"was sie befehlen würde, willigen wollte, damit "ich diese glückliche Aussöhnung befördern möch- "te. Jch meldete ihr, daß es, bis an das Ende "meines Lebens, meine stündliche Bemühung "seyn sollte, eine so ausnehmende Güte zu verdie- "nen." Allein ich kann mich nicht entbrechen, zu sagen, daß es mir nicht wenig Anstoß und Be- stürzung verursachet, wofern damit nichts mehr gemeynet ist, als mich auf das Land hinauszuschaf- sen, ohne sie vorher zu sehen.
Obr. Das kann es nicht seyn: darauf ver- lassen sie sich, mein Herr. Es muß etwas mehr, als das, dahinter stecken. Denn wäre es das al- les: so müßte sie ja gedenken, daß ihnen der Jr- thum bald benommen seyn und sie alsdenn nach der höchsten Wahrscheinlichkeit ihren vorigen Schluß wieder fassen würden; - - es wäre dann, daß sie sich etwa darauf verlassen hätte, mich un- ter der Zeit zu sehen, weil sie gewußt, daß ich an- gekommen wäre. Aber ich gestehe, ich weiß nicht, was ich daraus machen soll. Nur so viel sehe ich, daß sie mir sehr viele Ehre erweiset, wo ich es bin, den sie ihren preiswürdigen Freund nennet, welchen sie allezeit geliebet und ge- ehret hätte. Jch habe sie in der That allezeit geliebet: und werde, wo ich unverheyrathet und ohne Kinder sterbe, eben so gütig gegen sie seyn, als ihr Großvater gewesen ist; und das um so viel mehr, weil ich fürchte, daß nur allzu viel Neid und Selbstliebe hinter dem Unwillen stecke, den ihr Bruder und ihre Schwester bey ihren
Eltern
„was ſie befehlen wuͤrde, willigen wollte, damit „ich dieſe gluͤckliche Ausſoͤhnung befoͤrdern moͤch- „te. Jch meldete ihr, daß es, bis an das Ende „meines Lebens, meine ſtuͤndliche Bemuͤhung „ſeyn ſollte, eine ſo ausnehmende Guͤte zu verdie- „nen.“ Allein ich kann mich nicht entbrechen, zu ſagen, daß es mir nicht wenig Anſtoß und Be- ſtuͤrzung verurſachet, wofern damit nichts mehr gemeynet iſt, als mich auf das Land hinauszuſchaf- ſen, ohne ſie vorher zu ſehen.
Obr. Das kann es nicht ſeyn: darauf ver- laſſen ſie ſich, mein Herr. Es muß etwas mehr, als das, dahinter ſtecken. Denn waͤre es das al- les: ſo muͤßte ſie ja gedenken, daß ihnen der Jr- thum bald benommen ſeyn und ſie alsdenn nach der hoͤchſten Wahrſcheinlichkeit ihren vorigen Schluß wieder faſſen wuͤrden; ‒ ‒ es waͤre dann, daß ſie ſich etwa darauf verlaſſen haͤtte, mich un- ter der Zeit zu ſehen, weil ſie gewußt, daß ich an- gekommen waͤre. Aber ich geſtehe, ich weiß nicht, was ich daraus machen ſoll. Nur ſo viel ſehe ich, daß ſie mir ſehr viele Ehre erweiſet, wo ich es bin, den ſie ihren preiswuͤrdigen Freund nennet, welchen ſie allezeit geliebet und ge- ehret haͤtte. Jch habe ſie in der That allezeit geliebet: und werde, wo ich unverheyrathet und ohne Kinder ſterbe, eben ſo guͤtig gegen ſie ſeyn, als ihr Großvater geweſen iſt; und das um ſo viel mehr, weil ich fuͤrchte, daß nur allzu viel Neid und Selbſtliebe hinter dem Unwillen ſtecke, den ihr Bruder und ihre Schweſter bey ihren
Eltern
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„was ſie befehlen wuͤrde, willigen wollte, damit
„ich dieſe gluͤckliche Ausſoͤhnung befoͤrdern moͤch-
„te. Jch meldete ihr, daß es, bis an das Ende
„meines Lebens, meine ſtuͤndliche Bemuͤhung
„ſeyn ſollte, eine ſo ausnehmende Guͤte zu verdie-
„nen.“ Allein ich kann mich nicht entbrechen, zu
ſagen, daß es mir nicht wenig Anſtoß und Be-
ſtuͤrzung verurſachet, wofern damit nichts mehr
gemeynet iſt, als mich auf das Land hinauszuſchaf-
ſen, ohne ſie vorher zu ſehen.
Obr. Das kann es nicht ſeyn: darauf ver-
laſſen ſie ſich, mein Herr. Es muß etwas mehr,
als das, dahinter ſtecken. Denn waͤre es das al-
les: ſo muͤßte ſie ja gedenken, daß ihnen der Jr-
thum bald benommen ſeyn und ſie alsdenn nach
der hoͤchſten Wahrſcheinlichkeit ihren vorigen
Schluß wieder faſſen wuͤrden; ‒ ‒ es waͤre dann,
daß ſie ſich etwa darauf verlaſſen haͤtte, mich un-
ter der Zeit zu ſehen, weil ſie gewußt, daß ich an-
gekommen waͤre. Aber ich geſtehe, ich weiß nicht,
was ich daraus machen ſoll. Nur ſo viel ſehe
ich, daß ſie mir ſehr viele Ehre erweiſet, wo ich
es bin, den ſie ihren preiswuͤrdigen Freund
nennet, welchen ſie allezeit geliebet und ge-
ehret haͤtte. Jch habe ſie in der That allezeit
geliebet: und werde, wo ich unverheyrathet und
ohne Kinder ſterbe, eben ſo guͤtig gegen ſie ſeyn,
als ihr Großvater geweſen iſt; und das um ſo
viel mehr, weil ich fuͤrchte, daß nur allzu viel
Neid und Selbſtliebe hinter dem Unwillen ſtecke,
den ihr Bruder und ihre Schweſter bey ihren
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/226>, abgerufen am 25.11.2024.
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