Tod zu einem reichen Kerl gemacht hat, bist du gewiß, daß die Erfüllung eines solchen Gelübdes dich nicht einem gänzlich zurückgekommenen Kauf- manne gleich machen werde?
Du sagst, ich mag dich auslachen, wo ich will. Das thue ich nicht, Bruder: ich halte es für keine lächerliche Sache. Jch betrübe mich herzlich über den Verlust, den wir alle an dem ar- men Belton leiden. Und wenn ich ein wenig zur Ruhe komme, und Zeit habe, die Eitelkeit aller Dinge unter der Sonne zu betrachten; eine Be- trachtung, die sich mir bisweilen in meinen frohe- sten Stunden aufdringen will: so ist es sehr glaublich, daß ich über diese Dinge ernsthaft mit dir reden mag. Wo du mir in der Buße, zu welcher du schreitest, nicht schon allzu weit vorge- kommen bist: so will ich mit gleichen Schritten mit dir in derselben fortgehen. Bist du aber schon zu weit vor: so wirst du mir doch noch eben in den Augen bleiben. Denn es geht mit diesen Werk Berg an: und ich werde dich auf deinem Zuge in großer Entfernung sehen. Weil du nun ein viel schwererer und unbeholfener Kerl bist, als ich: so hoffe ich, daß ich im Stande seyn wer- de, dich ohne vieles Keichen und Schwitzen einzu- hohlen, wenn ich nur einen guten Hundetrab gehe.
Unterdessen hast du hier deinen Brief wieder zurück, wie du verlangest. Jch wollte ihn itzo auf keine Art und Weise in der Tasche haben, oder noch einmal lesen.
Jch
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Tod zu einem reichen Kerl gemacht hat, biſt du gewiß, daß die Erfuͤllung eines ſolchen Geluͤbdes dich nicht einem gaͤnzlich zuruͤckgekommenen Kauf- manne gleich machen werde?
Du ſagſt, ich mag dich auslachen, wo ich will. Das thue ich nicht, Bruder: ich halte es fuͤr keine laͤcherliche Sache. Jch betruͤbe mich herzlich uͤber den Verluſt, den wir alle an dem ar- men Belton leiden. Und wenn ich ein wenig zur Ruhe komme, und Zeit habe, die Eitelkeit aller Dinge unter der Sonne zu betrachten; eine Be- trachtung, die ſich mir bisweilen in meinen frohe- ſten Stunden aufdringen will: ſo iſt es ſehr glaublich, daß ich uͤber dieſe Dinge ernſthaft mit dir reden mag. Wo du mir in der Buße, zu welcher du ſchreiteſt, nicht ſchon allzu weit vorge- kommen biſt: ſo will ich mit gleichen Schritten mit dir in derſelben fortgehen. Biſt du aber ſchon zu weit vor: ſo wirſt du mir doch noch eben in den Augen bleiben. Denn es geht mit dieſen Werk Berg an: und ich werde dich auf deinem Zuge in großer Entfernung ſehen. Weil du nun ein viel ſchwererer und unbeholfener Kerl biſt, als ich: ſo hoffe ich, daß ich im Stande ſeyn wer- de, dich ohne vieles Keichen und Schwitzen einzu- hohlen, wenn ich nur einen guten Hundetrab gehe.
Unterdeſſen haſt du hier deinen Brief wieder zuruͤck, wie du verlangeſt. Jch wollte ihn itzo auf keine Art und Weiſe in der Taſche haben, oder noch einmal leſen.
Jch
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Tod zu einem reichen Kerl gemacht hat, biſt du
gewiß, daß die Erfuͤllung eines ſolchen Geluͤbdes
dich nicht einem gaͤnzlich zuruͤckgekommenen Kauf-
manne gleich machen werde?
Du ſagſt, ich mag dich auslachen, wo ich
will. Das thue ich nicht, Bruder: ich halte es
fuͤr keine laͤcherliche Sache. Jch betruͤbe mich
herzlich uͤber den Verluſt, den wir alle an dem ar-
men Belton leiden. Und wenn ich ein wenig zur
Ruhe komme, und Zeit habe, die Eitelkeit aller
Dinge unter der Sonne zu betrachten; eine Be-
trachtung, die ſich mir bisweilen in meinen frohe-
ſten Stunden aufdringen will: ſo iſt es ſehr
glaublich, daß ich uͤber dieſe Dinge ernſthaft mit
dir reden mag. Wo du mir in der Buße, zu
welcher du ſchreiteſt, nicht ſchon allzu weit vorge-
kommen biſt: ſo will ich mit gleichen Schritten
mit dir in derſelben fortgehen. Biſt du aber
ſchon zu weit vor: ſo wirſt du mir doch noch eben
in den Augen bleiben. Denn es geht mit dieſen
Werk Berg an: und ich werde dich auf deinem
Zuge in großer Entfernung ſehen. Weil du
nun ein viel ſchwererer und unbeholfener Kerl biſt,
als ich: ſo hoffe ich, daß ich im Stande ſeyn wer-
de, dich ohne vieles Keichen und Schwitzen einzu-
hohlen, wenn ich nur einen guten Hundetrab
gehe.
Unterdeſſen haſt du hier deinen Brief wieder
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oder noch einmal leſen.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/77>, abgerufen am 21.11.2024.
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