nach der Zeit gewünschet, daß er mich nicht so lieb gehabt hätte!
Jch wünsche itzo, da ich dieß schreibe, auch selbst meinen Vetter Morden nicht zu sehen. O meine liebe Fr. Norton! meine werthe mütterlich- gesinnte Freundinn! Jch bin im Begriff eine bessere Reise anzutreten, als nach Frankreich oder Jtalien - - oder auch selbst nach meiner mir ehe- mals lieben Holländerey! - - Wie geringe schei- nen mir itzo alle diejenigen Aussichten und Ver- gnügungen, welche mir in meinen gesunden Tagen so angenehm zu seyn pflegten! - -
Jn Wahrheit, in Wahrheit, meine liebe Mamma Norton, ich werde glückselig seyn! Jch weiß, ich werde es seyn! - - Jch habe bereits reizungsvolle Vorbedeutungen der Glückseligkeit - - Sagen Sie allen meinen Freunden, daß ich glückselig seyn werde! Wer wollte die Strafen, die ich ausgestanden habe, nicht gerne ausstehen, um die frohen Aussichten in die Zukunft, und die Versicherungen, in welchen ich mich erfreue, zu erlangen! - - Versicherungen, die ich nicht ge- habt haben möchte, wenn mir alle meine Wün- sche gewähret worden wären!
Jch habe auch so gar Sie, meine werthe Fr. Norton, nicht nöthig zu sehen. Nichts desto we- niger muß ich gestehen, damit ich meiner Dank- barkeit Gerechtigkeit widerfahren lasse, daß eine Zeit gewesen ist, da Jhre Gegenwart und Jhr trostreicher Zuspruch ein Balsam für mein verwun- detes Herz gewesen seyn würde, wenn es Jhnen
hätte
nach der Zeit gewuͤnſchet, daß er mich nicht ſo lieb gehabt haͤtte!
Jch wuͤnſche itzo, da ich dieß ſchreibe, auch ſelbſt meinen Vetter Morden nicht zu ſehen. O meine liebe Fr. Norton! meine werthe muͤtterlich- geſinnte Freundinn! Jch bin im Begriff eine beſſere Reiſe anzutreten, als nach Frankreich oder Jtalien ‒ ‒ oder auch ſelbſt nach meiner mir ehe- mals lieben Hollaͤnderey! ‒ ‒ Wie geringe ſchei- nen mir itzo alle diejenigen Ausſichten und Ver- gnuͤgungen, welche mir in meinen geſunden Tagen ſo angenehm zu ſeyn pflegten! ‒ ‒
Jn Wahrheit, in Wahrheit, meine liebe Mamma Norton, ich werde gluͤckſelig ſeyn! Jch weiß, ich werde es ſeyn! ‒ ‒ Jch habe bereits reizungsvolle Vorbedeutungen der Gluͤckſeligkeit ‒ ‒ Sagen Sie allen meinen Freunden, daß ich gluͤckſelig ſeyn werde! Wer wollte die Strafen, die ich ausgeſtanden habe, nicht gerne ausſtehen, um die frohen Ausſichten in die Zukunft, und die Verſicherungen, in welchen ich mich erfreue, zu erlangen! ‒ ‒ Verſicherungen, die ich nicht ge- habt haben moͤchte, wenn mir alle meine Wuͤn- ſche gewaͤhret worden waͤren!
