Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



selben ertragen könnte: so nehme ich das auch
von diesem allgemeinen Vermächtnisse aus, und
verordne, daß es ihr dargeboten werde.

Mein Gemählde in Lebensgröße, nach Vandykens
Art (*), welches in meinem Saal, wie mir er-
laubt war ihn zu nennen, zu hangen pflegte,
vermache ich meiner Tante Hervey: es wäre
dann, daß meine Mutter für gut finden sollte,
es selbst zu behalten.

Jch vermache dem würdigen Cavallier, Herrn
Carl Hickmann das Angehänge, welches ich
beständig an meinem Herzen getragen habe,
und bis an meine letzte Stunde tragen wer-
de (**), mit dem Bildnisse der Fräulein, die
er am meisten liebet. Es muß ihm, nächst
der Hand des werthen Urbildes, das ange-
nehmste Geschenk seyn, welches ihm gemacht
werden kann. Und, o meine liebe Fräulein
Howe, verziehen sie nicht lange, ihm zu jenem
ein Recht zu geben: - - Denn in der That
sie wissen nicht, wie hoch ein tugendhaftes Ge-
müth in dem Geschlechte zu schätzen, und wie
weit ein solches Gemüth einem andern vorzu-
ziehen ist, das sich durch blendhaftere hoch-
fliegende Gedanken eines unordentlichen Wi-
tzes unterscheidet, wenn auch das letztere mit
dem scheinbaren äußerlichen Ansehen, wodurch
man gar zu oft das übereilte Auge und das

leicht
(*) Man sehe den III. Theil, S. 403.
(**) Man sehe den vorhergehenden LVten Brief.



ſelben ertragen koͤnnte: ſo nehme ich das auch
von dieſem allgemeinen Vermaͤchtniſſe aus, und
verordne, daß es ihr dargeboten werde.

Mein Gemaͤhlde in Lebensgroͤße, nach Vandykens
Art (*), welches in meinem Saal, wie mir er-
laubt war ihn zu nennen, zu hangen pflegte,
vermache ich meiner Tante Hervey: es waͤre
dann, daß meine Mutter fuͤr gut finden ſollte,
es ſelbſt zu behalten.

Jch vermache dem wuͤrdigen Cavallier, Herrn
Carl Hickmann das Angehaͤnge, welches ich
beſtaͤndig an meinem Herzen getragen habe,
und bis an meine letzte Stunde tragen wer-
de (**), mit dem Bildniſſe der Fraͤulein, die
er am meiſten liebet. Es muß ihm, naͤchſt
der Hand des werthen Urbildes, das ange-
nehmſte Geſchenk ſeyn, welches ihm gemacht
werden kann. Und, o meine liebe Fraͤulein
Howe, verziehen ſie nicht lange, ihm zu jenem
ein Recht zu geben: ‒ ‒ Denn in der That
ſie wiſſen nicht, wie hoch ein tugendhaftes Ge-
muͤth in dem Geſchlechte zu ſchaͤtzen, und wie
weit ein ſolches Gemuͤth einem andern vorzu-
ziehen iſt, das ſich durch blendhaftere hoch-
fliegende Gedanken eines unordentlichen Wi-
tzes unterſcheidet, wenn auch das letztere mit
dem ſcheinbaren aͤußerlichen Anſehen, wodurch
man gar zu oft das uͤbereilte Auge und das

