nenen und dienstfertigen Personen, welche allemal bey der Hand sind, den Leidenschaften der Rei- chen zu schmeicheln oder zu liebkosen, zum voraus eingenommen wären, sie nicht so unbeweglich wi- der mich hätten gesetzt seyn können. Nun sind sie von allem Vorwurf der Unversöhnlichkeit hin- länglich freygesprochen. Denn da ich ihnen die Person einer schändlichen Heuchlerinn zu spielen geschienen, die zwar eine wahre Reue zu tragen vorgäbe, aber sich dennoch zu einem ruchlofen Wandel beständig fortreißen ließe: wie habe ich denn Verzeihung oder Segen von ihnen erwarten können?
Allein, gnädige Fräulein, versetzte ich, sie wer- den aus der Unterschrift dieses Briefes, vom 9ten August, sehen, daß ihre Härte, die sie schon vor dieser Zeit bezeiget haben, sich dadurch nicht ent- schuldigen lasse.
Es ist mir viel daran gelegen, antwortete sie, in Ansehung meiner gegenwärtigen Wünsche, we- gen des Amtes, das sie so gütig sind zu überneh- men, daß sie nicht widrige Gedanken von meinen Freunden hegen möchten. Jch muß ihnen geste- hen, daß ich bisweilen selbst vermögend gewesen bin, sie nicht allein für hart, sondern gar für grau- sam zu halten. Gemüther, die unter einem Leiden seufzen, werden gemeiniglich für ihre eigne Sache und Verdienste parteyisch seyn. Weil sie ihre eigne Herzen kennen: so sind sie im Stande, wofern sie aufrichtig sind, zu murren, wenn ihnen hart be- gegnet wird. Aber wenn Personen, die ein Recht
haben,
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nenen und dienſtfertigen Perſonen, welche allemal bey der Hand ſind, den Leidenſchaften der Rei- chen zu ſchmeicheln oder zu liebkoſen, zum voraus eingenommen waͤren, ſie nicht ſo unbeweglich wi- der mich haͤtten geſetzt ſeyn koͤnnen. Nun ſind ſie von allem Vorwurf der Unverſoͤhnlichkeit hin- laͤnglich freygeſprochen. Denn da ich ihnen die Perſon einer ſchaͤndlichen Heuchlerinn zu ſpielen geſchienen, die zwar eine wahre Reue zu tragen vorgaͤbe, aber ſich dennoch zu einem ruchlofen Wandel beſtaͤndig fortreißen ließe: wie habe ich denn Verzeihung oder Segen von ihnen erwarten koͤnnen?
Allein, gnaͤdige Fraͤulein, verſetzte ich, ſie wer- den aus der Unterſchrift dieſes Briefes, vom 9ten Auguſt, ſehen, daß ihre Haͤrte, die ſie ſchon vor dieſer Zeit bezeiget haben, ſich dadurch nicht ent- ſchuldigen laſſe.
Es iſt mir viel daran gelegen, antwortete ſie, in Anſehung meiner gegenwaͤrtigen Wuͤnſche, we- gen des Amtes, das ſie ſo guͤtig ſind zu uͤberneh- men, daß ſie nicht widrige Gedanken von meinen Freunden hegen moͤchten. Jch muß ihnen geſte- hen, daß ich bisweilen ſelbſt vermoͤgend geweſen bin, ſie nicht allein fuͤr hart, ſondern gar fuͤr grau- ſam zu halten. Gemuͤther, die unter einem Leiden ſeufzen, werden gemeiniglich fuͤr ihre eigne Sache und Verdienſte parteyiſch ſeyn. Weil ſie ihre eigne Herzen kennen: ſo ſind ſie im Stande, wofern ſie aufrichtig ſind, zu murren, wenn ihnen hart be- gegnet wird. Aber wenn Perſonen, die ein Recht
haben,
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nenen und dienſtfertigen Perſonen, welche allemal
bey der Hand ſind, den Leidenſchaften der Rei-
chen zu ſchmeicheln oder zu liebkoſen, zum voraus
eingenommen waͤren, ſie nicht ſo unbeweglich wi-
der mich haͤtten geſetzt ſeyn koͤnnen. Nun ſind
ſie von allem Vorwurf der Unverſoͤhnlichkeit hin-
laͤnglich freygeſprochen. Denn da ich ihnen die
Perſon einer ſchaͤndlichen Heuchlerinn zu ſpielen
geſchienen, die zwar eine wahre Reue zu tragen
vorgaͤbe, aber ſich dennoch zu einem ruchlofen
Wandel beſtaͤndig fortreißen ließe: wie habe ich
denn Verzeihung oder Segen von ihnen erwarten
koͤnnen?
Allein, gnaͤdige Fraͤulein, verſetzte ich, ſie wer-
den aus der Unterſchrift dieſes Briefes, vom 9ten
Auguſt, ſehen, daß ihre Haͤrte, die ſie ſchon vor
dieſer Zeit bezeiget haben, ſich dadurch nicht ent-
ſchuldigen laſſe.
Es iſt mir viel daran gelegen, antwortete ſie,
in Anſehung meiner gegenwaͤrtigen Wuͤnſche, we-
gen des Amtes, das ſie ſo guͤtig ſind zu uͤberneh-
men, daß ſie nicht widrige Gedanken von meinen
Freunden hegen moͤchten. Jch muß ihnen geſte-
hen, daß ich bisweilen ſelbſt vermoͤgend geweſen
bin, ſie nicht allein fuͤr hart, ſondern gar fuͤr grau-
ſam zu halten. Gemuͤther, die unter einem Leiden
ſeufzen, werden gemeiniglich fuͤr ihre eigne Sache
und Verdienſte parteyiſch ſeyn. Weil ſie ihre eigne
Herzen kennen: ſo ſind ſie im Stande, wofern ſie
aufrichtig ſind, zu murren, wenn ihnen hart be-
gegnet wird. Aber wenn Perſonen, die ein Recht
haben,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/255>, abgerufen am 22.11.2024.
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