digen: weil sich mein Leiden mit der Wissen- schaft von dem, was Sie gelitten haben, vergrö- ßern würde. Daher verlange ich nicht mehr da- von zu wissen, als was der gemeine Ruf, nicht ohne Verletzung meiner Ohren, an mich bringet, und was mir durch Jhre Abwesenheit von Jhrer grausamen Familie, und von dem geheiligten Or- te zu erkennen gegeben wird, wo ich, unter vielen andern Jhrer abgewiesenen Bewunderer, Sie wöchentlich zweymal gewiß zu sehen pflegte, in- dem Sie dem heiligen Dienste Ehre brachten, von welchem eben Jhr Beyspiel mir die erhaben- sten Begriffe einflößte. Allein dieß Unglück mag seyn, was es will, dieß Leiden mag beschaf- fen seyn, wie es will: ich werde um mein selbst willen die Gelegenheit glücklich nennen; ob gleich in Ansehung Jhrer der Urheber von jenem ver- flucht seyn mag; wofern es mir das Glück ver- schaffet, zu erfahren, daß dieser mein erneurter Antrag nicht schlechterdings, verworfen wird. Machen Sie mir nur Hoffnung, daß er mit der Zeit einmal Gehör finden möge: wofern unter- dessen weder in meiner Lebensart, noch in meinem Bezeigen etwas vorfällt, das Jhnen aufs neue zur Beleidigung gereiche. Machen Sie mir nur hiezu Hoffnung - - - Daß Sie mich nicht schlechterdings abweisen, das ist alle die Hoff- nung, um welche ich bitte: und ich will Sie, wo möglich, noch mehr lieben, als ich Sie jemals ge- liebet habe. - - Jhres Leidens wegen will ich das thun. Denn Sie verdienen wohl geliebet,
ja
digen: weil ſich mein Leiden mit der Wiſſen- ſchaft von dem, was Sie gelitten haben, vergroͤ- ßern wuͤrde. Daher verlange ich nicht mehr da- von zu wiſſen, als was der gemeine Ruf, nicht ohne Verletzung meiner Ohren, an mich bringet, und was mir durch Jhre Abweſenheit von Jhrer grauſamen Familie, und von dem geheiligten Or- te zu erkennen gegeben wird, wo ich, unter vielen andern Jhrer abgewieſenen Bewunderer, Sie woͤchentlich zweymal gewiß zu ſehen pflegte, in- dem Sie dem heiligen Dienſte Ehre brachten, von welchem eben Jhr Beyſpiel mir die erhaben- ſten Begriffe einfloͤßte. Allein dieß Ungluͤck mag ſeyn, was es will, dieß Leiden mag beſchaf- fen ſeyn, wie es will: ich werde um mein ſelbſt willen die Gelegenheit gluͤcklich nennen; ob gleich in Anſehung Jhrer der Urheber von jenem ver- flucht ſeyn mag; wofern es mir das Gluͤck ver- ſchaffet, zu erfahren, daß dieſer mein erneurter Antrag nicht ſchlechterdings, verworfen wird. Machen Sie mir nur Hoffnung, daß er mit der Zeit einmal Gehoͤr finden moͤge: wofern unter- deſſen weder in meiner Lebensart, noch in meinem Bezeigen etwas vorfaͤllt, das Jhnen aufs neue zur Beleidigung gereiche. Machen Sie mir nur hiezu Hoffnung ‒ ‒ ‒ Daß Sie mich nicht ſchlechterdings abweiſen, das iſt alle die Hoff- nung, um welche ich bitte: und ich will Sie, wo moͤglich, noch mehr lieben, als ich Sie jemals ge- liebet habe. ‒ ‒ Jhres Leidens wegen will ich das thun. Denn Sie verdienen wohl geliebet,
ja
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digen: weil ſich mein Leiden mit der Wiſſen-
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ßern wuͤrde. Daher verlange ich nicht mehr da-
von zu wiſſen, als was der gemeine Ruf, nicht
ohne Verletzung meiner Ohren, an mich bringet,
und was mir durch Jhre Abweſenheit von Jhrer
grauſamen Familie, und von dem geheiligten Or-
te zu erkennen gegeben wird, wo ich, unter vielen
andern Jhrer abgewieſenen Bewunderer, Sie
woͤchentlich zweymal gewiß zu ſehen pflegte, in-
dem Sie dem heiligen Dienſte Ehre brachten,
von welchem eben Jhr Beyſpiel mir die erhaben-
ſten Begriffe einfloͤßte. Allein dieß Ungluͤck
mag ſeyn, was es will, dieß Leiden mag beſchaf-
fen ſeyn, wie es will: ich werde um mein ſelbſt
willen die Gelegenheit gluͤcklich nennen; ob gleich
in Anſehung Jhrer der Urheber von jenem ver-
flucht ſeyn mag; wofern es mir das Gluͤck ver-
ſchaffet, zu erfahren, daß dieſer mein erneurter
Antrag nicht ſchlechterdings, verworfen wird.
Machen Sie mir nur Hoffnung, daß er mit der
Zeit einmal Gehoͤr finden moͤge: wofern unter-
deſſen weder in meiner Lebensart, noch in meinem
Bezeigen etwas vorfaͤllt, das Jhnen aufs neue
zur Beleidigung gereiche. Machen Sie mir
nur hiezu Hoffnung ‒ ‒ ‒ Daß Sie mich nicht
ſchlechterdings abweiſen, das iſt alle die Hoff-
nung, um welche ich bitte: und ich will Sie, wo
moͤglich, noch mehr lieben, als ich Sie jemals ge-
liebet habe. ‒ ‒ Jhres Leidens wegen will ich
das thun. Denn Sie verdienen wohl geliebet,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/152>, abgerufen am 05.12.2024.
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