dadurch, daß er ihr die Gerechtigkeit entgegen- setzte, einigermaßen zum Stillschweigen brachte. Was wollte ich darum gegeben haben, daß mir eine gute, eine vorzüglich gute Handlung in den Sinn gekommen wäre, an die ich ihn hätte erin- nern können, um dadurch seine Furcht zu be- streiten.
Jch glaube, Lovelace, ich werde dich ermü- den und zwar mehr durch den Jnhalt meines Briefes, als durch die Länge desselben. Allein wirklich, du bist nach meinen Gedanken, seit dei- ner Genesung, so muthig geworden, andere zu be- leidigen, daß ich mich bemühen muß, durch trau- rige Vorstellungen, so wie sich die Gelegenheit da- zu anbietet, dich wieder zu der Fahne der Mensch- heit herunterzubringen. Außer dem mußt du auch nothwendig neugierig seyn, alles zu erfah- ren, was den armen Mann betrifft, gegen den du allezeit viele Achtung bezeuget hast. Jch will daher fortfahren, wie ich angefangen habe. Ge- fällt es dir itzo nicht zu lesen: so lege es bey, wo du willst, bis dich dergleichen Umstände befallen, und dergleichen Betrachtungen von diesen Um- ständen in dir entstehen; alsdenn nimm es zur Hand und vergleiche die beyden Fälle mit ein- ander.
Auf sein ernstliches Verlangen saß ich ver- wichne Nacht bey ihm auf. Jch kann dir nicht sagen, wie ruhig und sicher er sich, für den ersten
Theil
dadurch, daß er ihr die Gerechtigkeit entgegen- ſetzte, einigermaßen zum Stillſchweigen brachte. Was wollte ich darum gegeben haben, daß mir eine gute, eine vorzuͤglich gute Handlung in den Sinn gekommen waͤre, an die ich ihn haͤtte erin- nern koͤnnen, um dadurch ſeine Furcht zu be- ſtreiten.
Jch glaube, Lovelace, ich werde dich ermuͤ- den und zwar mehr durch den Jnhalt meines Briefes, als durch die Laͤnge deſſelben. Allein wirklich, du biſt nach meinen Gedanken, ſeit dei- ner Geneſung, ſo muthig geworden, andere zu be- leidigen, daß ich mich bemuͤhen muß, durch trau- rige Vorſtellungen, ſo wie ſich die Gelegenheit da- zu anbietet, dich wieder zu der Fahne der Menſch- heit herunterzubringen. Außer dem mußt du auch nothwendig neugierig ſeyn, alles zu erfah- ren, was den armen Mann betrifft, gegen den du allezeit viele Achtung bezeuget haſt. Jch will daher fortfahren, wie ich angefangen habe. Ge- faͤllt es dir itzo nicht zu leſen: ſo lege es bey, wo du willſt, bis dich dergleichen Umſtaͤnde befallen, und dergleichen Betrachtungen von dieſen Um- ſtaͤnden in dir entſtehen; alsdenn nimm es zur Hand und vergleiche die beyden Faͤlle mit ein- ander.
Auf ſein ernſtliches Verlangen ſaß ich ver- wichne Nacht bey ihm auf. Jch kann dir nicht ſagen, wie ruhig und ſicher er ſich, fuͤr den erſten
Theil
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dadurch, daß er ihr die Gerechtigkeit entgegen-
ſetzte, einigermaßen zum Stillſchweigen brachte.
Was wollte ich darum gegeben haben, daß mir
eine gute, eine vorzuͤglich gute Handlung in den
Sinn gekommen waͤre, an die ich ihn haͤtte erin-
nern koͤnnen, um dadurch ſeine Furcht zu be-
ſtreiten.
Jch glaube, Lovelace, ich werde dich ermuͤ-
den und zwar mehr durch den Jnhalt meines
Briefes, als durch die Laͤnge deſſelben. Allein
wirklich, du biſt nach meinen Gedanken, ſeit dei-
ner Geneſung, ſo muthig geworden, andere zu be-
leidigen, daß ich mich bemuͤhen muß, durch trau-
rige Vorſtellungen, ſo wie ſich die Gelegenheit da-
zu anbietet, dich wieder zu der Fahne der Menſch-
heit herunterzubringen. Außer dem mußt du
auch nothwendig neugierig ſeyn, alles zu erfah-
ren, was den armen Mann betrifft, gegen den du
allezeit viele Achtung bezeuget haſt. Jch will
daher fortfahren, wie ich angefangen habe. Ge-
faͤllt es dir itzo nicht zu leſen: ſo lege es bey, wo
du willſt, bis dich dergleichen Umſtaͤnde befallen,
und dergleichen Betrachtungen von dieſen Um-
ſtaͤnden in dir entſtehen; alsdenn nimm es zur
Hand und vergleiche die beyden Faͤlle mit ein-
ander.
Auf ſein ernſtliches Verlangen ſaß ich ver-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/30>, abgerufen am 21.11.2024.
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