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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

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niedergeschlagen seyn, ohne daß du dein Eulenge-
schrey erhebest und ihn alsobald tödtest. Keiner,
als nur ein Kerl, der geschickt ist, bey der verlohr-
nen Schildwache des Todes einen Trommelschlä-
ger abzugeben, könnte so viel Vergnügen finden,
als du findest, einen Todtenmarsch mit deinen
Gänsekielen zu schlagen.

Jch werde dich im Ernst wegen der Auszü-
ge, die du der Fräulein aus meinen Briefen ge-
geben hast, zur Rechenschaft sordern, so bald ich
dich sehe; ungeachtet dessen, was ich in meinem
letzten Briefe schrieb: sonderlich, wo sie dabey
bleibet, meine Hand auszuschlagen. Wohl hun-
dert male habe ich erfahren, daß ein Frauenzim-
mer nein gesaget, und sich zuletzt doch gefällig be-
wiesen hat: aber durch diese Auszüge, ist mir
bange, hast du gemacht, daß sie die Thür ihres
Herzens vor mir verriegelt hat, wie sie sonst ihre
Kammerthür zu verriegeln pflegte. - - Dieß ist
daher eine Treulosigkeit, welche die Freundschaft
nicht leiden, und meine Ehre mir nicht zu
verzeihen erlauben kann.



Der



niedergeſchlagen ſeyn, ohne daß du dein Eulenge-
ſchrey erhebeſt und ihn alſobald toͤdteſt. Keiner,
als nur ein Kerl, der geſchickt iſt, bey der verlohr-
nen Schildwache des Todes einen Trommelſchlaͤ-
ger abzugeben, koͤnnte ſo viel Vergnuͤgen finden,
als du findeſt, einen Todtenmarſch mit deinen
Gaͤnſekielen zu ſchlagen.

Jch werde dich im Ernſt wegen der Auszuͤ-
ge, die du der Fraͤulein aus meinen Briefen ge-
geben haſt, zur Rechenſchaft ſordern, ſo bald ich
dich ſehe; ungeachtet deſſen, was ich in meinem
letzten Briefe ſchrieb: ſonderlich, wo ſie dabey
bleibet, meine Hand auszuſchlagen. Wohl hun-
dert male habe ich erfahren, daß ein Frauenzim-
mer nein geſaget, und ſich zuletzt doch gefaͤllig be-
wieſen hat: aber durch dieſe Auszuͤge, iſt mir
bange, haſt du gemacht, daß ſie die Thuͤr ihres
Herzens vor mir verriegelt hat, wie ſie ſonſt ihre
Kammerthuͤr zu verriegeln pflegte. ‒ ‒ Dieß iſt
daher eine Treuloſigkeit, welche die Freundſchaft
nicht leiden, und meine Ehre mir nicht zu
verzeihen erlauben kann.



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[792/0798] niedergeſchlagen ſeyn, ohne daß du dein Eulenge- ſchrey erhebeſt und ihn alſobald toͤdteſt. Keiner, als nur ein Kerl, der geſchickt iſt, bey der verlohr- nen Schildwache des Todes einen Trommelſchlaͤ- ger abzugeben, koͤnnte ſo viel Vergnuͤgen finden, als du findeſt, einen Todtenmarſch mit deinen Gaͤnſekielen zu ſchlagen. Jch werde dich im Ernſt wegen der Auszuͤ- ge, die du der Fraͤulein aus meinen Briefen ge- geben haſt, zur Rechenſchaft ſordern, ſo bald ich dich ſehe; ungeachtet deſſen, was ich in meinem letzten Briefe ſchrieb: ſonderlich, wo ſie dabey bleibet, meine Hand auszuſchlagen. Wohl hun- dert male habe ich erfahren, daß ein Frauenzim- mer nein geſaget, und ſich zuletzt doch gefaͤllig be- wieſen hat: aber durch dieſe Auszuͤge, iſt mir bange, haſt du gemacht, daß ſie die Thuͤr ihres Herzens vor mir verriegelt hat, wie ſie ſonſt ihre Kammerthuͤr zu verriegeln pflegte. ‒ ‒ Dieß iſt daher eine Treuloſigkeit, welche die Freundſchaft nicht leiden, und meine Ehre mir nicht zu verzeihen erlauben kann. Der

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 792. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/798>, abgerufen am 22.11.2024.