"keinen Vortheil über sich gestattet habe. Allein "er will sich, schreibt er, in diese Sache nicht eher "weiter einlassen, als bis er die Ehre hat, sie zu "sehen: und das um so viel mehr, weil sie so fest "gegen euch entschlossen zu seyn scheinet. Gleich- "wohl kann er nicht anders sagen, als daß er euch "für einen artigen und verständigen Mann halte, "und daß ihr dem Rufe nach in allen Fällen, oh- "ne wo es auf das schöne Geschlecht ankommt, "für edelmüthig angesehen werdet. Jn den aus- "genommenen Fällen, gesteht er, habt ihr euch "Freyheiten angemaßet, die nicht zu entschuldigen "sind. Und es ist ihm leid zu sagen, daß es we- "nige junge Leute von guten äußerlichen Umstän- "den gebe, die sich in eben denen Fällen nicht sehr "viel nachsehen sollten. Personen von beyderley "Geschlecht, merkt er an, mögen sich einander all- "zu gern in ihrer Gewalt haben: und dennoch "habe er schwerlich jemals eine Mannsperson "oder ein Frauenzimmer gekannt, denen es sehr "um Gewalt zu thun gewesen, welche sich dersel- "ben recht gebrauchet hätte.
"Wofern sie schlechterdings entschlossen ist, "euch nicht zu heyrathen; wie sie sich erkläret: so "macht er sich Hoffnung, wie er schreibt, sie zu be- "reden, daß sie, so bald als es ihre Gesundheit zu- "lassen wird, eine kleine Reise mit ihm vornehme. "Das, meynt er, werde sie nach aller Wahrschein- "lichkeit in einen dauerhaften Zustand setzen: weil "das Reisen gewiß das beste Arzneymittel gegen "alle dergleichen Krankheiten sey, die ihren Ur-
sprung
Z 4
„keinen Vortheil uͤber ſich geſtattet habe. Allein „er will ſich, ſchreibt er, in dieſe Sache nicht eher „weiter einlaſſen, als bis er die Ehre hat, ſie zu „ſehen: und das um ſo viel mehr, weil ſie ſo feſt „gegen euch entſchloſſen zu ſeyn ſcheinet. Gleich- „wohl kann er nicht anders ſagen, als daß er euch „fuͤr einen artigen und verſtaͤndigen Mann halte, „und daß ihr dem Rufe nach in allen Faͤllen, oh- „ne wo es auf das ſchoͤne Geſchlecht ankommt, „fuͤr edelmuͤthig angeſehen werdet. Jn den aus- „genommenen Faͤllen, geſteht er, habt ihr euch „Freyheiten angemaßet, die nicht zu entſchuldigen „ſind. Und es iſt ihm leid zu ſagen, daß es we- „nige junge Leute von guten aͤußerlichen Umſtaͤn- „den gebe, die ſich in eben denen Faͤllen nicht ſehr „viel nachſehen ſollten. Perſonen von beyderley „Geſchlecht, merkt er an, moͤgen ſich einander all- „zu gern in ihrer Gewalt haben: und dennoch „habe er ſchwerlich jemals eine Mannsperſon „oder ein Frauenzimmer gekannt, denen es ſehr „um Gewalt zu thun geweſen, welche ſich derſel- „ben recht gebrauchet haͤtte.
