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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

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Der sieben und achtzigste Brief
von
Obrist Morden an Herrn Joh. Belford.

Jch habe eine sehr betrübte Arbeit gehabt:
das Testament der lieben Verstorbenen zu
lesen.

Die unglückliche Mutter und Fr. Norton
wollten bey der traurigen Gelegenheit nicht zuge-
gen seyn. Allein Fr. Harlowe äußerte, als ihre
inständigste Bitte, daß ein jeder Artikel davon
vollzogen werden sollte.

Die ersten Worte des Testaments: "Jch
"Clarissa Harlowe, die ich itzo wegen seltsamer
"und betrübter Zufälle etc. meinen Aufenthalt ha-
"be etc." erzwangen von einigen Thränen, von an-
dern Seufzer.

Die Anordnungen wegen ihres Begräbnisses,
es möchte nun erlaubt werden, daß sie hinunter-
gebracht würde, oder nicht; die Anzeige, daß sie
verordnet hätte, wie man sie kleiden sollte; und
das gesetzte Gemüth, welches so augenscheinlich
durch und durch hervorleuchtet, brachten sie zur
Bewunderung, welche sie mit aufgehobenen Hän-
den und Augen und herabfließenden Thränen an
den Tag legten.

Als




Der ſieben und achtzigſte Brief
von
Obriſt Morden an Herrn Joh. Belford.

Jch habe eine ſehr betruͤbte Arbeit gehabt:
das Teſtament der lieben Verſtorbenen zu
leſen.

Die ungluͤckliche Mutter und Fr. Norton
wollten bey der traurigen Gelegenheit nicht zuge-
gen ſeyn. Allein Fr. Harlowe aͤußerte, als ihre
inſtaͤndigſte Bitte, daß ein jeder Artikel davon
vollzogen werden ſollte.

Die erſten Worte des Teſtaments: „Jch
„Clariſſa Harlowe, die ich itzo wegen ſeltſamer
„und betruͤbter Zufaͤlle ꝛc. meinen Aufenthalt ha-
„be ꝛc.“ erzwangen von einigen Thraͤnen, von an-
dern Seufzer.

Die Anordnungen wegen ihres Begraͤbniſſes,
es moͤchte nun erlaubt werden, daß ſie hinunter-
gebracht wuͤrde, oder nicht; die Anzeige, daß ſie
verordnet haͤtte, wie man ſie kleiden ſollte; und
das geſetzte Gemuͤth, welches ſo augenſcheinlich
durch und durch hervorleuchtet, brachten ſie zur
Bewunderung, welche ſie mit aufgehobenen Haͤn-
den und Augen und herabfließenden Thraͤnen an
den Tag legten.

Als
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[655/0661] Der ſieben und achtzigſte Brief von Obriſt Morden an Herrn Joh. Belford. Sonnabends, den 16ten Sept Jch habe eine ſehr betruͤbte Arbeit gehabt: das Teſtament der lieben Verſtorbenen zu leſen. Die ungluͤckliche Mutter und Fr. Norton wollten bey der traurigen Gelegenheit nicht zuge- gen ſeyn. Allein Fr. Harlowe aͤußerte, als ihre inſtaͤndigſte Bitte, daß ein jeder Artikel davon vollzogen werden ſollte. Die erſten Worte des Teſtaments: „Jch „Clariſſa Harlowe, die ich itzo wegen ſeltſamer „und betruͤbter Zufaͤlle ꝛc. meinen Aufenthalt ha- „be ꝛc.“ erzwangen von einigen Thraͤnen, von an- dern Seufzer. Die Anordnungen wegen ihres Begraͤbniſſes, es moͤchte nun erlaubt werden, daß ſie hinunter- gebracht wuͤrde, oder nicht; die Anzeige, daß ſie verordnet haͤtte, wie man ſie kleiden ſollte; und das geſetzte Gemuͤth, welches ſo augenſcheinlich durch und durch hervorleuchtet, brachten ſie zur Bewunderung, welche ſie mit aufgehobenen Haͤn- den und Augen und herabfließenden Thraͤnen an den Tag legten. Als

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 655. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/661>, abgerufen am 16.07.2024.