Sie sind sehr gütig, mein Herr. Jch bin ihnen höchlich verbunden, und verbunden gewesen. Allein ich denke, es wird mir itzo schmerzlich seyn, ihn zu sehen, weil es ihm Kummer machen wird, mich zu sehen. Gleichwohl, da es noch nicht so übel mit mir ist, als es bald seyn wird - - ist es desto besser, je eher er kommt. Aber wo er kommt, was soll ich wegen der spanischen Wand machen? Er wird mir nach aller Wahrscheinlichkeit deswe- gen Verweise geben, und ich kann itzo keine Ver- weise ertragen. Vielleicht - - hiemit lehnte sie sich auf Fr. Lovick und Fr. Smithinn - - kann ich in das nächste Zimmer gehen, ihn zu em- pfangen.
Sie bewegte sich, aufzustehen: allein sie wä- re beynahe wieder in Ohnmacht gefallen, und ward genöthigt, sitzen zu bleiben.
Der Obrist war hinter der spanischen Wand in vollkommener Bewegung, da er diese Unterre- dung hörete, und kam zweymal, ohne daß seine Base es sahe, von derselben auf sie zu, ging aber aus Furcht, sie zu sehr zu überraschen, wieder zurück.
Jch ging zu ihm und half ihm sich zurückzu- ziehen: indem sie nur dieses sagte: Wollen sie weggehen, Herr Belford? Werden sie hinunter- gerufen? Jst mein Vetter gekommen? Denn sie hörte jemand leise queer über das Zimmer gehen, und dachte, ich wäre es: weil ihr Gehör besser war, als ihr Gesicht.
Jch
Sie ſind ſehr guͤtig, mein Herr. Jch bin ihnen hoͤchlich verbunden, und verbunden geweſen. Allein ich denke, es wird mir itzo ſchmerzlich ſeyn, ihn zu ſehen, weil es ihm Kummer machen wird, mich zu ſehen. Gleichwohl, da es noch nicht ſo uͤbel mit mir iſt, als es bald ſeyn wird ‒ ‒ iſt es deſto beſſer, je eher er kommt. Aber wo er kommt, was ſoll ich wegen der ſpaniſchen Wand machen? Er wird mir nach aller Wahrſcheinlichkeit deswe- gen Verweiſe geben, und ich kann itzo keine Ver- weiſe ertragen. Vielleicht ‒ ‒ hiemit lehnte ſie ſich auf Fr. Lovick und Fr. Smithinn ‒ ‒ kann ich in das naͤchſte Zimmer gehen, ihn zu em- pfangen.
Sie bewegte ſich, aufzuſtehen: allein ſie waͤ- re beynahe wieder in Ohnmacht gefallen, und ward genoͤthigt, ſitzen zu bleiben.
Der Obriſt war hinter der ſpaniſchen Wand in vollkommener Bewegung, da er dieſe Unterre- dung hoͤrete, und kam zweymal, ohne daß ſeine Baſe es ſahe, von derſelben auf ſie zu, ging aber aus Furcht, ſie zu ſehr zu uͤberraſchen, wieder zuruͤck.
Jch ging zu ihm und half ihm ſich zuruͤckzu- ziehen: indem ſie nur dieſes ſagte: Wollen ſie weggehen, Herr Belford? Werden ſie hinunter- gerufen? Jſt mein Vetter gekommen? Denn ſie hoͤrte jemand leiſe queer uͤber das Zimmer gehen, und dachte, ich waͤre es: weil ihr Gehoͤr beſſer war, als ihr Geſicht.
Jch
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Sie ſind ſehr guͤtig, mein Herr. Jch bin
ihnen hoͤchlich verbunden, und verbunden geweſen.
Allein ich denke, es wird mir itzo ſchmerzlich ſeyn,
ihn zu ſehen, weil es ihm Kummer machen wird,
mich zu ſehen. Gleichwohl, da es noch nicht ſo
uͤbel mit mir iſt, als es bald ſeyn wird ‒ ‒ iſt es
deſto beſſer, je eher er kommt. Aber wo er kommt,
was ſoll ich wegen der ſpaniſchen Wand machen?
Er wird mir nach aller Wahrſcheinlichkeit deswe-
gen Verweiſe geben, und ich kann itzo keine Ver-
weiſe ertragen. Vielleicht ‒ ‒ hiemit lehnte ſie
ſich auf Fr. Lovick und Fr. Smithinn ‒ ‒ kann
ich in das naͤchſte Zimmer gehen, ihn zu em-
pfangen.
Sie bewegte ſich, aufzuſtehen: allein ſie waͤ-
re beynahe wieder in Ohnmacht gefallen, und ward
genoͤthigt, ſitzen zu bleiben.
Der Obriſt war hinter der ſpaniſchen Wand
in vollkommener Bewegung, da er dieſe Unterre-
dung hoͤrete, und kam zweymal, ohne daß ſeine
Baſe es ſahe, von derſelben auf ſie zu, ging aber
aus Furcht, ſie zu ſehr zu uͤberraſchen, wieder
zuruͤck.
Jch ging zu ihm und half ihm ſich zuruͤckzu-
ziehen: indem ſie nur dieſes ſagte: Wollen ſie
weggehen, Herr Belford? Werden ſie hinunter-
gerufen? Jſt mein Vetter gekommen? Denn ſie
hoͤrte jemand leiſe queer uͤber das Zimmer gehen,
und dachte, ich waͤre es: weil ihr Gehoͤr beſſer
war, als ihr Geſicht.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/437>, abgerufen am 22.11.2024.
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