Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



worinn ich mich in Ansehung meiner Gesundheit
befinde, keine Einwendungen herzunehmen wären;
setzen Sie auch, daß ich mich selbst hätte über-
winden können, gegen diesen Menschen vor Ge-
richt zu erscheinen; war denn aber nicht Raum,
zu befürchten, daß die Absicht, welche von meinen
Freunden so sehr gewünschet wird, seine verdiente
Strafe, nicht erhalten seyn würde, wenn es an den
Tag gekommen wäre, daß ich ihm eine heimliche
Zusammenkunft verstattet hätte, und dieser zu
Folge durch meine eigne Schwachheit berückt und
mir selbst geraubet wäre, auch ferner nicht im
Stande gewesen, zu vermeiden, daß ich nicht ver-
schiedne Wochen unter einem Tache mit ihm leb-
te; welches ich nicht allein ohne Klage, sondern
auch ohne Ursache zu klagen that.

Vor einem Gerichte, das vielleicht durch
Zusammenrottung umgetrieben und verruchter
Weise zu einem Spiel gemacht wäre, würden ei-
nige von denen Vorstellungen zu meinem Behuf,
die außer Gerichte und vor einer besondern
und ernsthaften Versammlung das größte Ge-
wicht gehabt haben würden, wenig zu statten ge-
kommen seyn: - - als, ins besondere, die schänd-
lichen Wege, seine Absichten zu erreichen, zu wel-
chen er seine Zuflucht genommen hat.

Es würde sonder Zweifel eines jeden Mund
fertig und bereit gewesen seyn, den Gegenvorwurf
zu machen, daß ich mich einem solchen Menschen
nicht in seine Gewalt hätte geben sollen, und daß

ich
G 3



worinn ich mich in Anſehung meiner Geſundheit
befinde, keine Einwendungen herzunehmen waͤren;
ſetzen Sie auch, daß ich mich ſelbſt haͤtte uͤber-
winden koͤnnen, gegen dieſen Menſchen vor Ge-
richt zu erſcheinen; war denn aber nicht Raum,
zu befuͤrchten, daß die Abſicht, welche von meinen
Freunden ſo ſehr gewuͤnſchet wird, ſeine verdiente
Strafe, nicht erhalten ſeyn wuͤrde, wenn es an den
Tag gekommen waͤre, daß ich ihm eine heimliche
Zuſammenkunft verſtattet haͤtte, und dieſer zu
Folge durch meine eigne Schwachheit beruͤckt und
mir ſelbſt geraubet waͤre, auch ferner nicht im
Stande geweſen, zu vermeiden, daß ich nicht ver-
ſchiedne Wochen unter einem Tache mit ihm leb-
te; welches ich nicht allein ohne Klage, ſondern
auch ohne Urſache zu klagen that.

Vor einem Gerichte, das vielleicht durch
Zuſammenrottung umgetrieben und verruchter
Weiſe zu einem Spiel gemacht waͤre, wuͤrden ei-
nige von denen Vorſtellungen zu meinem Behuf,
die außer Gerichte und vor einer beſondern
und ernſthaften Verſammlung das groͤßte Ge-
wicht gehabt haben wuͤrden, wenig zu ſtatten ge-
kommen ſeyn: ‒ ‒ als, ins beſondere, die ſchaͤnd-
lichen Wege, ſeine Abſichten zu erreichen, zu wel-
chen er ſeine Zuflucht genommen hat.

Es wuͤrde ſonder Zweifel eines jeden Mund
fertig und bereit geweſen ſeyn, den Gegenvorwurf
zu machen, daß ich mich einem ſolchen Menſchen
nicht in ſeine Gewalt haͤtte geben ſollen, und daß

