kein rechtschaffenes Herz schämen sollte. Jch ver- lasse sie alle, sprach er, als eine Gesellschaft von Leuten, die sich vollkommen zu einander schicken. Niemals will ich wieder gegen irgend jemand von ihnen meinen Mund dieser Sache wegen aufthun. Jch will den Augenblick mein Testament machen: und an mir soll die liebe Fräulein den Vater, On- kel, Bruder haben, den sie verlohren hat. Jch will sie bereden, mit mir eine Reise durch Frank- reich und Jtalien zu thun: und sie soll nicht eher wiederkommen, bis sie den Werth einer solchen Tochter kennen gelernt haben.
Jndem er dieß sagte, eilte er auch aus dem Zimmer, ging in den Hinterhof und befahl sein Pferd herzuführen.
Herr Anton Harlowe ging dahin zu ihm, eben als er aufsteigen wollte, und sagte, er hoffete, daß er ihn Abends gelassener finden würde; denn er hatte bis auf die Zeit bey ihm seinen Aufenthalt genommen: alsdenn wollten sie sich geruhiger un- terreden; und ein jeder würde mittlerweile alles wohl erwägen. - - Allein der erzürnte Cavallier antwortete: Vetter Harlowe, ich werde das, was ich ihnen für ihre Höflichkeit, seit dem ich in Eng- land gewesen, schuldig bin, gut zu machen suchen: aber mir ist von dem hitzigen jungen Herrn; der, so viel ich weiß, mehr zu dem Unglück seiner Schwester beygetragen hat, als Lovelace selbst, und dieß mit ihrer aller Genehmhaltung; so be- gegnet worden, daß ich weder ihre, noch jener Schwellen jemals wieder betreten werde. Meine
Be-
Siebenter Theil. Y
kein rechtſchaffenes Herz ſchaͤmen ſollte. Jch ver- laſſe ſie alle, ſprach er, als eine Geſellſchaft von Leuten, die ſich vollkommen zu einander ſchicken. Niemals will ich wieder gegen irgend jemand von ihnen meinen Mund dieſer Sache wegen aufthun. Jch will den Augenblick mein Teſtament machen: und an mir ſoll die liebe Fraͤulein den Vater, On- kel, Bruder haben, den ſie verlohren hat. Jch will ſie bereden, mit mir eine Reiſe durch Frank- reich und Jtalien zu thun: und ſie ſoll nicht eher wiederkommen, bis ſie den Werth einer ſolchen Tochter kennen gelernt haben.
Jndem er dieß ſagte, eilte er auch aus dem Zimmer, ging in den Hinterhof und befahl ſein Pferd herzufuͤhren.
Herr Anton Harlowe ging dahin zu ihm, eben als er aufſteigen wollte, und ſagte, er hoffete, daß er ihn Abends gelaſſener finden wuͤrde; denn er hatte bis auf die Zeit bey ihm ſeinen Aufenthalt genommen: alsdenn wollten ſie ſich geruhiger un- terreden; und ein jeder wuͤrde mittlerweile alles wohl erwaͤgen. ‒ ‒ Allein der erzuͤrnte Cavallier antwortete: Vetter Harlowe, ich werde das, was ich ihnen fuͤr ihre Hoͤflichkeit, ſeit dem ich in Eng- land geweſen, ſchuldig bin, gut zu machen ſuchen: aber mir iſt von dem hitzigen jungen Herrn; der, ſo viel ich weiß, mehr zu dem Ungluͤck ſeiner Schweſter beygetragen hat, als Lovelace ſelbſt, und dieß mit ihrer aller Genehmhaltung; ſo be- gegnet worden, daß ich weder ihre, noch jener Schwellen jemals wieder betreten werde. Meine
Be-
Siebenter Theil. Y
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0343"n="337"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
kein rechtſchaffenes Herz ſchaͤmen ſollte. Jch ver-<lb/>
laſſe ſie alle, ſprach er, als eine Geſellſchaft von<lb/>
Leuten, die ſich vollkommen zu einander ſchicken.<lb/>
Niemals will ich wieder gegen irgend jemand von<lb/>
