Güte gegen mich, zu einer Zeit, da ich am mei- sten Hülfe und Schutz nöthig hatte, noch einmal zu wiederhohlen.
Einige wenige Betrachtungen, bitte ich mir die Erlaubniß aus, bey Jhrer Durchlesung des gegenwärtigen, itzo von den Todten, mit allem Eifer einer aufrichtigen Freundschaft, Jhnen auf das nachdrücklichste zu Gemüthe zu führen.
Zu der Zeit, da Sie diese Zeilen sehen wer- den, werden Sie an den letzten Stunden einer Person, die bis an ihre letzte Stunde Jhre ewi- ge Wohlfarth wünschen wird, wie ich in demü- thiger Zuversicht hoffe, ein Beyspiel von der trost- reichen Wichtigkeit eines beruhigten Gewissens gehabt haben.
Der große Herzog von Luxemburg erklärte sich, wie ich gehört habe, auf seinem Todbette, daß es ihm damals viel lieber gewesen seyn wür- de, wenn er sich zu erinnern gehabt hätte, daß er einer armen und würdigen Person in der Noth einen Becher kalten Wassers gereichet, als daß er so viele Schlachten gewonnen, wie ihm zu einem Siegesgepränge gedienet hätten - - Und, wie je- mand wohl anmerket, alle Empfindungen einer weltlichen Höhe verschwinden in dem unvermeid- lichen Augenblick, der aller Menschen Schicksal entscheidet.
Jst es denn, zu der fürchterlichen Stunde, mit den Siegern über ganze Heere, mit den Be- zwingern ganzer Völker nicht anders: so erlauben Sie mir, nur in gar wenigen Worten; viele
sind
Guͤte gegen mich, zu einer Zeit, da ich am mei- ſten Huͤlfe und Schutz noͤthig hatte, noch einmal zu wiederhohlen.
Einige wenige Betrachtungen, bitte ich mir die Erlaubniß aus, bey Jhrer Durchleſung des gegenwaͤrtigen, itzo von den Todten, mit allem Eifer einer aufrichtigen Freundſchaft, Jhnen auf das nachdruͤcklichſte zu Gemuͤthe zu fuͤhren.
Zu der Zeit, da Sie dieſe Zeilen ſehen wer- den, werden Sie an den letzten Stunden einer Perſon, die bis an ihre letzte Stunde Jhre ewi- ge Wohlfarth wuͤnſchen wird, wie ich in demuͤ- thiger Zuverſicht hoffe, ein Beyſpiel von der troſt- reichen Wichtigkeit eines beruhigten Gewiſſens gehabt haben.
Der große Herzog von Luxemburg erklaͤrte ſich, wie ich gehoͤrt habe, auf ſeinem Todbette, daß es ihm damals viel lieber geweſen ſeyn wuͤr- de, wenn er ſich zu erinnern gehabt haͤtte, daß er einer armen und wuͤrdigen Perſon in der Noth einen Becher kalten Waſſers gereichet, als daß er ſo viele Schlachten gewonnen, wie ihm zu einem Siegesgepraͤnge gedienet haͤtten ‒ ‒ Und, wie je- mand wohl anmerket, alle Empfindungen einer weltlichen Hoͤhe verſchwinden in dem unvermeid- lichen Augenblick, der aller Menſchen Schickſal entſcheidet.
