daher gekommen, daß sie eben um ihrer Höflich- keiten willen gegen sie desto schlechter gefahren ist. Aber ist denn keine Hoffnung zu ihrer Ge- nesung?
Die Aerzte haben sie mit der traurigen Er- klärung, daß keine mehr da sey, verlassen.
Hat sie gute Pflege gehabt, mein Herr? Ei- nen erfahrnen und geschickten Arzt? Jch höre, diese guten Leute sind sehr höflich und gefällig ge- gen sie gewesen - -
Wer könnte wohl anders, sagte Fr. Smi- thinn mit Weinen? Sie ist die liebenswürdigste Fräulein von der Welt!
Ein Ruhm, sprach der Obrist, welcher seine Augen und die eine Hand aufhub, den ihr alle Menschen geben! - - Lieber Gott! Wie ist es ihrem verfluchten Freunde möglich gewesen - -
Und wie, fiel ich ihm in die Rede, ist es ih- ren grausamen Eltern möglich gewesen. - - Wir können für ihn eben so leicht, als für diese, Rede und Antwort geben.
Nur mehr als zu wahr! versetzte er: wenn man die schändliche Art der liederlichen Leute von unserm Geschlechte erwäget, so oft sie irgend eine Person von dem andern Geschlechte in ihre Ge- walt bekommen können.
Jch gab ihm hinlängliche Nachricht von der Sorge, die man für sie getragen hätte, und erzähl- te ihm die freundschaftliche, ja gar väterliche Sorgfalt, die ihr von dem Dr. H. und Herrn Goddard bewiesen wäre.
Er
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daher gekommen, daß ſie eben um ihrer Hoͤflich- keiten willen gegen ſie deſto ſchlechter gefahren iſt. Aber iſt denn keine Hoffnung zu ihrer Ge- neſung?
Die Aerzte haben ſie mit der traurigen Er- klaͤrung, daß keine mehr da ſey, verlaſſen.
Hat ſie gute Pflege gehabt, mein Herr? Ei- nen erfahrnen und geſchickten Arzt? Jch hoͤre, dieſe guten Leute ſind ſehr hoͤflich und gefaͤllig ge- gen ſie geweſen ‒ ‒
Wer koͤnnte wohl anders, ſagte Fr. Smi- thinn mit Weinen? Sie iſt die liebenswuͤrdigſte Fraͤulein von der Welt!
Ein Ruhm, ſprach der Obriſt, welcher ſeine Augen und die eine Hand aufhub, den ihr alle Menſchen geben! ‒ ‒ Lieber Gott! Wie iſt es ihrem verfluchten Freunde moͤglich geweſen ‒ ‒
Und wie, fiel ich ihm in die Rede, iſt es ih- ren grauſamen Eltern moͤglich geweſen. ‒ ‒ Wir koͤnnen fuͤr ihn eben ſo leicht, als fuͤr dieſe, Rede und Antwort geben.
Nur mehr als zu wahr! verſetzte er: wenn man die ſchaͤndliche Art der liederlichen Leute von unſerm Geſchlechte erwaͤget, ſo oft ſie irgend eine Perſon von dem andern Geſchlechte in ihre Ge- walt bekommen koͤnnen.
Jch gab ihm hinlaͤngliche Nachricht von der Sorge, die man fuͤr ſie getragen haͤtte, und erzaͤhl- te ihm die freundſchaftliche, ja gar vaͤterliche Sorgfalt, die ihr von dem Dr. H. und Herrn Goddard bewieſen waͤre.
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daher gekommen, daß ſie eben um ihrer Hoͤflich-
keiten willen gegen ſie deſto ſchlechter gefahren
iſt. Aber iſt denn keine Hoffnung zu ihrer Ge-
neſung?
Die Aerzte haben ſie mit der traurigen Er-
klaͤrung, daß keine mehr da ſey, verlaſſen.
Hat ſie gute Pflege gehabt, mein Herr? Ei-
nen erfahrnen und geſchickten Arzt? Jch hoͤre,
dieſe guten Leute ſind ſehr hoͤflich und gefaͤllig ge-
gen ſie geweſen ‒ ‒
Wer koͤnnte wohl anders, ſagte Fr. Smi-
thinn mit Weinen? Sie iſt die liebenswuͤrdigſte
Fraͤulein von der Welt!
Ein Ruhm, ſprach der Obriſt, welcher ſeine
Augen und die eine Hand aufhub, den ihr alle
Menſchen geben! ‒ ‒ Lieber Gott! Wie iſt es
ihrem verfluchten Freunde moͤglich geweſen ‒ ‒
Und wie, fiel ich ihm in die Rede, iſt es ih-
ren grauſamen Eltern moͤglich geweſen. ‒ ‒ Wir
koͤnnen fuͤr ihn eben ſo leicht, als fuͤr dieſe, Rede
und Antwort geben.
Nur mehr als zu wahr! verſetzte er: wenn
man die ſchaͤndliche Art der liederlichen Leute von
unſerm Geſchlechte erwaͤget, ſo oft ſie irgend eine
Perſon von dem andern Geſchlechte in ihre Ge-
walt bekommen koͤnnen.
Jch gab ihm hinlaͤngliche Nachricht von der
Sorge, die man fuͤr ſie getragen haͤtte, und erzaͤhl-
te ihm die freundſchaftliche, ja gar vaͤterliche
Sorgfalt, die ihr von dem Dr. H. und Herrn
Goddard bewieſen waͤre.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/429>, abgerufen am 22.11.2024.
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