ihnen meinen Mund dieſer Sache wegen aufthun.<lb/>
Jch will den Augenblick mein Teſtament machen:<lb/>
und an mir ſoll die liebe Fraͤulein den Vater, On-<lb/>
kel, Bruder haben, den ſie verlohren hat. Jch<lb/>
will ſie bereden, mit mir eine Reiſe durch Frank-<lb/>
reich und Jtalien zu thun: und ſie ſoll nicht eher<lb/>
wiederkommen, bis ſie den Werth einer <hirendition="#fr">ſolchen</hi><lb/>
Tochter kennen gelernt haben.</p><lb/><p>Jndem er dieß ſagte, eilte er auch aus dem<lb/>
Zimmer, ging in den Hinterhof und befahl ſein<lb/>
Pferd herzufuͤhren.</p><lb/><p>Herr Anton Harlowe ging dahin zu ihm, eben<lb/>
als er aufſteigen wollte, und ſagte, er hoffete, daß<lb/>
er ihn Abends gelaſſener finden wuͤrde; denn er<lb/>
hatte bis auf die Zeit bey ihm ſeinen Aufenthalt<lb/>
genommen: alsdenn wollten ſie ſich geruhiger un-<lb/>
terreden; und ein jeder wuͤrde mittlerweile alles<lb/>
wohl erwaͤgen. ‒‒ Allein der erzuͤrnte Cavallier<lb/>
antwortete: Vetter Harlowe, ich werde das, was<lb/>
ich ihnen fuͤr ihre Hoͤflichkeit, ſeit dem ich in Eng-<lb/>
land geweſen, ſchuldig bin, gut zu machen ſuchen:<lb/>
aber mir iſt von dem hitzigen jungen Herrn; der,<lb/>ſo viel ich weiß, mehr zu dem Ungluͤck ſeiner<lb/>
Schweſter beygetragen hat, als Lovelace ſelbſt,<lb/>
und <hirendition="#fr">dieß</hi> mit ihrer aller Genehmhaltung; ſo be-<lb/>
gegnet worden, <hirendition="#fr">daß</hi> ich weder <hirendition="#fr">ihre,</hi> noch <hirendition="#fr">jener</hi><lb/>
Schwellen jemals wieder betreten werde. Meine<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Siebenter Theil.</hi> Y</fw><fwplace="bottom"type="catch">Be-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[337/0343]
kein rechtſchaffenes Herz ſchaͤmen ſollte. Jch ver-
laſſe ſie alle, ſprach er, als eine Geſellſchaft von
Leuten, die ſich vollkommen zu einander ſchicken.
Niemals will ich wieder gegen irgend jemand von
ihnen meinen Mund dieſer Sache wegen aufthun.
Jch will den Augenblick mein Teſtament machen:
und an mir ſoll die liebe Fraͤulein den Vater, On-
kel, Bruder haben, den ſie verlohren hat. Jch
will ſie bereden, mit mir eine Reiſe durch Frank-
reich und Jtalien zu thun: und ſie ſoll nicht eher
wiederkommen, bis ſie den Werth einer ſolchen
Tochter kennen gelernt haben.
Jndem er dieß ſagte, eilte er auch aus dem
Zimmer, ging in den Hinterhof und befahl ſein
Pferd herzufuͤhren.
Herr Anton Harlowe ging dahin zu ihm, eben
als er aufſteigen wollte, und ſagte, er hoffete, daß
er ihn Abends gelaſſener finden wuͤrde; denn er
hatte bis auf die Zeit bey ihm ſeinen Aufenthalt
genommen: alsdenn wollten ſie ſich geruhiger un-
terreden; und ein jeder wuͤrde mittlerweile alles
wohl erwaͤgen. ‒ ‒ Allein der erzuͤrnte Cavallier
antwortete: Vetter Harlowe, ich werde das, was
ich ihnen fuͤr ihre Hoͤflichkeit, ſeit dem ich in Eng-
land geweſen, ſchuldig bin, gut zu machen ſuchen:
aber mir iſt von dem hitzigen jungen Herrn; der,
ſo viel ich weiß, mehr zu dem Ungluͤck ſeiner
Schweſter beygetragen hat, als Lovelace ſelbſt,
und dieß mit ihrer aller Genehmhaltung; ſo be-
gegnet worden, daß ich weder ihre, noch jener
Schwellen jemals wieder betreten werde. Meine
Be-
Siebenter Theil. Y
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/343>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.