für sie beyde gewesen seyn: da er in dem Fall nicht an seine verfluchte Thomasine gerathen seyn würde. Aber wahrlich dieser dienstfertige Bru- der mußte sich einmischen. Dieß machte aus ei- ner Kleinigkeit eine wichtige Sache. Und was war der Ausgang? Metcalfe forderte heraus: Belton erschien, entwaffnete ihn und schenkte ihm das Leben. Allein der Kerl war empfindlicher von Haut als von Kopfe. Da er ein wenig geritzet war: so gerieth er darüber in Schrecken. Dieß zog ihm erst ein Erbrechen, hernach ein Fie- ber zu: und dann starb er. Das war alles. Was konnte Belton dazu? - - Aber Krankheit, eine lange verdriesliche Krankheit wird für ein schmachtendes Herz aus allen und jeden Dingen einen Popanz machen: das sehe ich wohl. Und in so weit hat Mowbray die gebundenen Zeilen aus Nat. Lee recht gut und schicklich ange- bracht, welche du an mich überschrieben hast.
Kein Weiser fürchtet sich, bloß weil er sterben muß: das ist falsch; ihr, du, oder dein Schriftstelier, möcht sagen, was ihr wollet. Selbst dein feyerliches Wortgepränge über das natürliche Widerstreben zwischen Leben und Tod ist ein Beweis, daß es falsch ist.
Jch muß dir sagen, Bruder, diese Welt ge- fällt mir so wohl in den hauptsächlichsten Stü- cken, ob sie gleich in einem oder dem andern Thei- le, wenn ich eine Person aus ihr machen darf, sich mir als eine schelmische Betrügerinn bewie- sen hat; ich finde so viel Vergnügen an der
Freude
fuͤr ſie beyde geweſen ſeyn: da er in dem Fall nicht an ſeine verfluchte Thomaſine gerathen ſeyn wuͤrde. Aber wahrlich dieſer dienſtfertige Bru- der mußte ſich einmiſchen. Dieß machte aus ei- ner Kleinigkeit eine wichtige Sache. Und was war der Ausgang? Metcalfe forderte heraus: Belton erſchien, entwaffnete ihn und ſchenkte ihm das Leben. Allein der Kerl war empfindlicher von Haut als von Kopfe. Da er ein wenig geritzet war: ſo gerieth er daruͤber in Schrecken. Dieß zog ihm erſt ein Erbrechen, hernach ein Fie- ber zu: und dann ſtarb er. Das war alles. Was konnte Belton dazu? ‒ ‒ Aber Krankheit, eine lange verdriesliche Krankheit wird fuͤr ein ſchmachtendes Herz aus allen und jeden Dingen einen Popanz machen: das ſehe ich wohl. Und in ſo weit hat Mowbray die gebundenen Zeilen aus Nat. Lee recht gut und ſchicklich ange- bracht, welche du an mich uͤberſchrieben haſt.
Kein Weiſer fuͤrchtet ſich, bloß weil er ſterben muß: das iſt falſch; ihr, du, oder dein Schriftſtelier, moͤcht ſagen, was ihr wollet. Selbſt dein feyerliches Wortgepraͤnge uͤber das natuͤrliche Widerſtreben zwiſchen Leben und Tod iſt ein Beweis, daß es falſch iſt.
Jch muß dir ſagen, Bruder, dieſe Welt ge- faͤllt mir ſo wohl in den hauptſaͤchlichſten Stuͤ- cken, ob ſie gleich in einem oder dem andern Thei- le, wenn ich eine Perſon aus ihr machen darf, ſich mir als eine ſchelmiſche Betruͤgerinn bewie- ſen hat; ich finde ſo viel Vergnuͤgen an der
Freude
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fuͤr ſie beyde geweſen ſeyn: da er in dem Fall
nicht an ſeine verfluchte Thomaſine gerathen ſeyn
wuͤrde. Aber wahrlich dieſer dienſtfertige Bru-
der mußte ſich einmiſchen. Dieß machte aus ei-
ner Kleinigkeit eine wichtige Sache. Und was
war der Ausgang? Metcalfe forderte heraus:
Belton erſchien, entwaffnete ihn und ſchenkte ihm
das Leben. Allein der Kerl war empfindlicher
von Haut als von Kopfe. Da er ein wenig
geritzet war: ſo gerieth er daruͤber in Schrecken.
Dieß zog ihm erſt ein Erbrechen, hernach ein Fie-
ber zu: und dann ſtarb er. Das war alles.
Was konnte Belton dazu? ‒ ‒ Aber Krankheit,
eine lange verdriesliche Krankheit wird fuͤr ein
ſchmachtendes Herz aus allen und jeden Dingen
einen Popanz machen: das ſehe ich wohl. Und
in ſo weit hat Mowbray die gebundenen Zeilen
aus Nat. Lee recht gut und ſchicklich ange-
bracht, welche du an mich uͤberſchrieben haſt.
Kein Weiſer fuͤrchtet ſich, bloß weil er
ſterben muß: das iſt falſch; ihr, du, oder dein
Schriftſtelier, moͤcht ſagen, was ihr wollet.
Selbſt dein feyerliches Wortgepraͤnge uͤber das
natuͤrliche Widerſtreben zwiſchen Leben und Tod
iſt ein Beweis, daß es falſch iſt.
Jch muß dir ſagen, Bruder, dieſe Welt ge-
faͤllt mir ſo wohl in den hauptſaͤchlichſten Stuͤ-
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ſich mir als eine ſchelmiſche Betruͤgerinn bewie-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/51>, abgerufen am 21.11.2024.
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