ich
G 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0107" n="101"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
worinn ich mich in An&#x017F;ehung meiner Ge&#x017F;undheit<lb/>
befinde, keine Einwendungen herzunehmen wa&#x0364;ren;<lb/>
&#x017F;etzen Sie auch, daß ich mich &#x017F;elb&#x017F;t ha&#x0364;tte u&#x0364;ber-<lb/>
winden ko&#x0364;nnen, gegen die&#x017F;en Men&#x017F;chen vor Ge-<lb/>
richt zu er&#x017F;cheinen; war denn aber nicht Raum,<lb/>
zu befu&#x0364;rchten, daß die Ab&#x017F;icht, welche von meinen<lb/>
Freunden &#x017F;o &#x017F;ehr gewu&#x0364;n&#x017F;chet wird, &#x017F;eine verdiente<lb/>
Strafe, nicht erhalten &#x017F;eyn wu&#x0364;rde, wenn es an den<lb/>
Tag gekommen wa&#x0364;re, daß ich ihm eine heimliche<lb/>
Zu&#x017F;ammenkunft ver&#x017F;tattet ha&#x0364;tte, und die&#x017F;er zu<lb/>
Folge durch meine eigne Schwachheit beru&#x0364;ckt und<lb/>
mir &#x017F;elb&#x017F;t geraubet wa&#x0364;re, auch ferner nicht im<lb/>
Stande gewe&#x017F;en, zu vermeiden, daß ich nicht ver-<lb/>
&#x017F;chiedne Wochen unter einem Tache mit ihm leb-<lb/>
te; welches ich nicht allein ohne Klage, &#x017F;ondern<lb/>
auch ohne <hi rendition="#fr">Ur&#x017F;ache</hi> zu klagen that.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vor einem Gerichte,</hi> das vielleicht durch<lb/>
Zu&#x017F;ammenrottung umgetrieben und verruchter<lb/>
Wei&#x017F;e zu einem Spiel gemacht wa&#x0364;re, wu&#x0364;rden ei-<lb/>
nige von denen Vor&#x017F;tellungen zu meinem Behuf,<lb/>
die <hi rendition="#fr">außer Gerichte</hi> und vor einer <hi rendition="#fr">be&#x017F;ondern</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">ern&#x017F;thaften</hi> Ver&#x017F;ammlung das gro&#x0364;ßte Ge-<lb/>
wicht gehabt haben wu&#x0364;rden, wenig zu &#x017F;tatten ge-<lb/>
kommen &#x017F;eyn: &#x2012; &#x2012; als, ins be&#x017F;ondere, die &#x017F;cha&#x0364;nd-<lb/>
lichen Wege, &#x017F;eine Ab&#x017F;ichten zu erreichen, zu wel-<lb/>
chen er &#x017F;eine Zuflucht genommen hat.</p><lb/>
          <p>Es wu&#x0364;rde &#x017F;onder Zweifel <hi rendition="#fr">eines jeden</hi> Mund<lb/>
fertig und bereit gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, den Gegenvorwurf<lb/>
zu machen, daß ich mich einem &#x017F;olchen Men&#x017F;chen<lb/>
nicht in &#x017F;eine Gewalt ha&#x0364;tte geben &#x017F;ollen, und daß<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0107] worinn ich mich in Anſehung meiner Geſundheit befinde, keine Einwendungen herzunehmen waͤren; ſetzen Sie auch, daß ich mich ſelbſt haͤtte uͤber- winden koͤnnen, gegen dieſen Menſchen vor Ge- richt zu erſcheinen; war denn aber nicht Raum, zu befuͤrchten, daß die Abſicht, welche von meinen Freunden ſo ſehr gewuͤnſchet wird, ſeine verdiente Strafe, nicht erhalten ſeyn wuͤrde, wenn es an den Tag gekommen waͤre, daß ich ihm eine heimliche Zuſammenkunft verſtattet haͤtte, und dieſer zu Folge durch meine eigne Schwachheit beruͤckt und mir ſelbſt geraubet waͤre, auch ferner nicht im Stande geweſen, zu vermeiden, daß ich nicht ver- ſchiedne Wochen unter einem Tache mit ihm leb- te; welches ich nicht allein ohne Klage, ſondern auch ohne Urſache zu klagen that. Vor einem Gerichte, das vielleicht durch Zuſammenrottung umgetrieben und verruchter Weiſe zu einem Spiel gemacht waͤre, wuͤrden ei- nige von denen Vorſtellungen zu meinem Behuf, die außer Gerichte und vor einer beſondern und ernſthaften Verſammlung das groͤßte Ge- wicht gehabt haben wuͤrden, wenig zu ſtatten ge- kommen ſeyn: ‒ ‒ als, ins beſondere, die ſchaͤnd- lichen Wege, ſeine Abſichten zu erreichen, zu wel- chen er ſeine Zuflucht genommen hat. Es wuͤrde ſonder Zweifel eines jeden Mund fertig und bereit geweſen ſeyn, den Gegenvorwurf zu machen, daß ich mich einem ſolchen Menſchen nicht in ſeine Gewalt haͤtte geben ſollen, und daß ich G 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/107
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/107>, abgerufen am 25.11.2024.