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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

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schätzbares Leben in Gefahr setzen kann, gegen den-
jenigen Menschen, dessen ausgekünstelter Bosheit
ich mein zeitliches Unglück zu danken habe, fahren
lassen möget.

Denn, ist es wohl recht und billig, daß ein
Unschuldiger mit einem Schuldigen gleiche Ge-
fahr laufe? - - Eine mehr als gleiche Gefahr,
da der Schuldige lange zu gewaltsamen Hand-
lungen gewöhnet, und in den Künsten zu beleidi-
gen wohl erfahren ist?

Jhr werdet Euch gewiß nicht Gottes Amt
anmaßen wollen, der gesagt hat: Die Rache ist
mein; ich will es vergelten.
Wolltet Jhr
es thun: so zittere ich vor den Folgen. Denn
wird es der göttlichen Gerechtigkeit nicht gemäß
seyn, den vermessenen Unschuldigen, wie Jhr in
dem Falle seyn würdet, bey dem Vergehen selbst,
und zwar durch die Hand des sich vertheidigen-
den Schuldigen, zu strafen - - indem er diesen
zu einem künftigen Tage der Rache wegen seiner
gehäuften Vergehungen aufbehält?

So überlasset denn den elenden Menschen
der göttlichen Gerechtigkeit. Lasset den Fehler
Eurer Schwester mit ihr begraben werden: we-
nigstens lasset ihn nicht wieder durch Blutvergies-
sen hervorkommen. Das Leben ist ein kurzer
Lauf, wo es am längsten ist. Nach einer kurzen
Zeit wird das Haupt, welches itzo grünet, grau
seyn, wofern es die kurze Zeit erlebet: und wo
der Himmel ihm Zeit zur Buße lassen will, war-
um solltet Jhr es nicht wollen?

Hier-
Siebenter Theil. J i



ſchaͤtzbares Leben in Gefahr ſetzen kann, gegen den-
jenigen Menſchen, deſſen ausgekuͤnſtelter Bosheit
ich mein zeitliches Ungluͤck zu danken habe, fahren
laſſen moͤget.

Denn, iſt es wohl recht und billig, daß ein
Unſchuldiger mit einem Schuldigen gleiche Ge-
fahr laufe? ‒ ‒ Eine mehr als gleiche Gefahr,
da der Schuldige lange zu gewaltſamen Hand-
lungen gewoͤhnet, und in den Kuͤnſten zu beleidi-
gen wohl erfahren iſt?

Jhr werdet Euch gewiß nicht Gottes Amt
anmaßen wollen, der geſagt hat: Die Rache iſt
mein; ich will es vergelten.
Wolltet Jhr
es thun: ſo zittere ich vor den Folgen. Denn
wird es der goͤttlichen Gerechtigkeit nicht gemaͤß
ſeyn, den vermeſſenen Unſchuldigen, wie Jhr in
dem Falle ſeyn wuͤrdet, bey dem Vergehen ſelbſt,
und zwar durch die Hand des ſich vertheidigen-
den Schuldigen, zu ſtrafen ‒ ‒ indem er dieſen
zu einem kuͤnftigen Tage der Rache wegen ſeiner
gehaͤuften Vergehungen aufbehaͤlt?

So uͤberlaſſet denn den elenden Menſchen
der goͤttlichen Gerechtigkeit. Laſſet den Fehler
Eurer Schweſter mit ihr begraben werden: we-
nigſtens laſſet ihn nicht wieder durch Blutvergieſ-
ſen hervorkommen. Das Leben iſt ein kurzer
Lauf, wo es am laͤngſten iſt. Nach einer kurzen
Zeit wird das Haupt, welches itzo gruͤnet, grau
ſeyn, wofern es die kurze Zeit erlebet: und wo
der Himmel ihm Zeit zur Buße laſſen will, war-
um ſolltet Jhr es nicht wollen?

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Siebenter Theil. J i
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[497/0503] ſchaͤtzbares Leben in Gefahr ſetzen kann, gegen den- jenigen Menſchen, deſſen ausgekuͤnſtelter Bosheit ich mein zeitliches Ungluͤck zu danken habe, fahren laſſen moͤget. Denn, iſt es wohl recht und billig, daß ein Unſchuldiger mit einem Schuldigen gleiche Ge- fahr laufe? ‒ ‒ Eine mehr als gleiche Gefahr, da der Schuldige lange zu gewaltſamen Hand- lungen gewoͤhnet, und in den Kuͤnſten zu beleidi- gen wohl erfahren iſt? Jhr werdet Euch gewiß nicht Gottes Amt anmaßen wollen, der geſagt hat: Die Rache iſt mein; ich will es vergelten. Wolltet Jhr es thun: ſo zittere ich vor den Folgen. Denn wird es der goͤttlichen Gerechtigkeit nicht gemaͤß ſeyn, den vermeſſenen Unſchuldigen, wie Jhr in dem Falle ſeyn wuͤrdet, bey dem Vergehen ſelbſt, und zwar durch die Hand des ſich vertheidigen- den Schuldigen, zu ſtrafen ‒ ‒ indem er dieſen zu einem kuͤnftigen Tage der Rache wegen ſeiner gehaͤuften Vergehungen aufbehaͤlt? So uͤberlaſſet denn den elenden Menſchen der goͤttlichen Gerechtigkeit. Laſſet den Fehler Eurer Schweſter mit ihr begraben werden: we- nigſtens laſſet ihn nicht wieder durch Blutvergieſ- ſen hervorkommen. Das Leben iſt ein kurzer Lauf, wo es am laͤngſten iſt. Nach einer kurzen Zeit wird das Haupt, welches itzo gruͤnet, grau ſeyn, wofern es die kurze Zeit erlebet: und wo der Himmel ihm Zeit zur Buße laſſen will, war- um ſolltet Jhr es nicht wollen? Hier- Siebenter Theil. J i

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/503>, abgerufen am 22.11.2024.