Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



Fr. Lovick an ihre Sänfte leiten zu lassen. Sie
hätten sie gerne beredet, sich nicht von Hause zu
begeben: allein sie sagte, sie wüßte nicht anders,
als daß dieß die letzte Gelegenheit seyn möchte,
die sie dazu haben könnte. Fr. Lovick besorgte,
es möchte in der Kirche ärger mit ihr werden, und
ging daher vor ihr hin.

Fr. Smithinn erzählte mir, sie hätte sich am
Mittwochen, Abends, so schlecht befunden, daß
sie das Abendmahl verlanget hätte, und daß ihr also
dasselbe von dem Geistlichen in dem Kirchspiel ge-
reichet wäre, welchen sie gebeten, ihr so oft, als
es seine Umstände erlauben wollten, in ihrer hei-
ligen Vorbereitung beyzustehen.

Dieß versprach der gute Mann. Er fragte
auch wirklich des Morgens darauf nach, um sich
nach ihrer Gesundheit zu erkundigen, und ward
auf die erste Anfrage von ihr angenommen. Er
blieb ungefähr eine halbe Stunde bey ihr. Als
er her unter kam, sagte er mit weggewandtem An-
gesichte und in einem stockenden Tone: "Fr.
"Smithinn, sie haben einen Engel in ihrem Hau-
"se - - Jch will heute auf den Abend ihr wie-
"der aufwarten, wie sie verlanget, und so oft,
"als ich denke, daß es ihr angenehm seyn wird.

Die Vergrößerung ihrer Schwachheit schrieb
sie den Beschwerden zu, welche sie auf eure Ver-
anlassung ausgestanden, und einem Briefe, den
sie von ihrer Schwester bekommen, und an eben
demselbigen Tage beantwortet hatte.

Fr.



Fr. Lovick an ihre Saͤnfte leiten zu laſſen. Sie
haͤtten ſie gerne beredet, ſich nicht von Hauſe zu
begeben: allein ſie ſagte, ſie wuͤßte nicht anders,
als daß dieß die letzte Gelegenheit ſeyn moͤchte,
die ſie dazu haben koͤnnte. Fr. Lovick beſorgte,
es moͤchte in der Kirche aͤrger mit ihr werden, und
ging daher vor ihr hin.

Fr. Smithinn erzaͤhlte mir, ſie haͤtte ſich am
Mittwochen, Abends, ſo ſchlecht befunden, daß
ſie das Abendmahl verlanget haͤtte, und daß ihr alſo
daſſelbe von dem Geiſtlichen in dem Kirchſpiel ge-
reichet waͤre, welchen ſie gebeten, ihr ſo oft, als
es ſeine Umſtaͤnde erlauben wollten, in ihrer hei-
ligen Vorbereitung beyzuſtehen.

Dieß verſprach der gute Mann. Er fragte
auch wirklich des Morgens darauf nach, um ſich
nach ihrer Geſundheit zu erkundigen, und ward
auf die erſte Anfrage von ihr angenommen. Er
blieb ungefaͤhr eine halbe Stunde bey ihr. Als
er her unter kam, ſagte er mit weggewandtem An-
geſichte und in einem ſtockenden Tone: „Fr.
„Smithinn, ſie haben einen Engel in ihrem Hau-
„ſe ‒ ‒ Jch will heute auf den Abend ihr wie-
„der aufwarten, wie ſie verlanget, und ſo oft,
„als ich denke, daß es ihr angenehm ſeyn wird.

Die Vergroͤßerung ihrer Schwachheit ſchrieb
ſie den Beſchwerden zu, welche ſie auf eure Ver-
anlaſſung ausgeſtanden, und einem Briefe, den
ſie von ihrer Schweſter bekommen, und an eben
demſelbigen Tage beantwortet hatte.

