Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



würdigen Kerls mit ihrem Vorschreiben zuge-
ben wollen. Ja, der Lord M. ist selbst der Mey-
nung, daß sie mir billig einen Besuch erlauben
sollte. Seine Meynung gielt viel bey mir - -
wenn sie mit der meinigen übereintrifft. Jch habe
ihn und meine beyden Basen versichert, daß ich
mich so anständig und ehrerbietig bezeigen will,
als sich nur ein Mensch gegen diejenige Person
bezeigen kann, gegen welche er die größte Ehr-
furcht heget. Das will ich auch wirklich thun.
Davon sollst du selbst ein Zeuge seyn, wo du
nicht für gut befindest, unterdessen zu Belton zu
gehen.

Der Obrist Morden, wie du von mir gehört
hast, ist ein Mann, der auf Ehre und Muth
hält: - - aber der Obrist Morden hat eben so
wohl seine Mägdchen gehabt, als ihr und ich.
Und, die Wahrheit zu sagen, wer hat wohl keines
gehabt, es sey nun öffentlich oder heimlich? Der
Teufel braucht allemal ein artiges Mägdchen zur
Lockspeise, wenn er seinen Hamen nach einer
Mannsperson auswirft: er sey von welchem Al-
ter, Range oder Stande er wolle.

Jch habe meine Geliebte oft von dem Obri-
sten mit vorzüglicher Hochachtung sprechen gehört.
Jch wünschte, daß er, um Jhres Gemüths wil-
len, die Sachen zwischen ihren übrigen unver-
söhnlichen Freunden und ihr ein wenig erträgli-
cher machen könnte.

Mich deucht, ich bin um den armen Belton
bekümmert. Allein es kann niemand krank oder

nieder-
D d d 4



wuͤrdigen Kerls mit ihrem Vorſchreiben zuge-
ben wollen. Ja, der Lord M. iſt ſelbſt der Mey-
nung, daß ſie mir billig einen Beſuch erlauben
ſollte. Seine Meynung gielt viel bey mir ‒ ‒
wenn ſie mit der meinigen uͤbereintrifft. Jch habe
ihn und meine beyden Baſen verſichert, daß ich
mich ſo anſtaͤndig und ehrerbietig bezeigen will,
als ſich nur ein Menſch gegen diejenige Perſon
bezeigen kann, gegen welche er die groͤßte Ehr-
furcht heget. Das will ich auch wirklich thun.
Davon ſollſt du ſelbſt ein Zeuge ſeyn, wo du
nicht fuͤr gut befindeſt, unterdeſſen zu Belton zu
gehen.

Der Obriſt Morden, wie du von mir gehoͤrt
haſt, iſt ein Mann, der auf Ehre und Muth
haͤlt: ‒ ‒ aber der Obriſt Morden hat eben ſo
wohl ſeine Maͤgdchen gehabt, als ihr und ich.
Und, die Wahrheit zu ſagen, wer hat wohl keines
gehabt, es ſey nun oͤffentlich oder heimlich? Der
Teufel braucht allemal ein artiges Maͤgdchen zur
Lockſpeiſe, wenn er ſeinen Hamen nach einer
Mannsperſon auswirft: er ſey von welchem Al-
ter, Range oder Stande er wolle.

Jch habe meine Geliebte oft von dem Obri-
ſten mit vorzuͤglicher Hochachtung ſprechen gehoͤrt.
Jch wuͤnſchte, daß er, um Jhres Gemuͤths wil-
len, die Sachen zwiſchen ihren uͤbrigen unver-
ſoͤhnlichen Freunden und ihr ein wenig ertraͤgli-
cher machen koͤnnte.

Mich deucht, ich bin um den armen Belton
bekuͤmmert. Allein es kann niemand krank oder