Jſt es denn, zu der fuͤrchterlichen Stunde, mit den Siegern uͤber ganze Heere, mit den Be- zwingern ganzer Voͤlker nicht anders: ſo erlauben Sie mir, nur in gar wenigen Worten; viele
ſind
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><floatingText><body><divtype="letter"><p><pbfacs="#f0484"n="478"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
Guͤte gegen mich, zu einer Zeit, da ich am mei-<lb/>ſten Huͤlfe und Schutz noͤthig hatte, noch einmal<lb/>
zu wiederhohlen.</p><lb/><p>Einige wenige Betrachtungen, bitte ich mir<lb/>
die Erlaubniß aus, bey Jhrer Durchleſung des<lb/>
gegenwaͤrtigen, <hirendition="#fr">itzo</hi> von den Todten, mit allem<lb/>
Eifer einer aufrichtigen Freundſchaft, Jhnen auf<lb/>
das nachdruͤcklichſte zu Gemuͤthe zu fuͤhren.</p><lb/><p>Zu der Zeit, da Sie dieſe Zeilen ſehen wer-<lb/>
den, werden Sie an den letzten Stunden einer<lb/>
Perſon, die <hirendition="#fr">bis</hi> an ihre letzte Stunde Jhre ewi-<lb/>
ge Wohlfarth wuͤnſchen wird, wie ich in demuͤ-<lb/>
thiger Zuverſicht hoffe, ein Beyſpiel von der troſt-<lb/>
reichen Wichtigkeit eines beruhigten Gewiſſens<lb/>
gehabt haben.</p><lb/><p>Der große Herzog von Luxemburg erklaͤrte<lb/>ſich, wie ich gehoͤrt habe, auf ſeinem Todbette,<lb/>
daß es ihm damals viel lieber geweſen ſeyn wuͤr-<lb/>
de, wenn er ſich zu erinnern gehabt haͤtte, daß er<lb/>
einer armen und wuͤrdigen Perſon in der Noth<lb/>
einen Becher kalten Waſſers gereichet, als daß er<lb/>ſo viele Schlachten gewonnen, wie ihm zu einem<lb/>
Siegesgepraͤnge gedienet haͤtten ‒‒ Und, wie je-<lb/>
mand wohl anmerket, alle Empfindungen einer<lb/>
weltlichen Hoͤhe verſchwinden in dem unvermeid-<lb/>
lichen Augenblick, der aller Menſchen Schickſal<lb/>
entſcheidet.</p><lb/><p>Jſt es denn, zu der fuͤrchterlichen Stunde,<lb/>
mit den Siegern uͤber ganze Heere, mit den Be-<lb/>
zwingern ganzer Voͤlker nicht anders: ſo erlauben<lb/>
Sie mir, nur in gar wenigen Worten; viele<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſind</fw><lb/></p></div></body></floatingText></div></div></body></text></TEI>
[478/0484]
Guͤte gegen mich, zu einer Zeit, da ich am mei-
ſten Huͤlfe und Schutz noͤthig hatte, noch einmal
zu wiederhohlen.
Einige wenige Betrachtungen, bitte ich mir
die Erlaubniß aus, bey Jhrer Durchleſung des
gegenwaͤrtigen, itzo von den Todten, mit allem
Eifer einer aufrichtigen Freundſchaft, Jhnen auf
das nachdruͤcklichſte zu Gemuͤthe zu fuͤhren.
Zu der Zeit, da Sie dieſe Zeilen ſehen wer-
den, werden Sie an den letzten Stunden einer
Perſon, die bis an ihre letzte Stunde Jhre ewi-
ge Wohlfarth wuͤnſchen wird, wie ich in demuͤ-
thiger Zuverſicht hoffe, ein Beyſpiel von der troſt-
reichen Wichtigkeit eines beruhigten Gewiſſens
gehabt haben.
Der große Herzog von Luxemburg erklaͤrte
ſich, wie ich gehoͤrt habe, auf ſeinem Todbette,
daß es ihm damals viel lieber geweſen ſeyn wuͤr-
de, wenn er ſich zu erinnern gehabt haͤtte, daß er
einer armen und wuͤrdigen Perſon in der Noth
einen Becher kalten Waſſers gereichet, als daß er
ſo viele Schlachten gewonnen, wie ihm zu einem
Siegesgepraͤnge gedienet haͤtten ‒ ‒ Und, wie je-
mand wohl anmerket, alle Empfindungen einer
weltlichen Hoͤhe verſchwinden in dem unvermeid-
lichen Augenblick, der aller Menſchen Schickſal
entſcheidet.
Jſt es denn, zu der fuͤrchterlichen Stunde,
mit den Siegern uͤber ganze Heere, mit den Be-
zwingern ganzer Voͤlker nicht anders: ſo erlauben
Sie mir, nur in gar wenigen Worten; viele
ſind
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/484>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.