Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite



nung, theils bei dem Verleiter, als bei dem
Verleiteten, die daher ein Recht haben, sich
damit zu schützen, wenn einer je ein Recht da-
zu haben kann) will indessen nicht unter diese
Leute gerechnet werden, die ihre Fehler zu ver-
kleinern suchen, sondern gegentheils allezeit den
Vers in Gedanken behalten, der uns bei einem
Jrthum sowol tröstet, als unterrichtet,
und den ich in meinem letztern Schreiben an-
führte:

Errare est hominis, sed non persistere- -

und bekennen, daß es eine grosse Uebereilung
von mir war, mich mit Muthmassungen
und aus blossen Warscheinlichkeiten ge-
zogenen Folgen
zu begnügen, besonders in
einer Sache, wo der Charackter einer so ar-
tigen Fräulein
leiden könnte.

Credere fallaci grauis est dementia famae.
MANT.

Dem ungeachtet ist Fräulein Clarissa Har-
lowe
(wie ich mich zu behaupten getraue) die
einzige junge Fräulein, wovon ich jemals
gehört (ja gar gelesen) hätte, die, da sie einen
solchen Fehltrit
begangen, sich so bald
(gleichsam aus eigner Bewegung) wieder auf-
gerichtet, und ihre Liebe zu einem Betrü-
ger
besieget hat; (Ein grosser Sieg, in War-
heit!) und die ihn fliehet, und entschlossen ist,
lieber zu sterben, als die Seinige zu seyn.
Denn so stehet zu ihrer unsterblichen Ehre
(wie ich versichert bin) die Sache. - - Und

ihr



nung, theils bei dem Verleiter, als bei dem
Verleiteten, die daher ein Recht haben, ſich
damit zu ſchuͤtzen, wenn einer je ein Recht da-
zu haben kann) will indeſſen nicht unter dieſe
Leute gerechnet werden, die ihre Fehler zu ver-
kleinern ſuchen, ſondern gegentheils allezeit den
Vers in Gedanken behalten, der uns bei einem
Jrthum ſowol troͤſtet, als unterrichtet,
und den ich in meinem letztern Schreiben an-
fuͤhrte:

Errare eſt hominis, ſed non perſiſtere‒ ‒

und bekennen, daß es eine groſſe Uebereilung
von mir war, mich mit Muthmaſſungen
und aus bloſſen Warſcheinlichkeiten ge-
zogenen Folgen
zu begnuͤgen, beſonders in
einer Sache, wo der Charackter einer ſo ar-
tigen Fraͤulein
leiden koͤnnte.

Credere fallaci grauis eſt dementia famae.
MANT.

Dem ungeachtet iſt Fraͤulein Clariſſa Har-
lowe
(wie ich mich zu behaupten getraue) die
einzige junge Fraͤulein, wovon ich jemals
gehoͤrt (ja gar geleſen) haͤtte, die, da ſie einen
ſolchen Fehltrit
begangen, ſich ſo bald
(gleichſam aus eigner Bewegung) wieder auf-
gerichtet, und ihre Liebe zu einem Betruͤ-
ger
beſieget hat; (Ein groſſer Sieg, in War-
heit!) und die ihn fliehet, und entſchloſſen iſt,
lieber zu ſterben, als die Seinige zu ſeyn.
Denn ſo ſtehet zu ihrer unſterblichen Ehre
(wie ich verſichert bin) die Sache. ‒ ‒ Und

