was du von seiner Betrübniß wegen der ewig- lieben Fräulein Harlowe geschrieben hast, ist wahr gewesen, wie es scheinet.
Jch kann nicht helfen, Belford! - - Jch habe nur so viel beyzufügen, daß es ein Glück ist, daß der arme Kerl nicht so lange gelebt, bis er ge- hangen worden wäre; wie dem Ansehen nach ge- schehen seyn würde: denn wer weiß, da er ein- mal auf so bußfertige Reden gerathen war, was in seinen Gesprächen auf dem Todbette hätte ent- halten seyn mögen?
Wenn ein Mensch kein großes Vermögen hat sich dadurch zu vergnügen: so ist es recht und billig, daß er sich das wenige, was ihm angebo- ten wird, aufs beste zu Nutze machet. Es hat niemals einen Menschen ein Unglück überfallen, daß nicht ein oder der andere Strahl des Trostes eingebrochen wäre, wenn der Elende nur nicht so weit im Elende gewesen, daß er die Vorhänge, an statt sie aufzuziehen, zugezogen, um ihn abzu- halten und nicht hereinzulassen.
So viel für dieß und für alle male von dem armen Capit. Tomlinson, wie ich ihn nannte.
Eure Sorgfalt, mich aus dieser schweren und veränderlichen Himmelsgegend wegzuschaffen, kömmt genau mit eines jeden Fürsorge allhier überein. Sie glauben alle, daß das Reisen mich recht gesund machen werde. Dennoch glaube ich, daß ich mich vollkommen wohl befinde. Nur die verdammten Neu- und Vollmonde und die Zeiten, da Tag und Nacht gleich wird, ja-
gen
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was du von ſeiner Betruͤbniß wegen der ewig- lieben Fraͤulein Harlowe geſchrieben haſt, iſt wahr geweſen, wie es ſcheinet.
Jch kann nicht helfen, Belford! ‒ ‒ Jch habe nur ſo viel beyzufuͤgen, daß es ein Gluͤck iſt, daß der arme Kerl nicht ſo lange gelebt, bis er ge- hangen worden waͤre; wie dem Anſehen nach ge- ſchehen ſeyn wuͤrde: denn wer weiß, da er ein- mal auf ſo bußfertige Reden gerathen war, was in ſeinen Geſpraͤchen auf dem Todbette haͤtte ent- halten ſeyn moͤgen?
Wenn ein Menſch kein großes Vermoͤgen hat ſich dadurch zu vergnuͤgen: ſo iſt es recht und billig, daß er ſich das wenige, was ihm angebo- ten wird, aufs beſte zu Nutze machet. Es hat niemals einen Menſchen ein Ungluͤck uͤberfallen, daß nicht ein oder der andere Strahl des Troſtes eingebrochen waͤre, wenn der Elende nur nicht ſo weit im Elende geweſen, daß er die Vorhaͤnge, an ſtatt ſie aufzuziehen, zugezogen, um ihn abzu- halten und nicht hereinzulaſſen.
So viel fuͤr dieß und fuͤr alle male von dem armen Capit. Tomlinſon, wie ich ihn nannte.
Eure Sorgfalt, mich aus dieſer ſchweren und veraͤnderlichen Himmelsgegend wegzuſchaffen, koͤmmt genau mit eines jeden Fuͤrſorge allhier uͤberein. Sie glauben alle, daß das Reiſen mich recht geſund machen werde. Dennoch glaube ich, daß ich mich vollkommen wohl befinde. Nur die verdammten Neu- und Vollmonde und die Zeiten, da Tag und Nacht gleich wird, ja-
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Jch kann nicht helfen, Belford! ‒ ‒ Jch
habe nur ſo viel beyzufuͤgen, daß es ein Gluͤck iſt,
daß der arme Kerl nicht ſo lange gelebt, bis er ge-
hangen worden waͤre; wie dem Anſehen nach ge-
ſchehen ſeyn wuͤrde: denn wer weiß, da er ein-
mal auf ſo bußfertige Reden gerathen war, was
in ſeinen Geſpraͤchen auf dem Todbette haͤtte ent-
halten ſeyn moͤgen?
Wenn ein Menſch kein großes Vermoͤgen
hat ſich dadurch zu vergnuͤgen: ſo iſt es recht und
billig, daß er ſich das wenige, was ihm angebo-
ten wird, aufs beſte zu Nutze machet. Es hat
niemals einen Menſchen ein Ungluͤck uͤberfallen,
daß nicht ein oder der andere Strahl des Troſtes
eingebrochen waͤre, wenn der Elende nur nicht ſo
weit im Elende geweſen, daß er die Vorhaͤnge,
an ſtatt ſie aufzuziehen, zugezogen, um ihn abzu-
halten und nicht hereinzulaſſen.
So viel fuͤr dieß und fuͤr alle male von dem
armen Capit. Tomlinſon, wie ich ihn nannte.
Eure Sorgfalt, mich aus dieſer ſchweren und
veraͤnderlichen Himmelsgegend wegzuſchaffen,
koͤmmt genau mit eines jeden Fuͤrſorge allhier
uͤberein. Sie glauben alle, daß das Reiſen mich
recht geſund machen werde. Dennoch glaube
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 709. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/715>, abgerufen am 27.11.2024.
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