Der Lord M. schlug vor, sich auf den Be- weis von diesem allen einzulassen. Er sagte, nach seiner gewöhnlichen Weise, sich mit Sprüchen aus- zudrücken: Eine Geschichte wäre allezeit gut, bis man die andere hörte. Es wäre wahr, die Harloweische Familie und ich hätten uns als die ärgsten Feinde gegen einander bezeiget: und jene hätten sich über dieß große Freyheiten ge- gen unsere ganze Familie herausgenommen. Nichts desto weniger wollte er mehr um der Fräulein, als um jener willen oder selbst um mei- netwillen, das könnte er mir sagen, größere Dinge für mich thun, als dieselben fordern könn- ten: wofern sie zu gewinnen wäre, mich zu neh- men. Dieß hätte er anzeigen wollen; und würde es eher angezeiget haben: wenn er uns eher zur Gedult und zu einem guten Vernehmen hätte bringen können.
Der Obrist entschuldigte seine Hitze durch seine Liebe zu seiner Base.
Meine Achtung gegen dieselbe machte, daß ich seine Entschuldigungen gern und willig annahm. Und so setzten wir uns, da eine frische Flasche Burgunder und eine Flasche Champagner auf den Tisch gesetzt war, nach allem diesem Brausen mit gutem Sinne nieder, um uns genauer über die eigentlichen Umstände der Begebenheit einzulassen: welches ich auf beyder Verlangen zu thun über- nahm.
Allein diese Dinge müssen den Jnhalt eines andern Briefes ausmachen, der dem gegenwär-
tigen
Der Lord M. ſchlug vor, ſich auf den Be- weis von dieſem allen einzulaſſen. Er ſagte, nach ſeiner gewoͤhnlichen Weiſe, ſich mit Spruͤchen aus- zudruͤcken: Eine Geſchichte waͤre allezeit gut, bis man die andere hoͤrte. Es waͤre wahr, die Harloweiſche Familie und ich haͤtten uns als die aͤrgſten Feinde gegen einander bezeiget: und jene haͤtten ſich uͤber dieß große Freyheiten ge- gen unſere ganze Familie herausgenommen. Nichts deſto weniger wollte er mehr um der Fraͤulein, als um jener willen oder ſelbſt um mei- netwillen, das koͤnnte er mir ſagen, groͤßere Dinge fuͤr mich thun, als dieſelben fordern koͤnn- ten: wofern ſie zu gewinnen waͤre, mich zu neh- men. Dieß haͤtte er anzeigen wollen; und wuͤrde es eher angezeiget haben: wenn er uns eher zur Gedult und zu einem guten Vernehmen haͤtte bringen koͤnnen.
Der Obriſt entſchuldigte ſeine Hitze durch ſeine Liebe zu ſeiner Baſe.
Meine Achtung gegen dieſelbe machte, daß ich ſeine Entſchuldigungen gern und willig annahm. Und ſo ſetzten wir uns, da eine friſche Flaſche Burgunder und eine Flaſche Champagner auf den Tiſch geſetzt war, nach allem dieſem Brauſen mit gutem Sinne nieder, um uns genauer uͤber die eigentlichen Umſtaͤnde der Begebenheit einzulaſſen: welches ich auf beyder Verlangen zu thun uͤber- nahm.
