nicht gemurret haben, wenn er ihm hätte Hoff- nung zur Genesung machen können.
Jnzwischen muß ich doch gestehen, daß die Herren Aerzte in der Bezahlung, die sie nehmen, billig mäßiger seyn, oder sie mit mehrerer Sorg- falt zu verdienen suchen sollten. Denn gemeinig- lich kommen sie nur ins Zimmer, fühlen dem Kranken nach dem Puls, thun an die Wärterinn einige wenige Fragen, besehen des Kranken Zun- ge, und vielleicht sein Wasser, setzen sich alsdenn nieder, sehen mächtig weise aus, und schreiben. Die güldne Mühevergeltung findet ihre Hand be- reit, und sie eilen fort, als wenn des Kranken Zimmer ansteckend wäre. So trollen sie zu ei- nem andern und wieder zu einem andern, wenn sie viel zu thun haben, und machen sich mit der Anzahl der Besuche die sie in einem Morgen ab- legen, und mit der kurzen Zeit, in welcher sie sie ablegen, groß. Sie gehn zur Mittagsmahlzeit, und laden ihre Taschen aus: und thun einen neuen Ausfall, sie wieder anzufüllen. Auf die Art bringen sie in kurzer Zeit ungeheure Güter zusammen. Denn so sagte Ratcliffe, als ihm zu- erst von einem großen Verlust, der ihn betroffen hatte, Nachricht gegeben wurde, es kostete nur hundert Treppen auf und nieder zu steigen, um ihn wieder zu ersetzen.
Fr. Sambre, Beltons Schwester, hatte ihm verschiedene male vorgeschlagen, einen Geistlichen kommen zu lassen, der bey ihm betete. Allein der arme Mann sagte, es wäre ihm unerträglich,
an
nicht gemurret haben, wenn er ihm haͤtte Hoff- nung zur Geneſung machen koͤnnen.
Jnzwiſchen muß ich doch geſtehen, daß die Herren Aerzte in der Bezahlung, die ſie nehmen, billig maͤßiger ſeyn, oder ſie mit mehrerer Sorg- falt zu verdienen ſuchen ſollten. Denn gemeinig- lich kommen ſie nur ins Zimmer, fuͤhlen dem Kranken nach dem Puls, thun an die Waͤrterinn einige wenige Fragen, beſehen des Kranken Zun- ge, und vielleicht ſein Waſſer, ſetzen ſich alsdenn nieder, ſehen maͤchtig weiſe aus, und ſchreiben. Die guͤldne Muͤhevergeltung findet ihre Hand be- reit, und ſie eilen fort, als wenn des Kranken Zimmer anſteckend waͤre. So trollen ſie zu ei- nem andern und wieder zu einem andern, wenn ſie viel zu thun haben, und machen ſich mit der Anzahl der Beſuche die ſie in einem Morgen ab- legen, und mit der kurzen Zeit, in welcher ſie ſie ablegen, groß. Sie gehn zur Mittagsmahlzeit, und laden ihre Taſchen aus: und thun einen neuen Ausfall, ſie wieder anzufuͤllen. Auf die Art bringen ſie in kurzer Zeit ungeheure Guͤter zuſammen. Denn ſo ſagte Ratcliffe, als ihm zu- erſt von einem großen Verluſt, der ihn betroffen hatte, Nachricht gegeben wurde, es koſtete nur hundert Treppen auf und nieder zu ſteigen, um ihn wieder zu erſetzen.
Fr. Sambre, Beltons Schweſter, hatte ihm verſchiedene male vorgeſchlagen, einen Geiſtlichen kommen zu laſſen, der bey ihm betete. Allein der arme Mann ſagte, es waͤre ihm unertraͤglich,
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nicht gemurret haben, wenn er ihm haͤtte Hoff-
nung zur Geneſung machen koͤnnen.
Jnzwiſchen muß ich doch geſtehen, daß die
Herren Aerzte in der Bezahlung, die ſie nehmen,
billig maͤßiger ſeyn, oder ſie mit mehrerer Sorg-
falt zu verdienen ſuchen ſollten. Denn gemeinig-
lich kommen ſie nur ins Zimmer, fuͤhlen dem
Kranken nach dem Puls, thun an die Waͤrterinn
einige wenige Fragen, beſehen des Kranken Zun-
ge, und vielleicht ſein Waſſer, ſetzen ſich alsdenn
nieder, ſehen maͤchtig weiſe aus, und ſchreiben.
Die guͤldne Muͤhevergeltung findet ihre Hand be-
reit, und ſie eilen fort, als wenn des Kranken
Zimmer anſteckend waͤre. So trollen ſie zu ei-
nem andern und wieder zu einem andern, wenn
ſie viel zu thun haben, und machen ſich mit der
Anzahl der Beſuche die ſie in einem Morgen ab-
legen, und mit der kurzen Zeit, in welcher ſie ſie
ablegen, groß. Sie gehn zur Mittagsmahlzeit,
und laden ihre Taſchen aus: und thun einen
neuen Ausfall, ſie wieder anzufuͤllen. Auf die
Art bringen ſie in kurzer Zeit ungeheure Guͤter
zuſammen. Denn ſo ſagte Ratcliffe, als ihm zu-
erſt von einem großen Verluſt, der ihn betroffen
hatte, Nachricht gegeben wurde, es koſtete nur
hundert Treppen auf und nieder zu ſteigen, um
ihn wieder zu erſetzen.
Fr. Sambre, Beltons Schweſter, hatte ihm
verſchiedene male vorgeſchlagen, einen Geiſtlichen
kommen zu laſſen, der bey ihm betete. Allein
der arme Mann ſagte, es waͤre ihm unertraͤglich,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/67>, abgerufen am 21.11.2024.
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