schlecht muß seine Kunst seyn, wo sie es nicht in dem vierten Theil der Zeit, die er zu ihr gegangen, aufzuziehen vermögend gewesen ist: da bey seinen ersten Besuchen die Triebfedern und Räder zum Leben und zur Bewegung so gut waren, daß sie nur eine nicht außerordentliche Sorgfalt und ein wenig Oel nöthig zu haben schienen!
Jch bin euch für eure Bemühgung, sie zu bewegen, daß sie mich vor sich ließe, verbunden. Es ist ein Freundschaftstück gewesen. Hätte sie mich dieser Gunst würdig geachtet: so würde sie den niedrigsten Anbeter, der jemals vor einer mit Recht zürnenden Schönheit geknieet hat, zu ihren Füßen gesehen haben.
Was sie euch befiehlet, und was sie euch ver- bietet mir zu sagen, und zwar in Ansehung des letztern aus zärtlichen Bewegursachen; daß sie mir nämlich vergebe, und, wenn sie mich hätte fromm machen können, mich glücklich gemacht haben könnte; daß sie mich einmal geliebet; - - daß sie zu einer solchen Stunde gestehet, sie habe mich einmal geliebet, und habe niemals vorher ei- ne Mannsperson geliebet! - - daß sie für mich bete; daß ihre letzte Thräne für mich vergossen werden sollte, wenn sie dadurch eine Seele retten könnte, die ohne sie zum Verderben verurtheilet ist; - - O Belford, Belford! das ist mir uner- träglich. - - Was für ein Hund, was für ein Teufel bin ich gegen einen solchen Ausbund der Güte gewesen! - - Warum schilt sie nicht auf mich? - - Warum verflucht sie mich nicht? O
die
Siebenter Theil. C c
ſchlecht muß ſeine Kunſt ſeyn, wo ſie es nicht in dem vierten Theil der Zeit, die er zu ihr gegangen, aufzuziehen vermoͤgend geweſen iſt: da bey ſeinen erſten Beſuchen die Triebfedern und Raͤder zum Leben und zur Bewegung ſo gut waren, daß ſie nur eine nicht außerordentliche Sorgfalt und ein wenig Oel noͤthig zu haben ſchienen!
Jch bin euch fuͤr eure Bemuͤhgung, ſie zu bewegen, daß ſie mich vor ſich ließe, verbunden. Es iſt ein Freundſchaftſtuͤck geweſen. Haͤtte ſie mich dieſer Gunſt wuͤrdig geachtet: ſo wuͤrde ſie den niedrigſten Anbeter, der jemals vor einer mit Recht zuͤrnenden Schoͤnheit geknieet hat, zu ihren Fuͤßen geſehen haben.
Was ſie euch befiehlet, und was ſie euch ver- bietet mir zu ſagen, und zwar in Anſehung des letztern aus zaͤrtlichen Bewegurſachen; daß ſie mir naͤmlich vergebe, und, wenn ſie mich haͤtte fromm machen koͤnnen, mich gluͤcklich gemacht haben koͤnnte; daß ſie mich einmal geliebet; ‒ ‒ daß ſie zu einer ſolchen Stunde geſtehet, ſie habe mich einmal geliebet, und habe niemals vorher ei- ne Mannsperſon geliebet! ‒ ‒ daß ſie fuͤr mich bete; daß ihre letzte Thraͤne fuͤr mich vergoſſen werden ſollte, wenn ſie dadurch eine Seele retten koͤnnte, die ohne ſie zum Verderben verurtheilet iſt; ‒ ‒ O Belford, Belford! das iſt mir uner- traͤglich. ‒ ‒ Was fuͤr ein Hund, was fuͤr ein Teufel bin ich gegen einen ſolchen Ausbund der Guͤte geweſen! ‒ ‒ Warum ſchilt ſie nicht auf mich? ‒ ‒ Warum verflucht ſie mich nicht? O
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Siebenter Theil. C c
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ſchlecht muß ſeine Kunſt ſeyn, wo ſie es nicht in
dem vierten Theil der Zeit, die er zu ihr gegangen,
aufzuziehen vermoͤgend geweſen iſt: da bey ſeinen
erſten Beſuchen die Triebfedern und Raͤder zum
Leben und zur Bewegung ſo gut waren, daß ſie
nur eine nicht außerordentliche Sorgfalt und ein
wenig Oel noͤthig zu haben ſchienen!
Jch bin euch fuͤr eure Bemuͤhgung, ſie zu
bewegen, daß ſie mich vor ſich ließe, verbunden.
Es iſt ein Freundſchaftſtuͤck geweſen. Haͤtte ſie
mich dieſer Gunſt wuͤrdig geachtet: ſo wuͤrde
ſie den niedrigſten Anbeter, der jemals vor einer
mit Recht zuͤrnenden Schoͤnheit geknieet hat, zu
ihren Fuͤßen geſehen haben.
Was ſie euch befiehlet, und was ſie euch ver-
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daß ſie zu einer ſolchen Stunde geſtehet, ſie habe
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werden ſollte, wenn ſie dadurch eine Seele retten
koͤnnte, die ohne ſie zum Verderben verurtheilet
iſt; ‒ ‒ O Belford, Belford! das iſt mir uner-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/407>, abgerufen am 22.11.2024.
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