waren seine Worte: "ich wünsche, daß ihr in dem "angefangenen Lauf fortgehen möget! - - Was "ich auch immer für ein Wesen annehmen mag: "so hält mich doch die reizende Fräulein hier fest "- - Dabey schlug er mit der Hand auf sein "Herz - - und ich muß entweder in dem Aufzu- "ge erscheinen, wie ihr mich sehet, oder das seyn, "was ich erst vor so kurzer Zeit gewesen bin - - "O die göttliche Fräulein! - - das sagte er mit "aufgehabenen Augen.
"Wo ich aber so lange lebe, daß ich wieder "nach England komme, und ihr fest bey eurer ge- "genwärtigen Gesinnung bleibt, und mir zu einer "Ermunterung dienen könnet: so will ich viel- "mehr eurem Beyspiel folgen, als euch deswegen "lächerlich machen. Dieses Testament; denn "ich hatte ihm eine Abschrift davon gegeben; soll "bey meinen einsamen Stunden meine Gesell- "schaft seyn. Jhr habt mir einen Theil von sei- "nem traurigen Jnhalt erzählet. Das und ihre "hinterlassene Briefe sollen es seyn, worüber ich "meine Betrachtungen anstellen werde. Dadurch "werde ich vorbereitet werden, euer Schüler zu "seyn: wo ihr beständig bleibt.
"Jhr, Bruder, möget heyrathen, fuhr er "fort, und ich habe eine Frau für euch auf dem "Korn - - Nur bist du ein so häßlich ungeschick- "ter Kerl" - - Er sahe daß ich beweget war, und gedachte mich zum Lachen zu bewegen - - "Jedoch wir können uns selbst nicht bilden, außer "daß wir uns druch unsere Kleidung häßlicher
"ma-
waren ſeine Worte: „ich wuͤnſche, daß ihr in dem „angefangenen Lauf fortgehen moͤget! ‒ ‒ Was „ich auch immer fuͤr ein Weſen annehmen mag: „ſo haͤlt mich doch die reizende Fraͤulein hier feſt „‒ ‒ Dabey ſchlug er mit der Hand auf ſein „Herz ‒ ‒ und ich muß entweder in dem Aufzu- „ge erſcheinen, wie ihr mich ſehet, oder das ſeyn, „was ich erſt vor ſo kurzer Zeit geweſen bin ‒ ‒ „O die goͤttliche Fraͤulein! ‒ ‒ das ſagte er mit „aufgehabenen Augen.
„Wo ich aber ſo lange lebe, daß ich wieder „nach England komme, und ihr feſt bey eurer ge- „genwaͤrtigen Geſinnung bleibt, und mir zu einer „Ermunterung dienen koͤnnet: ſo will ich viel- „mehr eurem Beyſpiel folgen, als euch deswegen „laͤcherlich machen. Dieſes Teſtament; denn „ich hatte ihm eine Abſchrift davon gegeben; ſoll „bey meinen einſamen Stunden meine Geſell- „ſchaft ſeyn. Jhr habt mir einen Theil von ſei- „nem traurigen Jnhalt erzaͤhlet. Das und ihre „hinterlaſſene Briefe ſollen es ſeyn, woruͤber ich „meine Betrachtungen anſtellen werde. Dadurch „werde ich vorbereitet werden, euer Schuͤler zu „ſeyn: wo ihr beſtaͤndig bleibt.
