chen habt; sonst kann es von Tage zu Tage schwe- rer werden.
Tourville erzählet mir, in was für einem Zu- stande ihr seyd. Jch hoffe, ihr werdet euch nicht in den Kopf kommen lassen, hierher zu kommen. Die Fräulein verlangt in ihrem Testament, daß ihr sie nicht sehen möget. Es sind vier Abschrif- ten von demselben zu machen. Es ist lang: denn sie giebt von allem, was sie verordnet, ihre Gründe an. Jch will umständlicher an euch schreiben, so bald es mir nur irgend möglich ist.
Eben itzo werden durch einen Bedienten in Livrey drey Briefe mit der Aufschrift: An Fräu- lein Clarissa Harlowe, überbracht. Jch will euch Abschriften davon schicken. Der Jnhalt ist schon hinlänglich, einen verwirrt zu machen. Wie würde sich diese arme Fräulein gefreuet haben: wenn sie sie bekommen hätte. - - Jedoch, wenn sie sie gehabt hätte: so würde sie nicht im Stan- de gewesen seyn, zu sagen, wie sie edelmüthig sag- te, daß Gott nicht haben wollte, daß sie sich auf irgend jemand, als auf ihn, verlas- sen sollte, Trost zu erlangen. - - Und in der That, einige Tage her war sie über alle weltliche Betrachtungen hinaus zu seyn geschienen - - Jh- re feurige Liebe selbst gegen ihre Fräulein Howe hatte, wie sie bekannte, einem höhern Feuer Platz gemacht.
Der
chen habt; ſonſt kann es von Tage zu Tage ſchwe- rer werden.
Tourville erzaͤhlet mir, in was fuͤr einem Zu- ſtande ihr ſeyd. Jch hoffe, ihr werdet euch nicht in den Kopf kommen laſſen, hierher zu kommen. Die Fraͤulein verlangt in ihrem Teſtament, daß ihr ſie nicht ſehen moͤget. Es ſind vier Abſchrif- ten von demſelben zu machen. Es iſt lang: denn ſie giebt von allem, was ſie verordnet, ihre Gruͤnde an. Jch will umſtaͤndlicher an euch ſchreiben, ſo bald es mir nur irgend moͤglich iſt.
Eben itzo werden durch einen Bedienten in Livrey drey Briefe mit der Aufſchrift: An Fraͤu- lein Clariſſa Harlowe, uͤberbracht. Jch will euch Abſchriften davon ſchicken. Der Jnhalt iſt ſchon hinlaͤnglich, einen verwirrt zu machen. Wie wuͤrde ſich dieſe arme Fraͤulein gefreuet haben: wenn ſie ſie bekommen haͤtte. ‒ ‒ Jedoch, wenn ſie ſie gehabt haͤtte: ſo wuͤrde ſie nicht im Stan- de geweſen ſeyn, zu ſagen, wie ſie edelmuͤthig ſag- te, daß Gott nicht haben wollte, daß ſie ſich auf irgend jemand, als auf ihn, verlaſ- ſen ſollte, Troſt zu erlangen. ‒ ‒ Und in der That, einige Tage her war ſie uͤber alle weltliche Betrachtungen hinaus zu ſeyn geſchienen ‒ ‒ Jh- re feurige Liebe ſelbſt gegen ihre Fraͤulein Howe hatte, wie ſie bekannte, einem hoͤhern Feuer Platz gemacht.
Der
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chen habt; ſonſt kann es von Tage zu Tage ſchwe-
rer werden.
Tourville erzaͤhlet mir, in was fuͤr einem Zu-
ſtande ihr ſeyd. Jch hoffe, ihr werdet euch nicht
in den Kopf kommen laſſen, hierher zu kommen.
Die Fraͤulein verlangt in ihrem Teſtament, daß
ihr ſie nicht ſehen moͤget. Es ſind vier Abſchrif-
ten von demſelben zu machen. Es iſt lang:
denn ſie giebt von allem, was ſie verordnet, ihre
Gruͤnde an. Jch will umſtaͤndlicher an euch
ſchreiben, ſo bald es mir nur irgend moͤglich iſt.
Eben itzo werden durch einen Bedienten in
Livrey drey Briefe mit der Aufſchrift: An Fraͤu-
lein Clariſſa Harlowe, uͤberbracht. Jch will
euch Abſchriften davon ſchicken. Der Jnhalt iſt
ſchon hinlaͤnglich, einen verwirrt zu machen. Wie
wuͤrde ſich dieſe arme Fraͤulein gefreuet haben:
wenn ſie ſie bekommen haͤtte. ‒ ‒ Jedoch, wenn
ſie ſie gehabt haͤtte: ſo wuͤrde ſie nicht im Stan-
de geweſen ſeyn, zu ſagen, wie ſie edelmuͤthig ſag-
te, daß Gott nicht haben wollte, daß ſie
ſich auf irgend jemand, als auf ihn, verlaſ-
ſen ſollte, Troſt zu erlangen. ‒ ‒ Und in der
That, einige Tage her war ſie uͤber alle weltliche
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re feurige Liebe ſelbſt gegen ihre Fraͤulein
Howe hatte, wie ſie bekannte, einem hoͤhern
Feuer Platz gemacht.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/472>, abgerufen am 22.11.2024.
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