leicht
(*) Man ſehe den III. Theil, S. 403.
(**) Man ſehe den vorhergehenden LVten Brief.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0644" n="638"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;elben ertragen ko&#x0364;nnte: &#x017F;o nehme ich das auch<lb/>
von die&#x017F;em allgemeinen Verma&#x0364;chtni&#x017F;&#x017F;e aus, und<lb/>
verordne, daß es ihr dargeboten werde.</p><lb/>
            <p>Mein Gema&#x0364;hlde in Lebensgro&#x0364;ße, nach Vandykens<lb/>
Art <note place="foot" n="(*)">Man &#x017F;ehe den <hi rendition="#aq">III.</hi> Theil, S. 403.</note>, welches in meinem Saal, wie mir er-<lb/>
laubt war ihn zu nennen, zu hangen pflegte,<lb/>
vermache ich meiner Tante Hervey: es wa&#x0364;re<lb/>
dann, daß meine Mutter fu&#x0364;r gut finden &#x017F;ollte,<lb/>
es &#x017F;elb&#x017F;t zu behalten.</p><lb/>
            <p>Jch vermache dem wu&#x0364;rdigen Cavallier, Herrn<lb/>
Carl Hickmann das Angeha&#x0364;nge, welches ich<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;ndig an meinem Herzen getragen habe,<lb/>
und bis an meine letzte Stunde tragen wer-<lb/>
de <note place="foot" n="(**)">Man &#x017F;ehe den vorhergehenden <hi rendition="#aq">LV</hi>ten Brief.</note>, mit dem Bildni&#x017F;&#x017F;e der Fra&#x0364;ulein, die<lb/>
er am mei&#x017F;ten liebet. Es muß ihm, na&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
der <hi rendition="#fr">Hand</hi> des werthen Urbildes, das ange-<lb/>
nehm&#x017F;te Ge&#x017F;chenk &#x017F;eyn, welches ihm gemacht<lb/>
werden kann. Und, o meine liebe Fra&#x0364;ulein<lb/>
Howe, verziehen &#x017F;ie nicht lange, ihm zu <hi rendition="#fr">jenem</hi><lb/>
ein Recht zu geben: &#x2012; &#x2012; Denn in der That<lb/>
&#x017F;ie wi&#x017F;&#x017F;en nicht, wie hoch ein tugendhaftes Ge-<lb/>
mu&#x0364;th in dem Ge&#x017F;chlechte zu &#x017F;cha&#x0364;tzen, und wie<lb/>
weit ein &#x017F;olches Gemu&#x0364;th einem andern vorzu-<lb/>
ziehen i&#x017F;t, das &#x017F;ich durch blendhaftere hoch-<lb/>
fliegende Gedanken eines unordentlichen Wi-<lb/>
tzes unter&#x017F;cheidet, wenn auch das letztere mit<lb/>
dem &#x017F;cheinbaren a&#x0364;ußerlichen An&#x017F;ehen, wodurch<lb/>
man gar zu oft das u&#x0364;bereilte Auge und das<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">leicht</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[638/0644] ſelben ertragen koͤnnte: ſo nehme ich das auch von dieſem allgemeinen Vermaͤchtniſſe aus, und verordne, daß es ihr dargeboten werde. Mein Gemaͤhlde in Lebensgroͤße, nach Vandykens Art (*), welches in meinem Saal, wie mir er- laubt war ihn zu nennen, zu hangen pflegte, vermache ich meiner Tante Hervey: es waͤre dann, daß meine Mutter fuͤr gut finden ſollte, es ſelbſt zu behalten. Jch vermache dem wuͤrdigen Cavallier, Herrn Carl Hickmann das Angehaͤnge, welches ich beſtaͤndig an meinem Herzen getragen habe, und bis an meine letzte Stunde tragen wer- de (**), mit dem Bildniſſe der Fraͤulein, die er am meiſten liebet. Es muß ihm, naͤchſt der Hand des werthen Urbildes, das ange- nehmſte Geſchenk ſeyn, welches ihm gemacht werden kann. Und, o meine liebe Fraͤulein Howe, verziehen ſie nicht lange, ihm zu jenem ein Recht zu geben: ‒ ‒ Denn in der That ſie wiſſen nicht, wie hoch ein tugendhaftes Ge- muͤth in dem Geſchlechte zu ſchaͤtzen, und wie weit ein ſolches Gemuͤth einem andern vorzu- ziehen iſt, das ſich durch blendhaftere hoch- fliegende Gedanken eines unordentlichen Wi- tzes unterſcheidet, wenn auch das letztere mit dem ſcheinbaren aͤußerlichen Anſehen, wodurch man gar zu oft das uͤbereilte Auge und das leicht (*) Man ſehe den III. Theil, S. 403. (**) Man ſehe den vorhergehenden LVten Brief.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/644
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 638. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/644>, abgerufen am 22.11.2024.