Allein dieſe Dinge muͤſſen den Jnhalt eines andern Briefes ausmachen, der dem gegenwaͤr-
tigen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0216"n="210"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Der Lord M. ſchlug vor, ſich auf den Be-<lb/>
weis von dieſem allen einzulaſſen. Er ſagte, nach<lb/>ſeiner gewoͤhnlichen Weiſe, ſich mit Spruͤchen aus-<lb/>
zudruͤcken: <hirendition="#fr">Eine Geſchichte waͤre allezeit<lb/>
gut, bis man die andere hoͤrte.</hi> Es waͤre<lb/>
wahr, die Harloweiſche Familie und ich haͤtten uns<lb/>
als die aͤrgſten Feinde gegen einander bezeiget:<lb/>
und jene haͤtten ſich uͤber dieß große Freyheiten ge-<lb/>
gen unſere ganze Familie herausgenommen.<lb/>
Nichts deſto weniger wollte er mehr um der<lb/>
Fraͤulein, als um jener willen oder ſelbſt um <hirendition="#fr">mei-<lb/>
netwillen,</hi> das koͤnnte er mir ſagen, groͤßere<lb/>
Dinge fuͤr mich thun, als dieſelben fordern koͤnn-<lb/>
ten: wofern ſie zu gewinnen waͤre, mich zu neh-<lb/>
men. Dieß haͤtte er anzeigen <hirendition="#fr">wollen;</hi> und<lb/>
wuͤrde es <hirendition="#fr">eher</hi> angezeiget haben: wenn er uns<lb/>
eher zur Gedult und zu einem guten Vernehmen<lb/>
haͤtte bringen koͤnnen.</p><lb/><p>Der Obriſt entſchuldigte ſeine Hitze durch ſeine<lb/>
Liebe zu ſeiner Baſe.</p><lb/><p>Meine Achtung gegen dieſelbe machte, daß ich<lb/>ſeine Entſchuldigungen gern und willig annahm.<lb/>
Und ſo ſetzten wir uns, da eine friſche Flaſche<lb/>
Burgunder und eine Flaſche Champagner auf den<lb/>
Tiſch geſetzt war, nach allem dieſem Brauſen mit<lb/>
gutem Sinne nieder, um uns genauer uͤber die<lb/>
eigentlichen Umſtaͤnde der Begebenheit einzulaſſen:<lb/>
welches ich auf beyder Verlangen zu thun uͤber-<lb/>
nahm.</p><lb/><p>Allein dieſe Dinge muͤſſen den Jnhalt eines<lb/>
andern Briefes ausmachen, der dem gegenwaͤr-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">tigen</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[210/0216]
Der Lord M. ſchlug vor, ſich auf den Be-
weis von dieſem allen einzulaſſen. Er ſagte, nach
ſeiner gewoͤhnlichen Weiſe, ſich mit Spruͤchen aus-
zudruͤcken: Eine Geſchichte waͤre allezeit
gut, bis man die andere hoͤrte. Es waͤre
wahr, die Harloweiſche Familie und ich haͤtten uns
als die aͤrgſten Feinde gegen einander bezeiget:
und jene haͤtten ſich uͤber dieß große Freyheiten ge-
gen unſere ganze Familie herausgenommen.
Nichts deſto weniger wollte er mehr um der
Fraͤulein, als um jener willen oder ſelbſt um mei-
netwillen, das koͤnnte er mir ſagen, groͤßere
Dinge fuͤr mich thun, als dieſelben fordern koͤnn-
ten: wofern ſie zu gewinnen waͤre, mich zu neh-
men. Dieß haͤtte er anzeigen wollen; und
wuͤrde es eher angezeiget haben: wenn er uns
eher zur Gedult und zu einem guten Vernehmen
haͤtte bringen koͤnnen.
Der Obriſt entſchuldigte ſeine Hitze durch ſeine
Liebe zu ſeiner Baſe.
Meine Achtung gegen dieſelbe machte, daß ich
ſeine Entſchuldigungen gern und willig annahm.
Und ſo ſetzten wir uns, da eine friſche Flaſche
Burgunder und eine Flaſche Champagner auf den
Tiſch geſetzt war, nach allem dieſem Brauſen mit
gutem Sinne nieder, um uns genauer uͤber die
eigentlichen Umſtaͤnde der Begebenheit einzulaſſen:
welches ich auf beyder Verlangen zu thun uͤber-
nahm.
Allein dieſe Dinge muͤſſen den Jnhalt eines
andern Briefes ausmachen, der dem gegenwaͤr-
tigen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/216>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.