nieder-
D d d 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0797" n="791"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
wu&#x0364;rdigen Kerls mit ihrem <hi rendition="#fr">Vor&#x017F;chreiben</hi> zuge-<lb/>
ben wollen. Ja, der Lord M. i&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t der Mey-<lb/>
nung, daß &#x017F;ie mir billig einen Be&#x017F;uch erlauben<lb/>
&#x017F;ollte. Seine Meynung gielt viel bey mir &#x2012; &#x2012;<lb/>
wenn &#x017F;ie mit der meinigen u&#x0364;bereintrifft. Jch habe<lb/>
ihn und meine beyden Ba&#x017F;en ver&#x017F;ichert, daß ich<lb/>
mich &#x017F;o an&#x017F;ta&#x0364;ndig und ehrerbietig bezeigen will,<lb/>
als &#x017F;ich nur ein Men&#x017F;ch gegen diejenige Per&#x017F;on<lb/>
bezeigen kann, gegen welche er die <hi rendition="#fr">gro&#x0364;ßte</hi> Ehr-<lb/>
furcht heget. Das will ich auch wirklich thun.<lb/>
Davon &#x017F;oll&#x017F;t du &#x017F;elb&#x017F;t ein Zeuge &#x017F;eyn, wo du<lb/>
nicht fu&#x0364;r gut befinde&#x017F;t, unterde&#x017F;&#x017F;en zu Belton zu<lb/>
gehen.</p><lb/>
          <p>Der Obri&#x017F;t Morden, wie du von mir geho&#x0364;rt<lb/>
ha&#x017F;t, i&#x017F;t ein Mann, der auf Ehre und Muth<lb/>
ha&#x0364;lt: &#x2012; &#x2012; aber der Obri&#x017F;t Morden hat eben &#x017F;o<lb/>
wohl &#x017F;eine Ma&#x0364;gdchen gehabt, als ihr und ich.<lb/>
Und, die Wahrheit zu &#x017F;agen, wer hat wohl keines<lb/>
gehabt, es &#x017F;ey nun o&#x0364;ffentlich oder heimlich? Der<lb/>
Teufel braucht allemal ein artiges Ma&#x0364;gdchen zur<lb/>
Lock&#x017F;pei&#x017F;e, wenn er &#x017F;einen Hamen nach einer<lb/>
Mannsper&#x017F;on auswirft: er &#x017F;ey von welchem Al-<lb/>
ter, Range oder Stande er wolle.</p><lb/>
          <p>Jch habe meine Geliebte oft von dem Obri-<lb/>
&#x017F;ten mit vorzu&#x0364;glicher Hochachtung &#x017F;prechen geho&#x0364;rt.<lb/>
Jch wu&#x0364;n&#x017F;chte, daß er, um Jhres Gemu&#x0364;ths wil-<lb/>
len, die Sachen zwi&#x017F;chen ihren u&#x0364;brigen unver-<lb/>
&#x017F;o&#x0364;hnlichen Freunden und ihr ein wenig ertra&#x0364;gli-<lb/>
cher machen ko&#x0364;nnte.</p><lb/>
          <p>Mich deucht, ich bin um den armen Belton<lb/>
beku&#x0364;mmert. Allein es kann niemand krank oder<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d d 4</fw><fw place="bottom" type="catch">nieder-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[791/0797] wuͤrdigen Kerls mit ihrem Vorſchreiben zuge- ben wollen. Ja, der Lord M. iſt ſelbſt der Mey- nung, daß ſie mir billig einen Beſuch erlauben ſollte. Seine Meynung gielt viel bey mir ‒ ‒ wenn ſie mit der meinigen uͤbereintrifft. Jch habe ihn und meine beyden Baſen verſichert, daß ich mich ſo anſtaͤndig und ehrerbietig bezeigen will, als ſich nur ein Menſch gegen diejenige Perſon bezeigen kann, gegen welche er die groͤßte Ehr- furcht heget. Das will ich auch wirklich thun. Davon ſollſt du ſelbſt ein Zeuge ſeyn, wo du nicht fuͤr gut befindeſt, unterdeſſen zu Belton zu gehen. Der Obriſt Morden, wie du von mir gehoͤrt haſt, iſt ein Mann, der auf Ehre und Muth haͤlt: ‒ ‒ aber der Obriſt Morden hat eben ſo wohl ſeine Maͤgdchen gehabt, als ihr und ich. Und, die Wahrheit zu ſagen, wer hat wohl keines gehabt, es ſey nun oͤffentlich oder heimlich? Der Teufel braucht allemal ein artiges Maͤgdchen zur Lockſpeiſe, wenn er ſeinen Hamen nach einer Mannsperſon auswirft: er ſey von welchem Al- ter, Range oder Stande er wolle. Jch habe meine Geliebte oft von dem Obri- ſten mit vorzuͤglicher Hochachtung ſprechen gehoͤrt. Jch wuͤnſchte, daß er, um Jhres Gemuͤths wil- len, die Sachen zwiſchen ihren uͤbrigen unver- ſoͤhnlichen Freunden und ihr ein wenig ertraͤgli- cher machen koͤnnte. Mich deucht, ich bin um den armen Belton bekuͤmmert. Allein es kann niemand krank oder nieder- D d d 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/797
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 791. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/797>, abgerufen am 22.11.2024.