Jch habe auch ſo gar Sie, meine werthe Fr. Norton, nicht noͤthig zu ſehen. Nichts deſto we- niger muß ich geſtehen, damit ich meiner Dank- barkeit Gerechtigkeit widerfahren laſſe, daß eine Zeit geweſen iſt, da Jhre Gegenwart und Jhr troſtreicher Zuſpruch ein Balſam fuͤr mein verwun- detes Herz geweſen ſeyn wuͤrde, wenn es Jhnen
haͤtte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0388"n="382"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
nach der Zeit gewuͤnſchet, daß er mich nicht ſo lieb<lb/>
gehabt haͤtte!</p><lb/><p>Jch wuͤnſche itzo, da ich dieß ſchreibe, auch<lb/>ſelbſt meinen Vetter Morden nicht zu ſehen. O<lb/>
meine liebe Fr. Norton! meine werthe muͤtterlich-<lb/>
geſinnte Freundinn! Jch bin im Begriff eine<lb/>
beſſere Reiſe anzutreten, als nach Frankreich oder<lb/>
Jtalien ‒‒ oder auch ſelbſt nach meiner mir ehe-<lb/>
mals lieben Hollaͤnderey! ‒‒ Wie geringe ſchei-<lb/>
nen mir itzo alle diejenigen Ausſichten und Ver-<lb/>
gnuͤgungen, welche mir in meinen geſunden Tagen<lb/>ſo angenehm zu ſeyn pflegten! ‒‒</p><lb/><p>Jn Wahrheit, in Wahrheit, meine liebe<lb/>
Mamma Norton, ich werde gluͤckſelig ſeyn! Jch<lb/><hirendition="#fr">weiß,</hi> ich werde es ſeyn! ‒‒ Jch habe bereits<lb/>
reizungsvolle Vorbedeutungen der Gluͤckſeligkeit<lb/>‒‒ Sagen Sie allen meinen Freunden, daß ich<lb/>
gluͤckſelig ſeyn werde! Wer wollte die Strafen,<lb/>
die ich ausgeſtanden habe, nicht gerne ausſtehen,<lb/>
um die frohen Ausſichten in die Zukunft, und die<lb/>
Verſicherungen, in welchen ich mich erfreue, zu<lb/>
erlangen! ‒‒ Verſicherungen, die ich <hirendition="#fr">nicht ge-<lb/>
habt haben</hi> moͤchte, wenn mir alle meine Wuͤn-<lb/>ſche gewaͤhret worden waͤren!</p><lb/><p>Jch habe auch ſo gar Sie, meine werthe Fr.<lb/>
Norton, nicht noͤthig zu ſehen. Nichts deſto we-<lb/>
niger muß ich geſtehen, damit ich meiner Dank-<lb/>
barkeit Gerechtigkeit widerfahren laſſe, daß eine<lb/>
Zeit geweſen iſt, da Jhre Gegenwart und Jhr<lb/>
troſtreicher Zuſpruch ein Balſam fuͤr mein verwun-<lb/>
detes Herz geweſen ſeyn wuͤrde, wenn es Jhnen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">haͤtte</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[382/0388]
nach der Zeit gewuͤnſchet, daß er mich nicht ſo lieb
gehabt haͤtte!
Jch wuͤnſche itzo, da ich dieß ſchreibe, auch
ſelbſt meinen Vetter Morden nicht zu ſehen. O
meine liebe Fr. Norton! meine werthe muͤtterlich-
geſinnte Freundinn! Jch bin im Begriff eine
beſſere Reiſe anzutreten, als nach Frankreich oder
Jtalien ‒ ‒ oder auch ſelbſt nach meiner mir ehe-
mals lieben Hollaͤnderey! ‒ ‒ Wie geringe ſchei-
nen mir itzo alle diejenigen Ausſichten und Ver-
gnuͤgungen, welche mir in meinen geſunden Tagen
ſo angenehm zu ſeyn pflegten! ‒ ‒
Jn Wahrheit, in Wahrheit, meine liebe
Mamma Norton, ich werde gluͤckſelig ſeyn! Jch
weiß, ich werde es ſeyn! ‒ ‒ Jch habe bereits
reizungsvolle Vorbedeutungen der Gluͤckſeligkeit
‒ ‒ Sagen Sie allen meinen Freunden, daß ich
gluͤckſelig ſeyn werde! Wer wollte die Strafen,
die ich ausgeſtanden habe, nicht gerne ausſtehen,
um die frohen Ausſichten in die Zukunft, und die
Verſicherungen, in welchen ich mich erfreue, zu
erlangen! ‒ ‒ Verſicherungen, die ich nicht ge-
habt haben moͤchte, wenn mir alle meine Wuͤn-
ſche gewaͤhret worden waͤren!
Jch habe auch ſo gar Sie, meine werthe Fr.
Norton, nicht noͤthig zu ſehen. Nichts deſto we-
niger muß ich geſtehen, damit ich meiner Dank-
barkeit Gerechtigkeit widerfahren laſſe, daß eine
Zeit geweſen iſt, da Jhre Gegenwart und Jhr
troſtreicher Zuſpruch ein Balſam fuͤr mein verwun-
detes Herz geweſen ſeyn wuͤrde, wenn es Jhnen
haͤtte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/388>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.