diesem Cavallier zu erkundigen. Cavallier nennt man ihn: ob ich gleich niemand dafür hal- te, als den, der sich durch seine Handlungen so be- weiset. Denn, wie Juvenal sagt,
- - Nobilitas sola est, atque vnica virtus.
Jch habe mich aber vorher erkundiget, ehe ich mich niedersetzen wollte, an Sie zu schreiben.
Sein Name ist Belford. Er hat ein Gut von seinem Vater, das jährlich bis auf tausend Pfund St. trägt: und ist noch itzo in der Trauer wegen eines Onkels, der ihm auch über dieß ein ansehnliches Vermögen hinterlassen hat. Er ist in einem sehr bösen Rufe in Absicht auf Frauen- zimmer; denn darnach habe ich mich beson- ders erkundiget; und ein sehr vertrauter Freund von dem Herrn Lovelace, mit welchem er einen ordentlichen Briefwechsel unterhält. Man hat ihn oft tete a tete mit der Fräulein am Fen- ster gesehen: zwar freylich auf keine strafbare Art; aber die Frau von meinem Freunde ist doch der Meynung, daß alles nicht so sey, wie es seyn sollte. Und in Wahrheit es kommt mir gewal- tig fremd vor; wo die Fräulein eine so ausneh- mende Reue empfindet, als vorgegeben wird, und wo sie einen solchen Abscheu vor dem Hrn. Lovelace hat; daß sie dennoch seinen vertraute- sten Freund zu sich in ihre Zimmer kommen lassen, und sonst keine andere Gesellschaft se- hen mag.
Jch
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dieſem Cavallier zu erkundigen. Cavallier nennt man ihn: ob ich gleich niemand dafuͤr hal- te, als den, der ſich durch ſeine Handlungen ſo be- weiſet. Denn, wie Juvenal ſagt,
‒ ‒ Nobilitas ſola eſt, atque vnica virtus.
Jch habe mich aber vorher erkundiget, ehe ich mich niederſetzen wollte, an Sie zu ſchreiben.
Sein Name iſt Belford. Er hat ein Gut von ſeinem Vater, das jaͤhrlich bis auf tauſend Pfund St. traͤgt: und iſt noch itzo in der Trauer wegen eines Onkels, der ihm auch uͤber dieß ein anſehnliches Vermoͤgen hinterlaſſen hat. Er iſt in einem ſehr boͤſen Rufe in Abſicht auf Frauen- zimmer; denn darnach habe ich mich beſon- ders erkundiget; und ein ſehr vertrauter Freund von dem Herrn Lovelace, mit welchem er einen ordentlichen Briefwechſel unterhaͤlt. Man hat ihn oft tête à tête mit der Fraͤulein am Fen- ſter geſehen: zwar freylich auf keine ſtrafbare Art; aber die Frau von meinem Freunde iſt doch der Meynung, daß alles nicht ſo ſey, wie es ſeyn ſollte. Und in Wahrheit es kommt mir gewal- tig fremd vor; wo die Fraͤulein eine ſo ausneh- mende Reue empfindet, als vorgegeben wird, und wo ſie einen ſolchen Abſcheu vor dem Hrn. Lovelace hat; daß ſie dennoch ſeinen vertraute- ſten Freund zu ſich in ihre Zimmer kommen laſſen, und ſonſt keine andere Geſellſchaft ſe- hen mag.
Jch
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dieſem Cavallier zu erkundigen. Cavallier
nennt man ihn: ob ich gleich niemand dafuͤr hal-
te, als den, der ſich durch ſeine Handlungen ſo be-
weiſet. Denn, wie Juvenal ſagt,
‒ ‒ Nobilitas ſola eſt, atque vnica virtus.
Jch habe mich aber vorher erkundiget, ehe ich
mich niederſetzen wollte, an Sie zu ſchreiben.
Sein Name iſt Belford. Er hat ein Gut
von ſeinem Vater, das jaͤhrlich bis auf tauſend
Pfund St. traͤgt: und iſt noch itzo in der Trauer
wegen eines Onkels, der ihm auch uͤber dieß ein
anſehnliches Vermoͤgen hinterlaſſen hat. Er iſt
in einem ſehr boͤſen Rufe in Abſicht auf Frauen-
zimmer; denn darnach habe ich mich beſon-
ders erkundiget; und ein ſehr vertrauter Freund
von dem Herrn Lovelace, mit welchem er einen
ordentlichen Briefwechſel unterhaͤlt. Man
hat ihn oft tête à tête mit der Fraͤulein am Fen-
ſter geſehen: zwar freylich auf keine ſtrafbare
Art; aber die Frau von meinem Freunde iſt doch
der Meynung, daß alles nicht ſo ſey, wie es ſeyn
ſollte. Und in Wahrheit es kommt mir gewal-
tig fremd vor; wo die Fraͤulein eine ſo ausneh-
mende Reue empfindet, als vorgegeben wird,
und wo ſie einen ſolchen Abſcheu vor dem Hrn.
Lovelace hat; daß ſie dennoch ſeinen vertraute-
ſten Freund zu ſich in ihre Zimmer kommen
laſſen, und ſonſt keine andere Geſellſchaft ſe-
hen mag.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/239>, abgerufen am 24.11.2024.
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