„Jhr, Bruder, moͤget heyrathen, fuhr er „fort, und ich habe eine Frau fuͤr euch auf dem „Korn ‒ ‒ Nur biſt du ein ſo haͤßlich ungeſchick- „ter Kerl“ ‒ ‒ Er ſahe daß ich beweget war, und gedachte mich zum Lachen zu bewegen ‒ ‒ „Jedoch wir koͤnnen uns ſelbſt nicht bilden, außer „daß wir uns druch unſere Kleidung haͤßlicher
„ma-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0800"n="794"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
waren ſeine Worte: „ich wuͤnſche, daß ihr in dem<lb/>„angefangenen Lauf fortgehen moͤget! ‒‒ Was<lb/>„ich auch immer fuͤr ein Weſen annehmen mag:<lb/>„ſo haͤlt mich doch die reizende Fraͤulein <hirendition="#fr">hier</hi> feſt<lb/>„‒‒ Dabey ſchlug er mit der Hand auf ſein<lb/>„Herz ‒‒ und ich muß entweder in dem Aufzu-<lb/>„ge erſcheinen, wie ihr mich ſehet, oder das ſeyn,<lb/>„was ich erſt vor ſo kurzer Zeit geweſen bin ‒‒<lb/>„O die goͤttliche Fraͤulein! ‒‒ das ſagte er mit<lb/>„aufgehabenen Augen.</p><lb/><p>„Wo ich aber ſo lange lebe, daß ich wieder<lb/>„nach England komme, und ihr feſt bey eurer ge-<lb/>„genwaͤrtigen Geſinnung bleibt, und mir zu einer<lb/>„Ermunterung dienen koͤnnet: ſo will ich viel-<lb/>„mehr eurem Beyſpiel folgen, als euch deswegen<lb/>„laͤcherlich machen. Dieſes Teſtament; denn<lb/>„ich hatte ihm eine Abſchrift davon gegeben; ſoll<lb/>„bey meinen einſamen Stunden meine Geſell-<lb/>„ſchaft ſeyn. Jhr habt mir einen Theil von ſei-<lb/>„nem traurigen Jnhalt erzaͤhlet. Das und ihre<lb/>„hinterlaſſene Briefe ſollen es ſeyn, woruͤber ich<lb/>„meine Betrachtungen anſtellen werde. Dadurch<lb/>„werde ich vorbereitet werden, euer Schuͤler zu<lb/>„ſeyn: wo ihr beſtaͤndig bleibt.</p><lb/><p>„<hirendition="#fr">Jhr,</hi> Bruder, moͤget heyrathen, fuhr er<lb/>„fort, und ich habe eine Frau fuͤr euch auf dem<lb/>„Korn ‒‒ Nur biſt du ein ſo haͤßlich ungeſchick-<lb/>„ter Kerl“‒‒ Er ſahe daß ich beweget war,<lb/>
und gedachte mich zum Lachen zu bewegen ‒‒<lb/>„Jedoch wir koͤnnen uns ſelbſt nicht bilden, außer<lb/>„daß wir uns druch unſere Kleidung haͤßlicher<lb/><fwplace="bottom"type="catch">„ma-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[794/0800]
waren ſeine Worte: „ich wuͤnſche, daß ihr in dem
„angefangenen Lauf fortgehen moͤget! ‒ ‒ Was
„ich auch immer fuͤr ein Weſen annehmen mag:
„ſo haͤlt mich doch die reizende Fraͤulein hier feſt
„‒ ‒ Dabey ſchlug er mit der Hand auf ſein
„Herz ‒ ‒ und ich muß entweder in dem Aufzu-
„ge erſcheinen, wie ihr mich ſehet, oder das ſeyn,
„was ich erſt vor ſo kurzer Zeit geweſen bin ‒ ‒
„O die goͤttliche Fraͤulein! ‒ ‒ das ſagte er mit
„aufgehabenen Augen.
„Wo ich aber ſo lange lebe, daß ich wieder
„nach England komme, und ihr feſt bey eurer ge-
„genwaͤrtigen Geſinnung bleibt, und mir zu einer
„Ermunterung dienen koͤnnet: ſo will ich viel-
„mehr eurem Beyſpiel folgen, als euch deswegen
„laͤcherlich machen. Dieſes Teſtament; denn
„ich hatte ihm eine Abſchrift davon gegeben; ſoll
„bey meinen einſamen Stunden meine Geſell-
„ſchaft ſeyn. Jhr habt mir einen Theil von ſei-
„nem traurigen Jnhalt erzaͤhlet. Das und ihre
„hinterlaſſene Briefe ſollen es ſeyn, woruͤber ich
„meine Betrachtungen anſtellen werde. Dadurch
„werde ich vorbereitet werden, euer Schuͤler zu
„ſeyn: wo ihr beſtaͤndig bleibt.
„Jhr, Bruder, moͤget heyrathen, fuhr er
„fort, und ich habe eine Frau fuͤr euch auf dem
„Korn ‒ ‒ Nur biſt du ein ſo haͤßlich ungeſchick-
„ter Kerl“ ‒ ‒ Er ſahe daß ich beweget war,
und gedachte mich zum Lachen zu bewegen ‒ ‒
„Jedoch wir koͤnnen uns ſelbſt nicht bilden, außer
„daß wir uns druch unſere Kleidung haͤßlicher
„ma-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 794. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/800>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.