ihr
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0259" n="251"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
nung, theils bei dem <hi rendition="#fr">Verleiter,</hi> als bei dem<lb/><hi rendition="#fr">Verleiteten,</hi> die daher ein <hi rendition="#fr">Recht</hi> haben, &#x017F;ich<lb/>
damit zu &#x017F;chu&#x0364;tzen, wenn <hi rendition="#fr">einer je</hi> ein Recht da-<lb/>
zu haben kann) will inde&#x017F;&#x017F;en nicht unter die&#x017F;e<lb/>
Leute gerechnet werden, die ihre Fehler zu ver-<lb/>
kleinern &#x017F;uchen, &#x017F;ondern gegentheils allezeit den<lb/>
Vers in Gedanken behalten, der uns bei einem<lb/>
Jrthum &#x017F;owol <hi rendition="#fr">tro&#x0364;&#x017F;tet,</hi> als <hi rendition="#fr">unterrichtet,</hi><lb/>
und den ich in meinem letztern Schreiben an-<lb/>
fu&#x0364;hrte:</p><lb/>
          <cit>
            <quote> <hi rendition="#aq">Errare e&#x017F;t hominis, &#x017F;ed non per&#x017F;i&#x017F;tere&#x2012; &#x2012;</hi> </quote>
          </cit><lb/>
          <p>und bekennen, daß es eine gro&#x017F;&#x017F;e Uebereilung<lb/>
von mir war, mich mit <hi rendition="#fr">Muthma&#x017F;&#x017F;ungen</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">aus blo&#x017F;&#x017F;en War&#x017F;cheinlichkeiten ge-<lb/>
zogenen Folgen</hi> zu begnu&#x0364;gen, be&#x017F;onders in<lb/>
einer Sache, wo der <hi rendition="#fr">Charackter</hi> einer &#x017F;o <hi rendition="#fr">ar-<lb/>
tigen Fra&#x0364;ulein</hi> leiden ko&#x0364;nnte.</p><lb/>
          <cit>
            <quote> <hi rendition="#aq">Credere fallaci grauis e&#x017F;t dementia famae.<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#g">MANT.</hi></hi></hi> </quote>
          </cit><lb/>
          <p>Dem ungeachtet i&#x017F;t Fra&#x0364;ulein <hi rendition="#fr">Clari&#x017F;&#x017F;a Har-<lb/>
lowe</hi> (wie ich mich zu behaupten getraue) die<lb/><hi rendition="#fr">einzige junge Fra&#x0364;ulein,</hi> wovon ich jemals<lb/>
geho&#x0364;rt (ja gar gele&#x017F;en) ha&#x0364;tte, die, da &#x017F;ie <hi rendition="#fr">einen<lb/>
&#x017F;olchen Fehltrit</hi> begangen, &#x017F;ich &#x017F;o bald<lb/>
(gleich&#x017F;am aus <hi rendition="#fr">eigner Bewegung</hi>) wieder auf-<lb/>
gerichtet, und ihre <hi rendition="#fr">Liebe zu einem Betru&#x0364;-<lb/>
ger</hi> be&#x017F;ieget hat; (Ein gro&#x017F;&#x017F;er Sieg, in War-<lb/>
heit!) und die ihn fliehet, und ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t,<lb/>
lieber zu <hi rendition="#fr">&#x017F;terben,</hi> als die <hi rendition="#fr">Seinige</hi> zu &#x017F;eyn.<lb/>
Denn &#x017F;o &#x017F;tehet zu ihrer <hi rendition="#fr">un&#x017F;terblichen</hi> Ehre<lb/>
(wie ich ver&#x017F;ichert bin) die Sache. &#x2012; &#x2012; Und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ihr</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[251/0259] nung, theils bei dem Verleiter, als bei dem Verleiteten, die daher ein Recht haben, ſich damit zu ſchuͤtzen, wenn einer je ein Recht da- zu haben kann) will indeſſen nicht unter dieſe Leute gerechnet werden, die ihre Fehler zu ver- kleinern ſuchen, ſondern gegentheils allezeit den Vers in Gedanken behalten, der uns bei einem Jrthum ſowol troͤſtet, als unterrichtet, und den ich in meinem letztern Schreiben an- fuͤhrte: Errare eſt hominis, ſed non perſiſtere‒ ‒ und bekennen, daß es eine groſſe Uebereilung von mir war, mich mit Muthmaſſungen und aus bloſſen Warſcheinlichkeiten ge- zogenen Folgen zu begnuͤgen, beſonders in einer Sache, wo der Charackter einer ſo ar- tigen Fraͤulein leiden koͤnnte. Credere fallaci grauis eſt dementia famae. MANT. Dem ungeachtet iſt Fraͤulein Clariſſa Har- lowe (wie ich mich zu behaupten getraue) die einzige junge Fraͤulein, wovon ich jemals gehoͤrt (ja gar geleſen) haͤtte, die, da ſie einen ſolchen Fehltrit begangen, ſich ſo bald (gleichſam aus eigner Bewegung) wieder auf- gerichtet, und ihre Liebe zu einem Betruͤ- ger beſieget hat; (Ein groſſer Sieg, in War- heit!) und die ihn fliehet, und entſchloſſen iſt, lieber zu ſterben, als die Seinige zu ſeyn. Denn ſo ſtehet zu ihrer unſterblichen Ehre (wie ich verſichert bin) die Sache. ‒ ‒ Und ihr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/259
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/259>, abgerufen am 22.11.2024.