Fr.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0081" n="75"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Fr. Lovick an ihre Sa&#x0364;nfte leiten zu la&#x017F;&#x017F;en. Sie<lb/>
ha&#x0364;tten &#x017F;ie gerne beredet, &#x017F;ich nicht von Hau&#x017F;e zu<lb/>
begeben: allein &#x017F;ie &#x017F;agte, &#x017F;ie wu&#x0364;ßte nicht anders,<lb/>
als daß dieß die letzte Gelegenheit &#x017F;eyn mo&#x0364;chte,<lb/>
die &#x017F;ie dazu haben ko&#x0364;nnte. Fr. Lovick be&#x017F;orgte,<lb/>
es mo&#x0364;chte in der Kirche a&#x0364;rger mit ihr werden, und<lb/>
ging daher vor ihr hin.</p><lb/>
          <p>Fr. Smithinn erza&#x0364;hlte mir, &#x017F;ie ha&#x0364;tte &#x017F;ich am<lb/>
Mittwochen, Abends, &#x017F;o &#x017F;chlecht befunden, daß<lb/>
&#x017F;ie das Abendmahl verlanget ha&#x0364;tte, und daß ihr al&#x017F;o<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe von dem Gei&#x017F;tlichen in dem Kirch&#x017F;piel ge-<lb/>
reichet wa&#x0364;re, welchen &#x017F;ie gebeten, ihr &#x017F;o oft, als<lb/>
es &#x017F;eine Um&#x017F;ta&#x0364;nde erlauben wollten, in ihrer hei-<lb/>
ligen Vorbereitung beyzu&#x017F;tehen.</p><lb/>
          <p>Dieß ver&#x017F;prach der gute Mann. Er fragte<lb/>
auch wirklich des Morgens darauf nach, um &#x017F;ich<lb/>
nach ihrer Ge&#x017F;undheit zu erkundigen, und ward<lb/>
auf die er&#x017F;te Anfrage von ihr angenommen. Er<lb/>
blieb ungefa&#x0364;hr eine halbe Stunde bey ihr. Als<lb/>
er her unter kam, &#x017F;agte er mit weggewandtem An-<lb/>
ge&#x017F;ichte und in einem &#x017F;tockenden Tone: &#x201E;Fr.<lb/>
&#x201E;Smithinn, &#x017F;ie haben einen Engel in ihrem Hau-<lb/>
&#x201E;&#x017F;e &#x2012; &#x2012; Jch will heute auf den Abend ihr wie-<lb/>
&#x201E;der aufwarten, wie &#x017F;ie verlanget, und &#x017F;o oft,<lb/>
&#x201E;als ich denke, daß es ihr angenehm &#x017F;eyn wird.</p><lb/>
          <p>Die Vergro&#x0364;ßerung ihrer Schwachheit &#x017F;chrieb<lb/>
&#x017F;ie den Be&#x017F;chwerden zu, welche &#x017F;ie auf eure Ver-<lb/>
anla&#x017F;&#x017F;ung ausge&#x017F;tanden, und einem Briefe, den<lb/>
&#x017F;ie von ihrer Schwe&#x017F;ter bekommen, und an eben<lb/>
dem&#x017F;elbigen Tage beantwortet hatte.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Fr.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0081] Fr. Lovick an ihre Saͤnfte leiten zu laſſen. Sie haͤtten ſie gerne beredet, ſich nicht von Hauſe zu begeben: allein ſie ſagte, ſie wuͤßte nicht anders, als daß dieß die letzte Gelegenheit ſeyn moͤchte, die ſie dazu haben koͤnnte. Fr. Lovick beſorgte, es moͤchte in der Kirche aͤrger mit ihr werden, und ging daher vor ihr hin. Fr. Smithinn erzaͤhlte mir, ſie haͤtte ſich am Mittwochen, Abends, ſo ſchlecht befunden, daß ſie das Abendmahl verlanget haͤtte, und daß ihr alſo daſſelbe von dem Geiſtlichen in dem Kirchſpiel ge- reichet waͤre, welchen ſie gebeten, ihr ſo oft, als es ſeine Umſtaͤnde erlauben wollten, in ihrer hei- ligen Vorbereitung beyzuſtehen. Dieß verſprach der gute Mann. Er fragte auch wirklich des Morgens darauf nach, um ſich nach ihrer Geſundheit zu erkundigen, und ward auf die erſte Anfrage von ihr angenommen. Er blieb ungefaͤhr eine halbe Stunde bey ihr. Als er her unter kam, ſagte er mit weggewandtem An- geſichte und in einem ſtockenden Tone: „Fr. „Smithinn, ſie haben einen Engel in ihrem Hau- „ſe ‒ ‒ Jch will heute auf den Abend ihr wie- „der aufwarten, wie ſie verlanget, und ſo oft, „als ich denke, daß es ihr angenehm ſeyn wird. Die Vergroͤßerung ihrer Schwachheit ſchrieb ſie den Beſchwerden zu, welche ſie auf eure Ver- anlaſſung ausgeſtanden, und einem Briefe, den ſie von ihrer Schweſter bekommen, und an eben demſelbigen Tage beantwortet hatte. Fr.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/81
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/81>, abgerufen am 24.05.2024.