son auf der Welt, auch es ehemals selbst zu seyn gewünschet hat: was ist es denn für ein Ueber- muth an einem jeden Menschen, der in der Welt lebet, vorzugeben, als wenn er sie an mir rächen wollte! - - Glücklich! glücklich! dreymal glück- lich! wenn ich gewußt hätte, wie ich den Ruhm eines solchen Vorzugs so, wie ich ihn billig hät- te schätzen müssen, schätzen sollte!
Jch will bey mir selbst diese Beschwerde ge- gen den Obristen, daß er sich herausnimmt, mich wegen meines Verfahrens mit einer Fräulein, die mir so nahe als mein Eigenthum gewe- sen ist, zur Rechenschaft zu fordern, größer vor- stellen, damit mein Herz nicht in der bevorstehen- den Zusammenkunft gegen eine so nahe mit ihr verwandte Person, und einen Mann, der ihrem Angedenken Ehre und Gerechtigkeit zu verschaffen meynet, erweichet werden, und ich ihm dadurch ei- nige Vortheile, die er sonst nicht haben kann, über mich geben möchte. Denn ich weiß, daß ich geneigt seyn werde, mich auf meine Geschick- lichkeit zu verlassen, damit ich einen Mann, der von ihr so hoch und mit so vielem Rechte geschätzet wor- den ist, erhalten möge, und daß ich schwerlich mei- nem Unwillen als ein Mann, dem man gedrohet hat, werde den Zügel lassen können. Und in die- ser Betrachtung allein ist mir vor seiner Geschick- lichkeit, und vor seinem Muth bange, damit ich nicht genöthigt seyn möchte, zu meiner eignen Ver- theidigung ein Kerbholz, das schon ohne das zu lang ist, noch zu verlängern.
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ſon auf der Welt, auch es ehemals ſelbſt zu ſeyn gewuͤnſchet hat: was iſt es denn fuͤr ein Ueber- muth an einem jeden Menſchen, der in der Welt lebet, vorzugeben, als wenn er ſie an mir raͤchen wollte! ‒ ‒ Gluͤcklich! gluͤcklich! dreymal gluͤck- lich! wenn ich gewußt haͤtte, wie ich den Ruhm eines ſolchen Vorzugs ſo, wie ich ihn billig haͤt- te ſchaͤtzen muͤſſen, ſchaͤtzen ſollte!
Jch will bey mir ſelbſt dieſe Beſchwerde ge- gen den Obriſten, daß er ſich herausnimmt, mich wegen meines Verfahrens mit einer Fraͤulein, die mir ſo nahe als mein Eigenthum gewe- ſen iſt, zur Rechenſchaft zu fordern, groͤßer vor- ſtellen, damit mein Herz nicht in der bevorſtehen- den Zuſammenkunft gegen eine ſo nahe mit ihr verwandte Perſon, und einen Mann, der ihrem Angedenken Ehre und Gerechtigkeit zu verſchaffen meynet, erweichet werden, und ich ihm dadurch ei- nige Vortheile, die er ſonſt nicht haben kann, uͤber mich geben moͤchte. Denn ich weiß, daß ich geneigt ſeyn werde, mich auf meine Geſchick- lichkeit zu verlaſſen, damit ich einen Mann, der von ihr ſo hoch und mit ſo vielem Rechte geſchaͤtzet wor- den iſt, erhalten moͤge, und daß ich ſchwerlich mei- nem Unwillen als ein Mann, dem man gedrohet hat, werde den Zuͤgel laſſen koͤnnen. Und in die- ſer Betrachtung allein iſt mir vor ſeiner Geſchick- lichkeit, und vor ſeinem Muth bange, damit ich nicht genoͤthigt ſeyn moͤchte, zu meiner eignen Ver- theidigung ein Kerbholz, das ſchon ohne das zu lang iſt, noch zu verlaͤngern.
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ſon auf der Welt, auch es ehemals ſelbſt zu ſeyn
gewuͤnſchet hat: was iſt es denn fuͤr ein Ueber-
muth an einem jeden Menſchen, der in der Welt
lebet, vorzugeben, als wenn er ſie an mir raͤchen
wollte! ‒ ‒ Gluͤcklich! gluͤcklich! dreymal gluͤck-
lich! wenn ich gewußt haͤtte, wie ich den Ruhm
eines ſolchen Vorzugs ſo, wie ich ihn billig haͤt-
te ſchaͤtzen muͤſſen, ſchaͤtzen ſollte!
Jch will bey mir ſelbſt dieſe Beſchwerde ge-
gen den Obriſten, daß er ſich herausnimmt, mich
wegen meines Verfahrens mit einer Fraͤulein, die
mir ſo nahe als mein Eigenthum gewe-
ſen iſt, zur Rechenſchaft zu fordern, groͤßer vor-
ſtellen, damit mein Herz nicht in der bevorſtehen-
den Zuſammenkunft gegen eine ſo nahe mit ihr
verwandte Perſon, und einen Mann, der ihrem
Angedenken Ehre und Gerechtigkeit zu verſchaffen
meynet, erweichet werden, und ich ihm dadurch ei-
nige Vortheile, die er ſonſt nicht haben kann,
uͤber mich geben moͤchte. Denn ich weiß, daß
ich geneigt ſeyn werde, mich auf meine Geſchick-
lichkeit zu verlaſſen, damit ich einen Mann, der von
ihr ſo hoch und mit ſo vielem Rechte geſchaͤtzet wor-
den iſt, erhalten moͤge, und daß ich ſchwerlich mei-
nem Unwillen als ein Mann, dem man gedrohet
hat, werde den Zuͤgel laſſen koͤnnen. Und in die-
ſer Betrachtung allein iſt mir vor ſeiner Geſchick-
lichkeit, und vor ſeinem Muth bange, damit ich
nicht genoͤthigt ſeyn moͤchte, zu meiner eignen Ver-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 855. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/861>, abgerufen am 22.11.2024.
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