Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite



den grössesten Theil dieser Woche zugebracht,
meinem hohen Gönner, dem Herrn Johann
Harlowe,
einen apologetischen Brief dieser-
halb zu schreiben, um zwischen mir und ihnen,
und (so viel ich könnte) zwischen ihnen und
der Fräulein alles ins Feine zu bringen. Jch
brauchte also bei dem Empfang Jhres geehrte-
sten weiter nichts, als einen Zusammenhang
hinein zu bringen, und ihn ins reine zu schrei-
ben, so daß obgedachter Herr Harlowe ihn
morgen frühe, und sie die Copei davon nebst
diesem Briefe am Montag frühe erhalten
werden.

Sie können nicht glauben, wie leid es mir
sei, daß Sie, Frau Walton, Frau Barker
und ich selbst, bei Sachen so wenig gründlich
verfahren sind, (die wir leider! nach dem äus-
serlichen Anschein, und nach Muthmassungen
beurtheilten) wo der Charackter und gute
Name
leiden können. Es ist wahr, was Ho-
raz
sagt:

Et semel emissum volat irreuocabile verbum.

Das heißt: Worte, die einmal gespro-
chen sind, können nicht wieder zurückge-
rufen werden.
Doch kann man ihnen durch
andre Worte widersprechen; und wir mö-
gen nur bekennen, daß wir eines Versehens
schuldig sind; anbei unsre Unruhe über dies
Versehen zu erkennen geben; neben der Ent-
schliessung, daß unser Versehen uns aufs
künftige zu einer Warnung dienen soll. Und

das



den groͤſſeſten Theil dieſer Woche zugebracht,
meinem hohen Goͤnner, dem Herrn Johann
Harlowe,
einen apologetiſchen Brief dieſer-
halb zu ſchreiben, um zwiſchen mir und ihnen,
und (ſo viel ich koͤnnte) zwiſchen ihnen und
der Fraͤulein alles ins Feine zu bringen. Jch
brauchte alſo bei dem Empfang Jhres geehrte-
ſten weiter nichts, als einen Zuſammenhang
hinein zu bringen, und ihn ins reine zu ſchrei-
ben, ſo daß obgedachter Herr Harlowe ihn
morgen fruͤhe, und ſie die Copei davon nebſt
dieſem Briefe am Montag fruͤhe erhalten
werden.

Sie koͤnnen nicht glauben, wie leid es mir
ſei, daß Sie, Frau Walton, Frau Barker
und ich ſelbſt, bei Sachen ſo wenig gruͤndlich
verfahren ſind, (die wir leider! nach dem aͤuſ-
ſerlichen Anſchein, und nach Muthmaſſungen
beurtheilten) wo der Charackter und gute
Name
leiden koͤnnen. Es iſt wahr, was Ho-
raz
ſagt:

Et ſemel emiſſum volat irreuocabile verbum.

Das heißt: Worte, die einmal geſpro-
chen ſind, koͤnnen nicht wieder zuruͤckge-
rufen werden.
Doch kann man ihnen durch
andre Worte widerſprechen; und wir moͤ-
gen nur bekennen, daß wir eines Verſehens
ſchuldig ſind; anbei unſre Unruhe uͤber dies
Verſehen zu erkennen geben; neben der Ent-
ſchlieſſung, daß unſer Verſehen uns aufs
kuͤnftige zu einer Warnung dienen ſoll. Und

