Allein man muß aushalten und sich ent- halten, deucht mich, wird einer oder der andere von weisen Leuten mir sagen. Aber warum muß ich denn so lange geplagt werden, bis ich in einen Stand gezogen bin, wo dieß nothwendig gesche- hen muß: da ich itzo thun kann, wie mir beliebt, und nichts mehr wünsche, als daß man mich al- leine lasse, damit ich thue, wie es mir am besten gefällt? Und was sagt meine Mutter in der That? "Anna Howe, ihr thut itzo alles, was euch belie- "bet. Jhr habt niemand, der euch einredet. Jhr "geht und kommt; ihr zieht euch an und aus; "ihr steht auf und geht zu Bette, gerade so, wie "ihr es für das beste haltet: aber ihr müßt noch "glücklicher seyn, mein Kind! - -
Wie denn, Fr. Mutter?
"Ey! ihr müßt heyrathen, meine liebe Toch- "ter, und in keinem von allen diesen Dingen eu- "ren freyen Willen haben: sondern in allen Stü- "cken thun, wie euer Mann befiehlt!"
Dieß ist sehr hart; das werden Sie selbst ge- stehen, mein Herr; wenn eine solche Person, als ich, daran gedenken soll. Wie kann ich mir, gleichwohl, helfen: da ich mich verbindlich gemacht habe, in diesen Stand zu treten? Meine Mutter dringet in mich. Meine Freundinn, meine ge- liebte Freundinn, schreibt wie von den Todten, und dringet in mich. Sie und der Herr Mor- den, die ihren Willen zu vollziehen haben, erin- nern mich. Der Mensch selbst fürchtet sich nicht vor mir. Jch bin versichert, wenn ich die Manns-
person
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Allein man muß aushalten und ſich ent- halten, deucht mich, wird einer oder der andere von weiſen Leuten mir ſagen. Aber warum muß ich denn ſo lange geplagt werden, bis ich in einen Stand gezogen bin, wo dieß nothwendig geſche- hen muß: da ich itzo thun kann, wie mir beliebt, und nichts mehr wuͤnſche, als daß man mich al- leine laſſe, damit ich thue, wie es mir am beſten gefaͤllt? Und was ſagt meine Mutter in der That? „Anna Howe, ihr thut itzo alles, was euch belie- „bet. Jhr habt niemand, der euch einredet. Jhr „geht und kommt; ihr zieht euch an und aus; „ihr ſteht auf und geht zu Bette, gerade ſo, wie „ihr es fuͤr das beſte haltet: aber ihr muͤßt noch „gluͤcklicher ſeyn, mein Kind! ‒ ‒
Wie denn, Fr. Mutter?
„Ey! ihr muͤßt heyrathen, meine liebe Toch- „ter, und in keinem von allen dieſen Dingen eu- „ren freyen Willen haben: ſondern in allen Stuͤ- „cken thun, wie euer Mann befiehlt!“
Dieß iſt ſehr hart; das werden Sie ſelbſt ge- ſtehen, mein Herr; wenn eine ſolche Perſon, als ich, daran gedenken ſoll. Wie kann ich mir, gleichwohl, helfen: da ich mich verbindlich gemacht habe, in dieſen Stand zu treten? Meine Mutter dringet in mich. Meine Freundinn, meine ge- liebte Freundinn, ſchreibt wie von den Todten, und dringet in mich. Sie und der Herr Mor- den, die ihren Willen zu vollziehen haben, erin- nern mich. Der Menſch ſelbſt fuͤrchtet ſich nicht vor mir. Jch bin verſichert, wenn ich die Manns-
perſon
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Allein man muß aushalten und ſich ent-
halten, deucht mich, wird einer oder der andere
von weiſen Leuten mir ſagen. Aber warum muß
ich denn ſo lange geplagt werden, bis ich in einen
Stand gezogen bin, wo dieß nothwendig geſche-
hen muß: da ich itzo thun kann, wie mir beliebt,
und nichts mehr wuͤnſche, als daß man mich al-
leine laſſe, damit ich thue, wie es mir am beſten
gefaͤllt? Und was ſagt meine Mutter in der That?
„Anna Howe, ihr thut itzo alles, was euch belie-
„bet. Jhr habt niemand, der euch einredet. Jhr
„geht und kommt; ihr zieht euch an und aus;
„ihr ſteht auf und geht zu Bette, gerade ſo, wie
„ihr es fuͤr das beſte haltet: aber ihr muͤßt noch
„gluͤcklicher ſeyn, mein Kind! ‒ ‒
Wie denn, Fr. Mutter?
„Ey! ihr muͤßt heyrathen, meine liebe Toch-
„ter, und in keinem von allen dieſen Dingen eu-
„ren freyen Willen haben: ſondern in allen Stuͤ-
„cken thun, wie euer Mann befiehlt!“
Dieß iſt ſehr hart; das werden Sie ſelbſt ge-
ſtehen, mein Herr; wenn eine ſolche Perſon, als
ich, daran gedenken ſoll. Wie kann ich mir,
gleichwohl, helfen: da ich mich verbindlich gemacht
habe, in dieſen Stand zu treten? Meine Mutter
dringet in mich. Meine Freundinn, meine ge-
liebte Freundinn, ſchreibt wie von den Todten,
und dringet in mich. Sie und der Herr Mor-
den, die ihren Willen zu vollziehen haben, erin-
nern mich. Der Menſch ſelbſt fuͤrchtet ſich nicht
vor mir. Jch bin verſichert, wenn ich die Manns-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 777. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/783>, abgerufen am 29.11.2024.
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