ernstlich mir verboten sey, Briefe mit Jhnen zu wechseln, Sie doch einen Brief an mich in unser Haus haben schicken können: indem unter funf- zigen kaum einer seyn muß, der nicht meiner Mutter in die Hände fallen sollte; wie Sie bey diesem befinden.]
Kurz, sie bezeigte sich unwillig, daß ich ihr ungehorsam seyn sollte: und ich war eben so em- pfindlich, daß sie mir meine Briefe erbrechen und vorenthalten möchte. Endlich gefiel es ihr doch, sich mit mir zu vergleichen, daß sie mir den Brief hergeben, und mir ein oder zweymal an Sie zu schreiben erlauben, aber den Jnhalt mei- ner Briefe selbst sehen wollte. Denn außer der Achtung, welche sie für Sie heget, mußte sie noth- wendig sehr neubegierig seyn, die Gelegenheit zu so betrübten Umständen, als Jhnen nach dem niedergeschlagenen Gemüthe, das Jhr Brief verräth, zu Theil geworden seyn müssen, zu er- fahren.
Jch werde sie aber bereden, sich damit be- gnügen zu lassen, daß ich ihr vorlese, was ich schreibe: und was ich ihr nicht vorzulesen wil- lens bin, will ich, so [ ], in Häckchen ein- schließen.]
Muß ich Sie, Fr. Cl. Harlowe, an drey Brie- fe noch erst erinnern, die ich an Sie geschrieben, ohne, auf irgend einen, Antwort zu bekommen; ausgenommen den ersten, und das nur in we- nigen Zeilen, mit dem Versprechen, weitläuftiger zu schreiben: ob Sie sich gleich den Tag her-
nach,
ernſtlich mir verboten ſey, Briefe mit Jhnen zu wechſeln, Sie doch einen Brief an mich in unſer Haus haben ſchicken koͤnnen: indem unter funf- zigen kaum einer ſeyn muß, der nicht meiner Mutter in die Haͤnde fallen ſollte; wie Sie bey dieſem befinden.]
Kurz, ſie bezeigte ſich unwillig, daß ich ihr ungehorſam ſeyn ſollte: und ich war eben ſo em- pfindlich, daß ſie mir meine Briefe erbrechen und vorenthalten moͤchte. Endlich gefiel es ihr doch, ſich mit mir zu vergleichen, daß ſie mir den Brief hergeben, und mir ein oder zweymal an Sie zu ſchreiben erlauben, aber den Jnhalt mei- ner Briefe ſelbſt ſehen wollte. Denn außer der Achtung, welche ſie fuͤr Sie heget, mußte ſie noth- wendig ſehr neubegierig ſeyn, die Gelegenheit zu ſo betruͤbten Umſtaͤnden, als Jhnen nach dem niedergeſchlagenen Gemuͤthe, das Jhr Brief verraͤth, zu Theil geworden ſeyn muͤſſen, zu er- fahren.
Jch werde ſie aber bereden, ſich damit be- gnuͤgen zu laſſen, daß ich ihr vorleſe, was ich ſchreibe: und was ich ihr nicht vorzuleſen wil- lens bin, will ich, ſo [ ], in Haͤckchen ein- ſchließen.]
Muß ich Sie, Fr. Cl. Harlowe, an drey Brie- fe noch erſt erinnern, die ich an Sie geſchrieben, ohne, auf irgend einen, Antwort zu bekommen; ausgenommen den erſten, und das nur in we- nigen Zeilen, mit dem Verſprechen, weitlaͤuftiger zu ſchreiben: ob Sie ſich gleich den Tag her-
nach,
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ernſtlich mir verboten ſey, Briefe mit Jhnen zu
wechſeln, Sie doch einen Brief an mich in unſer
Haus haben ſchicken koͤnnen: indem unter funf-
zigen kaum einer ſeyn muß, der nicht meiner
Mutter in die Haͤnde fallen ſollte; wie Sie bey
dieſem befinden.]
Kurz, ſie bezeigte ſich unwillig, daß ich ihr
ungehorſam ſeyn ſollte: und ich war eben ſo em-
pfindlich, daß ſie mir meine Briefe erbrechen
und vorenthalten moͤchte. Endlich gefiel es ihr
doch, ſich mit mir zu vergleichen, daß ſie mir den
Brief hergeben, und mir ein oder zweymal an
Sie zu ſchreiben erlauben, aber den Jnhalt mei-
ner Briefe ſelbſt ſehen wollte. Denn außer der
Achtung, welche ſie fuͤr Sie heget, mußte ſie noth-
wendig ſehr neubegierig ſeyn, die Gelegenheit zu
ſo betruͤbten Umſtaͤnden, als Jhnen nach dem
niedergeſchlagenen Gemuͤthe, das Jhr Brief
verraͤth, zu Theil geworden ſeyn muͤſſen, zu er-
fahren.
Jch werde ſie aber bereden, ſich damit be-
gnuͤgen zu laſſen, daß ich ihr vorleſe, was ich
ſchreibe: und was ich ihr nicht vorzuleſen wil-
lens bin, will ich, ſo [ ], in Haͤckchen ein-
ſchließen.]
Muß ich Sie, Fr. Cl. Harlowe, an drey Brie-
fe noch erſt erinnern, die ich an Sie geſchrieben,
ohne, auf irgend einen, Antwort zu bekommen;
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nigen Zeilen, mit dem Verſprechen, weitlaͤuftiger
zu ſchreiben: ob Sie ſich gleich den Tag her-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/85>, abgerufen am 24.11.2024.
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