das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <floatingText>
            <body>
              <p><pb facs="#f0244" n="236"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
den <hi rendition="#fr">gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten Theil</hi> die&#x017F;er <hi rendition="#fr">Woche</hi> zugebracht,<lb/>
meinem hohen Go&#x0364;nner, dem Herrn <hi rendition="#fr">Johann<lb/>
Harlowe,</hi> einen <hi rendition="#fr">apologeti&#x017F;chen</hi> Brief die&#x017F;er-<lb/>
halb zu &#x017F;chreiben, um zwi&#x017F;chen mir und ihnen,<lb/>
und (<hi rendition="#fr">&#x017F;o viel ich ko&#x0364;nnte</hi>) zwi&#x017F;chen <hi rendition="#fr">ihnen</hi> und<lb/>
der <hi rendition="#fr">Fra&#x0364;ulein</hi> alles <hi rendition="#fr">ins Feine</hi> zu bringen. Jch<lb/>
brauchte al&#x017F;o bei dem Empfang Jhres geehrte-<lb/>
&#x017F;ten weiter nichts, als einen <hi rendition="#fr">Zu&#x017F;ammenhang</hi><lb/>
hinein zu bringen, und ihn <hi rendition="#fr">ins reine</hi> zu &#x017F;chrei-<lb/>
ben, &#x017F;o daß obgedachter Herr <hi rendition="#fr">Harlowe</hi> ihn<lb/><hi rendition="#fr">morgen fru&#x0364;he,</hi> und &#x017F;ie die Copei davon neb&#x017F;t<lb/>
die&#x017F;em Briefe am <hi rendition="#fr">Montag fru&#x0364;he</hi> erhalten<lb/>
werden.</p><lb/>
              <p>Sie ko&#x0364;nnen nicht glauben, wie leid es mir<lb/>
&#x017F;ei, daß <hi rendition="#fr">Sie,</hi> Frau <hi rendition="#fr">Walton,</hi> Frau <hi rendition="#fr">Barker</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">ich &#x017F;elb&#x017F;t,</hi> bei Sachen &#x017F;o wenig gru&#x0364;ndlich<lb/>
verfahren &#x017F;ind, (die wir leider! nach dem a&#x0364;u&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erlichen An&#x017F;chein, und nach Muthma&#x017F;&#x017F;ungen<lb/>
beurtheilten) wo der <hi rendition="#fr">Charackter</hi> und <hi rendition="#fr">gute<lb/>
Name</hi> leiden ko&#x0364;nnen. Es i&#x017F;t wahr, was <hi rendition="#fr">Ho-<lb/>
raz</hi> &#x017F;agt:</p><lb/>
              <cit>
                <quote> <hi rendition="#aq">Et &#x017F;emel emi&#x017F;&#x017F;um volat irreuocabile verbum.</hi> </quote>
              </cit><lb/>
              <p>Das heißt: <hi rendition="#fr">Worte, die einmal ge&#x017F;pro-<lb/>
chen &#x017F;ind, ko&#x0364;nnen nicht wieder zuru&#x0364;ckge-<lb/>
rufen werden.</hi> Doch kann man ihnen durch<lb/><hi rendition="#fr">andre</hi> Worte <hi rendition="#fr">wider&#x017F;prechen;</hi> und wir mo&#x0364;-<lb/>
gen nur bekennen, daß wir eines <hi rendition="#fr">Ver&#x017F;ehens</hi><lb/>
&#x017F;chuldig &#x017F;ind; anbei un&#x017F;re <hi rendition="#fr">Unruhe</hi> u&#x0364;ber dies<lb/><hi rendition="#fr">Ver&#x017F;ehen</hi> zu erkennen geben; neben der Ent-<lb/>
&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;ung, daß un&#x017F;er <hi rendition="#fr">Ver&#x017F;ehen</hi> uns aufs<lb/>
ku&#x0364;nftige zu einer <hi rendition="#fr">Warnung</hi> dienen &#x017F;oll. Und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">das</fw><lb/></p>
            </body>
          </floatingText>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[236/0244] den groͤſſeſten Theil dieſer Woche zugebracht, meinem hohen Goͤnner, dem Herrn Johann Harlowe, einen apologetiſchen Brief dieſer- halb zu ſchreiben, um zwiſchen mir und ihnen, und (ſo viel ich koͤnnte) zwiſchen ihnen und der Fraͤulein alles ins Feine zu bringen. Jch brauchte alſo bei dem Empfang Jhres geehrte- ſten weiter nichts, als einen Zuſammenhang hinein zu bringen, und ihn ins reine zu ſchrei- ben, ſo daß obgedachter Herr Harlowe ihn morgen fruͤhe, und ſie die Copei davon nebſt dieſem Briefe am Montag fruͤhe erhalten werden. Sie koͤnnen nicht glauben, wie leid es mir ſei, daß Sie, Frau Walton, Frau Barker und ich ſelbſt, bei Sachen ſo wenig gruͤndlich verfahren ſind, (die wir leider! nach dem aͤuſ- ſerlichen Anſchein, und nach Muthmaſſungen beurtheilten) wo der Charackter und gute Name leiden koͤnnen. Es iſt wahr, was Ho- raz ſagt: Et ſemel emiſſum volat irreuocabile verbum. Das heißt: Worte, die einmal geſpro- chen ſind, koͤnnen nicht wieder zuruͤckge- rufen werden. Doch kann man ihnen durch andre Worte widerſprechen; und wir moͤ- gen nur bekennen, daß wir eines Verſehens ſchuldig ſind; anbei unſre Unruhe uͤber dies Verſehen zu erkennen geben; neben der Ent- ſchlieſſung, daß unſer Verſehen uns aufs kuͤnftige zu einer Warnung dienen ſoll. Und das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/244
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/244>, abgerufen am 23.11.2024.