Gut, mein Herr; sagte der arme Mann im Zorn und voll Verdruß über den Arzt, jedoch noch mehr über den Tod; sie werden vielleicht den nächsten, der folget, dem Arzt empfehlen, wenn er nichts mehr ausrichten kann, und ihren Bruder schicken, bey mir um diese Tugenden zu beten, welche sie mir wünschen.
Es scheint, daß der Bruder des Arztes ein Pfarrer in der Nachbarschaft ist.
Mir ging es sehr nahe, den guten Mann so mitgenommen zu sehen. Das sagte ich auch den armen Belton, als er weggegangen war. Allein er blieb ungedultig, und sprach, er wollte sich die Freyheit nicht nehmen lassen, gegen einen Mann dreist herauszureden, der so manche Guinea für nichts, oder ärger als nichts, von ihm genommen, und niemals eine ausgeschlagen hätte, da er doch alle die Zeit über gewußt, daß er ihm nicht helfen könnte.
Es scheint, der Mann ist dafür bekannt, ob er gleich reich ist, daß er begierig auf seine Bezah- lung siehet: und der arme Belton fuhr fort, auf die übermäßige Bezahlung zu schelten, welche die englischen Aerzte, in Vergleichung mit den vor- treff lichsten unter den Ausländern, nehmen. Aber der arme Mann machte es, wie die Türken, wel- che einen General nach dem Erfolg, den er im Kriege hat, beurtheilen. Er war ungedultig, weil er an den Tod gedenken mußte, und würde den Arzt angebetet und über dreymal so viel Geld
nicht
Gut, mein Herr; ſagte der arme Mann im Zorn und voll Verdruß uͤber den Arzt, jedoch noch mehr uͤber den Tod; ſie werden vielleicht den naͤchſten, der folget, dem Arzt empfehlen, wenn er nichts mehr ausrichten kann, und ihren Bruder ſchicken, bey mir um dieſe Tugenden zu beten, welche ſie mir wuͤnſchen.
Es ſcheint, daß der Bruder des Arztes ein Pfarrer in der Nachbarſchaft iſt.
Mir ging es ſehr nahe, den guten Mann ſo mitgenommen zu ſehen. Das ſagte ich auch den armen Belton, als er weggegangen war. Allein er blieb ungedultig, und ſprach, er wollte ſich die Freyheit nicht nehmen laſſen, gegen einen Mann dreiſt herauszureden, der ſo manche Guinea fuͤr nichts, oder aͤrger als nichts, von ihm genommen, und niemals eine ausgeſchlagen haͤtte, da er doch alle die Zeit uͤber gewußt, daß er ihm nicht helfen koͤnnte.
Es ſcheint, der Mann iſt dafuͤr bekannt, ob er gleich reich iſt, daß er begierig auf ſeine Bezah- lung ſiehet: und der arme Belton fuhr fort, auf die uͤbermaͤßige Bezahlung zu ſchelten, welche die engliſchen Aerzte, in Vergleichung mit den vor- treff lichſten unter den Auslaͤndern, nehmen. Aber der arme Mann machte es, wie die Tuͤrken, wel- che einen General nach dem Erfolg, den er im Kriege hat, beurtheilen. Er war ungedultig, weil er an den Tod gedenken mußte, und wuͤrde den Arzt angebetet und uͤber dreymal ſo viel Geld
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Gut, mein Herr; ſagte der arme Mann im
Zorn und voll Verdruß uͤber den Arzt, jedoch
noch mehr uͤber den Tod; ſie werden vielleicht
den naͤchſten, der folget, dem Arzt empfehlen,
wenn er nichts mehr ausrichten kann, und ihren
Bruder ſchicken, bey mir um dieſe Tugenden zu
beten, welche ſie mir wuͤnſchen.
Es ſcheint, daß der Bruder des Arztes ein
Pfarrer in der Nachbarſchaft iſt.
Mir ging es ſehr nahe, den guten Mann ſo
mitgenommen zu ſehen. Das ſagte ich auch den
armen Belton, als er weggegangen war. Allein
er blieb ungedultig, und ſprach, er wollte ſich die
Freyheit nicht nehmen laſſen, gegen einen Mann
dreiſt herauszureden, der ſo manche Guinea fuͤr
nichts, oder aͤrger als nichts, von ihm genommen,
und niemals eine ausgeſchlagen haͤtte, da er doch
alle die Zeit uͤber gewußt, daß er ihm nicht helfen
koͤnnte.
Es ſcheint, der Mann iſt dafuͤr bekannt, ob
er gleich reich iſt, daß er begierig auf ſeine Bezah-
lung ſiehet: und der arme Belton fuhr fort, auf
die uͤbermaͤßige Bezahlung zu ſchelten, welche die
engliſchen Aerzte, in Vergleichung mit den vor-
treff lichſten unter den Auslaͤndern, nehmen. Aber
der arme Mann machte es, wie die Tuͤrken, wel-
che einen General nach dem Erfolg, den er im
Kriege hat, beurtheilen. Er war ungedultig,
weil er an den Tod gedenken mußte, und wuͤrde
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/66>, abgerufen am 21.11.2024.
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