤr On-
kels, wenn es ja der Mutter verboten oder die
Schweſter nicht geneigt geweſen waͤre, ſie zu
thun, beſſer geſchickt und von mehrerer Liebe
gezeuget haͤtten, als dieſe, welche ſie gethan
haben.
Ob nun gleich mein demuͤthiges Geſuch mir
ſo viele harte Vorwuͤrfe zuwege gebracht hat:
ſo reuet es mich doch nicht, daß ich an meine Mut-
ter geſchrieben habe; wenn ich ſchon nicht anders
als wuͤnſchen kann, daß ich an meine Schweſter
nicht geſchrieben haͤtte; weil ich dadurch einer
Schuldigkeit, der ich mir als einer Pflicht bewußt
bin, Genuͤge gethan, ungeachtet der Erfolg mei-
nen Wuͤnſchen ſo wenig gemaͤß geweſen iſt.
Nichts deſto weniger kann ich mich nicht entbre-
chen, mein Schickſal in der That hart zu nennen,
weil ich wegen meines Hauptfehlers nicht anders,
als in ſolchen Ausdruͤcken, um Verzeihung bitten
kann, welche die Beleidigung ſelbſt vergroͤßern
werden.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 752. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/758>, abgerufen am 22.11.2024.
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