„Wofern ſie ſchlechterdings entſchloſſen iſt, „euch nicht zu heyrathen; wie ſie ſich erklaͤret: ſo „macht er ſich Hoffnung, wie er ſchreibt, ſie zu be- „reden, daß ſie, ſo bald als es ihre Geſundheit zu- „laſſen wird, eine kleine Reiſe mit ihm vornehme. „Das, meynt er, werde ſie nach aller Wahrſchein- „lichkeit in einen dauerhaften Zuſtand ſetzen: weil „das Reiſen gewiß das beſte Arzneymittel gegen „alle dergleichen Krankheiten ſey, die ihren Ur-
ſprung
Z 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0365"n="359"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>„keinen Vortheil uͤber ſich geſtattet habe. Allein<lb/>„er will ſich, ſchreibt er, in dieſe Sache nicht eher<lb/>„weiter einlaſſen, als bis er die Ehre hat, ſie zu<lb/>„ſehen: und das um ſo viel mehr, weil ſie ſo feſt<lb/>„gegen euch entſchloſſen zu ſeyn ſcheinet. Gleich-<lb/>„wohl kann er nicht anders ſagen, als daß er euch<lb/>„fuͤr einen artigen und verſtaͤndigen Mann halte,<lb/>„und daß ihr dem Rufe nach in allen Faͤllen, oh-<lb/>„ne wo es auf das ſchoͤne Geſchlecht ankommt,<lb/>„fuͤr edelmuͤthig angeſehen werdet. Jn den <hirendition="#fr">aus-<lb/>„genommenen Faͤllen,</hi> geſteht er, habt ihr euch<lb/>„Freyheiten angemaßet, die nicht zu entſchuldigen<lb/>„ſind. Und es iſt ihm leid zu ſagen, daß es we-<lb/>„nige junge Leute von guten aͤußerlichen Umſtaͤn-<lb/>„den gebe, die ſich in eben denen Faͤllen nicht ſehr<lb/>„viel nachſehen ſollten. Perſonen von beyderley<lb/>„Geſchlecht, merkt er an, moͤgen ſich einander all-<lb/>„zu gern in ihrer Gewalt haben: und dennoch<lb/>„habe er ſchwerlich jemals eine Mannsperſon<lb/>„oder ein Frauenzimmer gekannt, denen es ſehr<lb/>„um Gewalt zu thun geweſen, welche ſich derſel-<lb/>„ben recht gebrauchet haͤtte.</p><lb/><p>„Wofern ſie ſchlechterdings entſchloſſen iſt,<lb/>„euch nicht zu heyrathen; wie ſie ſich erklaͤret: ſo<lb/>„macht er ſich Hoffnung, wie er ſchreibt, ſie zu be-<lb/>„reden, daß ſie, ſo bald als es ihre Geſundheit zu-<lb/>„laſſen wird, eine kleine Reiſe mit ihm vornehme.<lb/>„Das, meynt er, werde ſie nach aller Wahrſchein-<lb/>„lichkeit in einen dauerhaften Zuſtand ſetzen: weil<lb/>„das Reiſen gewiß das beſte Arzneymittel gegen<lb/>„alle dergleichen Krankheiten ſey, die ihren Ur-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Z 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſprung</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[359/0365]
„keinen Vortheil uͤber ſich geſtattet habe. Allein
„er will ſich, ſchreibt er, in dieſe Sache nicht eher
„weiter einlaſſen, als bis er die Ehre hat, ſie zu
„ſehen: und das um ſo viel mehr, weil ſie ſo feſt
„gegen euch entſchloſſen zu ſeyn ſcheinet. Gleich-
„wohl kann er nicht anders ſagen, als daß er euch
„fuͤr einen artigen und verſtaͤndigen Mann halte,
„und daß ihr dem Rufe nach in allen Faͤllen, oh-
„ne wo es auf das ſchoͤne Geſchlecht ankommt,
„fuͤr edelmuͤthig angeſehen werdet. Jn den aus-
„genommenen Faͤllen, geſteht er, habt ihr euch
„Freyheiten angemaßet, die nicht zu entſchuldigen
„ſind. Und es iſt ihm leid zu ſagen, daß es we-
„nige junge Leute von guten aͤußerlichen Umſtaͤn-
„den gebe, die ſich in eben denen Faͤllen nicht ſehr
„viel nachſehen ſollten. Perſonen von beyderley
„Geſchlecht, merkt er an, moͤgen ſich einander all-
„zu gern in ihrer Gewalt haben: und dennoch
„habe er ſchwerlich jemals eine Mannsperſon
„oder ein Frauenzimmer gekannt, denen es ſehr
„um Gewalt zu thun geweſen, welche ſich derſel-
„ben recht gebrauchet haͤtte.
„Wofern ſie ſchlechterdings entſchloſſen iſt,
„euch nicht zu heyrathen; wie ſie ſich erklaͤret: ſo
„macht er ſich Hoffnung, wie er ſchreibt, ſie zu be-
„reden, daß ſie, ſo bald als es ihre Geſundheit zu-
„laſſen wird, eine kleine Reiſe mit ihm vornehme.
„Das, meynt er, werde ſie nach aller Wahrſchein-
„lichkeit in einen dauerhaften Zuſtand ſetzen: weil
„das Reiſen gewiß das beſte Arzneymittel gegen
„alle dergleichen Krankheiten ſey, die ihren Ur-
ſprung
Z 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/365>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.